Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0242
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Brandenburg und Nürnberg gemeinsam

Darumb, meine liebe kindlein, nemet es zu her-
zen, das Gott gepoten hat: Du solt nicht töten und
das man unserm Herrgot nicht bas dienen kan, dann
wann man seine gepot fleißig helt. Und seit gedultig!
Rechet euch selbs nicht! LastunsernHerrgotrechen,
der wirds wol bezalen! Zürnt mit niemand! Neidet
niemand! Hasset niemand! Redet den leuten nicht
ubel! Tut niemand kein laid! Seid fridsam und helft
andern leuten auch zu frid! Vertedingt1, vertragt
und versönet die leut miteinander, wa ihr könt! Ver-
meidet alle ursach des zorns, als da ist mutwillen,
gespot, trutzen, spilen, trinken und was dergleichen
ist!
Desgleichen habt jederman lieb! Gönnet und tut
jederman guts! Redet jederman freundlich und wol!
Helft dem nechsten sein leben retten mit schutzen
und schirmen, mit hilf und rat, mit leren und war-
nen, mit leihen, porgen und geben, mit essen und
trinken, mit klaiden und herbergen, mit trösten und
arzneien und wie ihr nur könt! Dann das alles hat
uns Got gepoten, da er spricht: Du solt nicht töten.
Und das ist die mainung und recht verstand dises
funften gepots, das man den Herrn uber alle ding
sol förchten und lieben, das wir umb seinen willen
unserm nechsten an seinem leibe kein schaden noch
laide tun, sonder ihm helfen und fürdern in allen
leibsnöten.
Darumb meine liebe kindlein, merkts mit fleis,
und wann man euch fraget:
Wie verstestu das fünft gepot ?
so solt ihr also antworten:
Wir sollen Gott den Herrn uber alle ding förchten
und lieben, das wir umb seinen willen unserm nech-
sten an seinem leib kein schaden, noch laide tun,
sonder ihm helfen und fürdern in allen leibs nöten.
Die sechst predig.
Auslegung des sechsten gepots.
Nun habt ihr am nechsten gehört, wie ihr das funft
gepot verstehn solt, darin wir lernen, wie wir uns
gegen unsers nechsten aigne person halten sollen,
daß wir ihm an seinen leib und leben kein laid tun

1 = verteidigen (Schmeller 1,586).

sollen weder mit werken, worten oder gedanken. Nun
hat aber der mensch nach seinem aigenem leib nichts
liebers dann sein aigen ehelich gemahel, wann es
anderst christlich und recht zugehet. Darumb volget
hernach das sechst gepot. Das lautet also:
Du solt nicht ehebrechen.
Das leret uns fein, wie wir uns gegen unsern und
unsers nechsten ehegemahel sollen halten, nemlich
also: das wir unsere ehegemahel nicht sollen ver-
achten noch von ihn weichen oder prüchig an ihn
werden, sonder sollen sie lieb haben. Desgleichen
sollen wir auch keines andern ehegemal verfüren
oder die ehe mit ihr prechen, sonder helfen und
raten, das ihr zucht und ehr bewart werd.
Dann das solt ihr kindlein wissen, und mit fleis
in das herz pilden, das Gott der Herr den ehelichen
stand selbs geordnet und gesegnet hat. Darumb ge-
felt er ihm wol und wil, das man in unveruckt halt.
Dann da Gott den menschen geschaffen hat, sprach
er (Gen. 2. [18-24]): Es ist nicht gut, das der mensch
allein sei, ich wil ihm ein gehulfen machen, und ließ
ihn entschlafen und nam ein rip aus seiner seiten
und machet ihm ein weib daraus. Da sprach der
mensch: Das ist einmal pain von meinen painen und
flaisch von meinen flaisch. Darumb wird ein man
sein vater und muter verlassen und an seinem weib
hangen und werden sie zwei ein flaisch sein. Und
Gott der Herr segnet sie, und sprach zu ihn: Seit
fruchtbar und meret euch und erfüllet die erden und
bringt sie unter euch!
Da höret ihr, meine liebe kindlein, das Got der
Herr den ehelichen stand segnet. Darumb darf es
keines zweifels. Er gefelt ihm wol und ist ein edler,
köstlicher stand, wie auch der apostel zun Hebreern
anzeiget und spricht (Heb. 13 [4]): Die ehe sol ehr-
lich gehalten werden bei jederman und das ehebette
unbefleckt. Die hurer aber und die ehebrecher wird
Gott richten.
Weiter spricht der Herr: Seit fruchtbar und meret
euch, und zeigt uns damit an, das die frucht des ehe-
lichen stands, nemlich die kinder, ein gab Gottis sein,
dann wann ers nicht gehaißen und geschafft hett,

224
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften