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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0264
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Brandenburg und Nürnberg gemeinsam

kraft und macht, das sie das heilig evangelion, das
ist: eben den glauben, da wir jetzo von reden, recht-
geschaffen und unerschrocken predigten. Und wo sie
nicht hinkomen mochten oder in die leng nicht blei-
ben konten, da haben sie andere fromme, versten-
dige leut zu predigen verordnet und inen den Hei-
ligen Gaist durch auflegung der hend mitgetailt,
welcher geprauch und ordnung ist in der christen-
hait bliben bis auf disen tag und muß auch furan
bleiben bis zum end der welt. Und wirt also das
heilig evangelion oder der christlich glaub in der
ganzenchristenhait gepredigt nicht aus mensch-
lichem fürwitz, sonder aus gottlichem bevelh und
aus anregung und mitwürkung des Heiligen Gaists.
Dann die prediger konten on mitwürkung des Hei-
ligen Gaists nichts ausrichten. So konten die zu-
hörer der predig auch nicht vertrauen, wann sie
nicht ihren ursprung und anfang von Got aus dem
himel hette. Darumb spricht Paulus (Rom. 10.
[14f.]): Wie konnen sie glauben on ein prediger ? Wie
können sie aber predigen, wann sie nicht gesandt
werden ?
Wer nun die predig oder die lere vom glauben an
Christum annimpt, der kan Gottis kind werden, wie
Johannes der Evangelist bezeugt, und spricht (Joh.
1 [12]): Wievil in aber aufgenommen haben, den hat
er macht geben, Gottis kinder zu werden, die da an
seinen namen glauben. Wann wir aber glauben und
tauft werden, so sein wir neu geporn und Gottis kin-
der; dann die tauf ist ein bad der widergepurt, wie
ihr hernach klerer hören werd.
Alsbald wir aber Gottis kinder worden sein, so
gibt uns Got den Heiligen Gaist in unsere herzen,
wie Paulus bezeuget zun Galatern (Gal. 4 [6]) und
spricht: Darumb daß ir Gottis kinder seit, so sendet
Got seinen Gaist in eure herzen, der da schreiet:
Vater! Vater! Wann wir aber den Heiligen Gaist
haben, so gibt er uns ein rechte götliche lieb in
unsere herzen, wie Paulus zun Römern [5, 5] sagt:
Die liebe Gottis ist in unsere herzen ausgossen durch
den Heiligen Gaist, der uns ist geben. Wa aber gött-
liche lieb ist, da helt und erfüllet man Gottis gepot.
Darzu so streitet der Heilig Gaist wider das flaisch
und seine böse begird und hilft uns, dieselben uber-
winden, das wir in nicht volgen, sonder from und
heilig seien.

Also richtet der Heilig Gaist zum ersten die predig
an, darnach durch die predig den glauben und die
tauf und durch glauben und tauf die neuen geburt.
Wann wir dann neu geporn und Gottis kinder sein,
so wonet der Heilig Gaist selbs in uns und heiliget
uns, das wir Gottis tempel sein, meret und sterket
uns den glauben, das wir Gott für ein rechten Vater
halten, versichert das herz, das uns die sund durch
Christum vergeben sei, gibet uns göttliche lieb, dar-
mit wir alle gepot Gottis erfüllen, und hilft uns, die
sund und bösen begird uberwinden. Ja, er tötet sie
auch durch das creuz und leiden und das alles treibt
er für und für, bis der glaub und die lieb volkom-
men werden und die sund und böse begirde mit dem
flaisch gar absterben. Alsdann so sein wir recht rain
und heilig, ledig von aller sund und bosheit und
mögen das reich Gottis erben als die rechten und lie-
ben kinder Gottis.
Wie ihr nun vor gehört habt, meine liebe kind-
lein, das wir glauben und trauen sollen in Got den
Vater, der uns erschaffen hat, und in Gott den Son,
der uns erlöset hat, also solt ihr hie auch lernen glau-
ben und trauen in den Heiligen Gaist, der uns alle
geheiliget hat und weiter heilig machen wirt alle
die, so dem evangelio glauben. Dann wer an Jesum
Christum glaubt, das er der Herr sei, dem wird der
Heilig Gaist. gegeben, das er in heilig mache, wie
Paulus bezeuget und spricht [1. Kor. 12, 2]: Nie-
mand kan Jesum ein Herrn haißen, on durch den
Heiligen Gaist.
Also habt ihr, meine liebe kindlein, ein kurz an-
zaigen, wie wir durch den Heiligen Gaist geheiligt
werden. Das solt ihr nicht allein fleißig merken, son-
der auch Gott den Herrn ernstlich darumb bitten,
das er euch also wöll heilig machen, und solt euch
selbs auch mit. ernst darzu schicken. Dann wer Got-
tis wort fleißig hört, lernt und festiglich glaubt, der
erlangt solche heiligkeit, wie ir gehört habt.
Was weiter hernach volget in dem glauben, das
ist ein kurze erklerung alles des, das ir jetzo gehört
habt, und darf nicht vil auslegung; dann es ist gut
zu verstehn, wann man weiß, wie es mit der heili-
gung zugeht. Dann dieweil wir gelernet haben, das
wir in Gott glauben und vertrauen sollen, so volgen
nun auch die fürnembsten haubstuck, darumb wir
ihm vertrauen und kains wegs daran zweifeln sollen.

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