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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0214
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Brandenburg und Nürnberg gemeinsam

speis und sein blut zu einem trank, den glauben dar-
mit zu sterken, gegeben hat, sollen wir pillich mit
großen fleiß ein jeder sich selbs brüfen, wie der heilig
Paulus uns vermanet [1. Kor. 11, 28]; dann dis heilig
sacrament, ist zu einem sundern trost und sterk ge-
ben den armen betrübten gewissen, die ire sünde be-
kennen, Gottes zorn und den tod förchten und nach
der gerechtigkeit hungerig und dürstig sind. So wir
aber uns selbs prüfen und ein jeder in sein aigen ge-
wissen geen, wie uns der heilig Paulus leret, werden
wir gewißlich nicht anders finden dann allerlei greu-
liche sünde und den tod, den wir mit der sünde ver-
schuldt haben, und können doch uns selbs in keinen
wege daraus helfen. Darumb hat unser lieber Herr
Jesus Christus sich über uns erbarmt und ist umb
unser sünden willen mensch worden, auf das er das
gesetz und allen willen Gottes für uns und uns zu
gut erfüllet und den tod und alles, was wir mit un-
sern sünden verschuldt hetten, für uns und zu unser
erledigung auf sich neme und erlitte.
Und das wir das je festiglich glaubten und durch
den glauben frölich in seinem willen möchten leben,
nam er nach dem abentmal das brot, saget dank,
brachs und sprach: Nemet hin und esset! Das ist
mein leib, der für euch dargegeben wird. Das ist:
das ich mensch bin worden und alles, das ich tu und
leide, ist alles euer aigen,für euch und euch zu gut
geschehen. Des zu einem gewisen anzaigen und zeug-
nus gib ich euch mein leib zur speis.
Desgleichen nam er auch den kelch und sprach:
Nemet hin und trinket aus disem alle! Das ist der
kelch des neuen testaments in meinem blut, das für
euch und für vil vergossen wird zu vergebung der
sünde. So oft ir das tut solt, ir mein darbei geden-
ken. Das ist: dieweil ich mich euer angenummen und
euer sünde auf mich geladen hab, will ich mich selbs
für die sünde in tod opfern, mein blut vergießen,

h Die sonst unveränderte Nürnberger Ausgabe von
1592 (NLA Fen IV 20 869) schiebt hier die in Nürn-
berg (wieder) üblich gewordene Offene Schuld ein
(Text unten S. 498 Anm. k und Anm. 5; vgl. auch
S. 48 Anm. 20 !)
a-a 1591: Hierauf kan etwas kurzes auf der orgel ge-
schlagen werden oder wie es sonst dem gebrauch
nach bei städten und flecken herkommens und be-
stellet sein mag.

gnad und vergebung der sünde erwerben und also ein
neu testament aufrichten, darinnen die sünde ver-
geben und ewig nicht mer soll gedacht werden. Des
zu einem gewisen anzaigen und zeugnus gib ich euch
mein blut zu trinken.
Wer nun also von disem brot isset und von disem
kelch trinket, auch disen worten, die er von Christo
höret, und disen zaichen, die er von Christo emp-
fahet, festiglich glaubt, der bleibt in dem Herrn
Christo und Christus in ime und wird ewiglich leben.
Darbei sollen wir nun sein gedenken und seinen tod
verkündigen, nemlich das er für unser sünde sei ge-
storben und zu unser rechtfertigung wider auferstan-
den, und ime darumb danksagen, ein jeder sein kreuz
auf sich nemen und ime nachfolgen und nach seinem
gepot einander lieben, wie er uns geliebt hat: dann
wir alle sind ein brot und ein leib, dieweil wir alle
eines brots tailhaftig sind und aus einem kelch trin-
ken.
h
[Noten]2
Unser Herr Jesus in der nacht, do er verraten
ward, nam er das prot, danket und brachs und gabs
sein jüngern und sprach: Nembt hin und esset! Das
ist mein leib, der für euch gegeben wird. Das tut zu
meinem gedechtnus! Desselben gleichen nam er
auch den kelch nach dem abentmal und danket und
gab in den und sprach: Trinkt alle daraus! Das ist
mein blut des neuen testamentes, das für euch und
für vil vergossen wird zur vergebung der sünden.
Solchs tut, so oft irs trinkt, zu meinem gedechtnus!
[Ende der Noten]
a Darnach folgt das Sanctus lateinisch oder
teutsch3.
Darauf alsbald: Oremus preceptis salutaribus mo-
niti et divina institutione formati audemus dicere:
Pater noster.
2 Handbuch 1 Nr. 403. — Agende für die evang.-
luth. Kirche in Bayern (1932) 1,37f. - Brodde, in:
Leiturgia 4,546f. — Die Weise nach der des Vater-
unsers auf Grund von Luthers Anregung in der For-
mula missae (1523) (WA 12,212).
3 Hier kann nicht entschieden werden, welche deut-
sche Form gemeint ist - die schlichte Nürnberger
Übersetzung wie bei Volprecht (ohen S. 41) und
Döber (oben S. 54) oder Luthers Umdichtung von
Jes.6 (Kulp 139).

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