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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0202
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Brandenburg und Nürnberg gemeinsam

nen und das heilig sacrament raichen, und sie selbs
auch kein lust noch lieb darzu haben, sunder tuns
mit bösem gewissen und, als zu vermuten, allein
umbs genieß willen, weliches warlich ein schwere
sünde ist9.
Und wiewol solicher mißbrauch mer an der per-
son dann am werk hangt und diejenen, so soliches
tun, billich selbs darvon abstünden, ob inen gleich
weltlich gefar darauf stünde, dannocht, damit wir
nicht jemands gewissen one not beschweren und das
abentmal des Herrn sovil immer müglich zu seinem
rechten gebrauch gezogen werde, so soll hinfüro kein
sundere meß mer gehalten werden, es seien dann
leut verhanden die sich anzaigen und begern das
heilig sacrament zu empfahen. Was sie aber an stat
der messe singen und lesen sollen, wann nicht comu-
nicanten verhanden seien, wird hernach angezaigt
werden.
Sie sollen auch das heilig sacrament nit aufbehal-
ten, einschließen noch umbtragen. Dann dieweil Chri-
stus baide gestalt eingesetzt hat und wir alle baide
gestalt nach der ordnung Christi gebrauchen sollen
und wöllen, so wird es sich nicht fügen, das man den
kelch aufbehalte. Darumb darf man auch das ander
tail allein nicht aufbehalten noch umbtragen. So
kann auch das heilig sacrament nicht christlich und
fruchtbarlich gehandelt werden, one die wort Christi,
die das haubtstück daran sein. Wo man aber die wort
muß erzelen und hören lassen, da consecrirt man
auch und ist nicht not, ein aufbehaltens herfür zu
ziehen; dann dardurch wird auch unzelich vil miß-
brauchs verhütetc.
Es sein auch nicht weniger mißbreuch bei dem
haubtstück dann bei den zusätzen; dann das rechte
haubtstiick, nemlich die wort Christi, werden von
vilen unrecht verstanden und ausgelegt. Einer sagt
es, sei nit der leib, sunder des leibs zaichen. Der ander

9 Privatmessen, in der Reformationszeit auch Still-
messen (Jungmann 1,283-306).
10 Seit 1524 wurde innerhalb der reformatorischen Be-
wegung der heiße Kampf um das rechte Verständnis
des Abendmahls geführt (Köhler, Walter, Zwingli
und Luther. 1 (Grütersloh 1924); 2 (Gütersloh 1953)
(== Quellen und Forschungen zur Reformations-
geschichte 6. 7). — Wenn diese Auseinandersetzung

sagt, es bedeute den leib. Der dritt sagt, der leib sei
dem brot gleich. Der viert sagt, der leib Christi sei
für uns geben, und das brot sol man zum gedecht-
nus desselben essen. Der fünft sagt, es sei der leib
Christi, wann es ein glaubiger Christ esse; wann es
aber ein falscher Christ esse, so sei es nicht der leib
Christi. Und sein der irrthumb und falschen aus-
legung mer worden, dann der wort sein10.
Wider soliche irrtumb sollen sie fleißig handeln in
den predigen und die leut dahin weisen, das sie dem
wort Gottes glauben, wann es gleich wider die ver-
nunft ist. Dann das ist doch der höchst und nötigst
streit und kampf aller christen, das wir mit den
gaistlichen waffen unser ritterschaft, sunderlich mit
dem schwert des gaists, weliches ist das wort Got-
tes [Eph. 6, 17], die vernunft gefangen nemen unter
dem gehorsam Christi, wie Paulus leret, 2. Corinth.
10 [5],
Dieweil dann Christus spricht, es sei sein leib, so
sollen wir ime die eer tun und seinen worten glau-
ben; dann sie sein allmechtig, und er ruft dem, das
nicht ist, das es sei, Roma. am 4. [17]. Darumb irren
auch die, so da sagen, es sei dem unglaubigen nicht
der leib Christi, sunder allein den glaubigen; dann
wann das war were, so müst das wort Christi war
oder falsch sein, nach dem wir glaubten oder nicht
glaubten. Das würde ein seltzames spiel sein. Es
hilft sie auch nicht, das sie sagen, er habs allein den
jüngern geben und zu geben vermaint. Darumb wer
kein warer jünger sei, der empfahe es nicht; dann
Judas ist auch unglaubig und gotlos gewest. Dan-
nocht nennet in die schrift ein jünger. Darumb müs-
sen wir auch auf disen tag seinsgleichen noch lassen
jüngern sein und bekennen, das sie mit uns emp-
fahen eben das, das wir empfahen. Doch ist das wol
war, das sie den leib und das blut Christi nit essen
und trinken auf die gaistlichen weise, wie Johannis
am 6. [53-56]. davon geredet wird, da essen und trin-
auch vorwiegend innerhalb der theologisch oder phi-
losophisch gebildeten Kreise erfolgte, so war in der
in den unteren Schichten des Volkes tätigen Wieder-
täuferbewegung die Ablehnung des katholischen und
lutherischen Abendmahlsverständnisses nicht weni-
ger radikal (vgl. etwa die sämtlichen Täuferbekennt-
nissebei Schornbaum, Quellen zur Geschichte der
Wiedertäufer!).

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