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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0265
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III 4b Kinderpredigten 1533

Zum ersten sollen wir glauben und trauen, das
das heilig evangelion oder der glaub nicht vergeb-
lich gepredigt werd, sonder es finden sich albeg
etlich leut darzu, die es glauben, und dardurch selig
werden, wie der Herr durch den propheten Esaiam
spricht (Esa. 55. [11]): Mein wort sol nicht leer wider
zu mir kommen, sonder es sol ausrichten alles das,
darzu ich es ausschick. Und dieselben leut, die dem
evangelio glauben, haißen ein christliche kirche, das
ist, ein christlich volk oder samlung oder gemain;
dann das wörtlein (kirche) haißt nicht ein staines
haus oder ein tempel, sonder es haist die versam-
lung der leut, die zusamenkommen von predigens
und petens wegen. Das solt ihr kindlein fleißig mer-
ken.
Dise christliche kirch oder gemain ist ein gemain-
schaft der heiligen, das ist: sie sein alle heilig oder
ein heilige gemain. Und alle gaistliche güter, die zur
heiligung gehörn, die hat die christliche kirche von
irem Herrn Jesu Christ und sein gemaine güter; dann
ein jeder christ hat tail dran, einer als wol und als
vil als der ander.
Das sein aber die güter, die die Christen mit ein-
ander in gemain haben. Zum ersten, das Gott der
Vater unser aller gnediger vater ist, Got der Son
unser aller erlöser, herr und bruder, Got der Heilig
Gaist unser aller heiligmacher, darnach das evan-
gelion und alle christliche ler, darnach die tauf und
der leib und das blut Christi, durch welche wir aller
güter Christi tailhaftig werden, und zu letst das ge-
pet und das heilig creuz. Das heilig creuz aber haist
ein leiden, das nutz und gut ist, und fördert uns zum
ewigen leben und solches leiden findet man allein
bei den christen. Der unglaubigen leiden aber ist ein
schedlich creuz; dann es fürdert sie nur zu der ewi-
gen verdamnus.
Das sol man nun darumb wissen, das man erkenn,
das außerhalb der heiligen christlichen kirchen diser
güter kains ist, und das man festiglich glaub, das dise
güter alle in der heiligen christlichen kirchen gefun-
den werden, und, wann sie uns dise güter zusagt, so
sollen wir nicht zweifeln, wir haben sie schon emp-
fangen. Und wann sie uns ein ambt darüber bevil-
het, sollen wir auch nicht zweifeln, Gott bestetigt

1 = Absolution.

dasselb und der Heilig Gaist steht uns darinnen bei
und hilft uns, das wirs nutzlich ausrichten.
Zum andern sollen wir glauben vergebung der
sünden; dann wo ein christliche gemain ist, so hat
sie vergebung der sünde und außerhalb der christ-
lichen gemain wird niemand kein sund vergeben.
Darumb sollen wir vergebung der sund bei der
christlichen gemain durch die entpindung1 suchen
und festiglich glauben, wem die christlich gemain
vergebung der sunde durch ihre diener lest zusagen,
der hat sie gewis, wie ir hernach von schlüsseln wei-
ter hören werdt.
Zum dritten sollen wir auch glauben die auf-
erstehung des flaischs oder des leibs; dann wir sehen,
das wir alle dahin sterben und niemand dem tod
vorstehn kan. Das geschicht aber darumb, auf das
die sund, die noch in unserm flaisch stecket, durch
den tod ein end neme, wie Paulus zun Römern am
sechsten capitel [7] sagt. Dann wann wir im glau-
ben sterben, so vergeht uns zorn, neid, haß, un-
keuscheit, geiz, hoffart und alle böse begird. Dar-
nach wird uns Gott am jüngsten tag alle also wider
lebendig machen, das solche sund und geprechen
nicht mer an uns sein werden, sonder wir werden
rain, gaistlich und unsterblich, ja aller ding Christo
selbs gleich werden. Und auf das wirs dester gewis-
ser glauben, so ist Christus selbs auch vom tod wider
auferstanden, darzu nicht er allein, sonder vil hei-
liger leut mit ihm, wie das, das evangelion Matthei
(Mat. 27 [52]) und der prophet Daniel (Dani. 12
[2] anzeigen.
Zum vierten sollen wir auch glauben ein ewigs
leben; dann wann wir vom tod auferstehn, so wer-
den wir ewiglich mit Christo leben in gerechtigkeit,
unschuld und seligkeit. Und zu disem allem sollen
wir sagen: Amen. Das ist als vil gesagt als: Ja, es
ist gewißlich und warlich also.
Darumb solt ir nun von herzen glauben und
trauen in den Heiligen Gaist, der uns vergebung der
sunde durch seine ordenliche prediger verkündigt und
unser herzen dieselben zu glauben bewegt, darnach
uns weiter durch den glauben in der heiligen christ-
lichen kirchen heiligt, die sund in uns uberwindet
und austilget und vom tod wider auferwecken wird

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