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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0269
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III 4 b Kinderpredigten 1533

gen gebrauchen, als da ist: wann man unrecht von
Got redet, leret und predigt oder abgötterei treibet
oder wann man bei seinem namen unnutzlich oder
falsch schweret oder wann man dem menschen oder
anderen creaturn mit Gottis namen fluchet oder
wann man lecherliche und spötlich geschwetz von
Got und götlichen dingen treibet oder wann man
Gottis namen zu zauberei und andern abeglaubi-
schen sachen braucht oder wann man nicht nach
seinen wort lebet, sonder verachtet ihn und macht,
das ihn ander leut auch verachten, wie ihr dann im
andern gepot habt gehört.
Nun ist es aber je ein erschrocklich und elend
wesen, meine liebe kindlein, das wir christen sollen
sein und wissen, das Gott unser Herr und Vater ist,
und sein dannoch so bös, schwach und unartig, das
wir seinen namen nicht heiligen oder ehrlich halten.
Darumb ist es warlich hoch von nöten, das wir
Gott treulich und ernstlich bitten, das er uns helfe,
das wir seinen götlichen namen nicht verunheiligen,
sonder heiligen und helfen fürdern, das er auch von
andern leuten geheiligt werd. Das geschicht aber,
wann man Gottis wort recht predigt und leret und
wir recht, christlich und wol darnach leben, das ist:
wann wir sein wort glauben und bekennen, seine ge-
pot halten, ihn in aller not anrufen und umb alle
woltat lob und dank sagen.
Dann wann man unrecht leret, so wird Gottis
namen dardurch verunheiligt; dann man lobet und
preiset die falschen ler, als sei sie Gottis wort und
heilig, so sie doch des Teufels lüg ist und unheilig.
Wie kont man aber Gottis namen schendlicher ver-
unheiligen dann, wann man ihn an des Teufels lügen
henkt und schmuckt sie darmit, das die leut dester
schedlicher verfürt werden ?
Desgleichen, wann man die rechten ler verlestert
und vervolgt, so wirt Gottis namen auch verunhei-
ligt, und verschmecht; dann wann man sie irtumb
und ketzerei schilt, so volget, das Gott auch ein
ketzer sein müst, der uns die ler geben hat. Das ist
aber ja ein greuliche schmach und schand seinem
götlichen namen.
Also auch, wann wir Gottis wort nicht glauben,
so verunheiligen wir sein namen und schmehen ihn,
als sei er nicht warhaftig.
Und wann wir sein wort nicht frei vor aller welt

bekennen, so verschmehen und verunheiligen wir sei-
nen namen auch. Dann wer sein wort verlaugnet
oder widerruft, der tut eben, als wer er und sein hei-
ligs wort nicht gut genug oder wirdig, das man vor
den hohen und geweltigen diser welt darvon solt
reden oder etwas darumb leiden.
Auch wann wir Gott unsern vater nennen, wie
ers dann ist und wir seine kinder sein wöllen, und
leben doch nicht als Gottis kinder, so ist es denn
namen Gottis auch ein schmach und wird dardurch
verunheiligt, gleich wie es eim vater ein schand ist,
wann er ungezogen, böse kinder hat. Darvon spricht
Got durch ein propheten (Eze. 36 [20]): Mein nam
wird umb euren willen verlestert unter den haiden.
Also ist es auch mit dem anrufen und danken;
dann wer Gott nicht anruft oder ihm nicht dankt,
der veracht und verschmecht ihn, als sei er nicht
der recht, ware Gott, der uns in allen nöten geholfen
hab und noch helfen könn und wöll. Dann wer be-
kent, das er ihm geholfen hab, der sol ihm billich
danken. Und wer da glaubt, das er ihm weiter helfen
könn und wöll, der sol ihn billich anrufen.
Darumb wer nicht recht glaubt oder nicht recht
leret oder Gottis wort nicht in aller gefar frei be-
kennet oder nicht nach Gottis wort lebet, Got nicht
anruft in allerlei nöten und ihm nicht dankt umb
allerlei woltat, der verachtet und verunheiligt den
namen Gottis und gibt ursach und ergernus, das er
bei andern leuten auch veracht und verunheiligt
wirt. Das ist aber ein große, greuliche sund. Dar-
umb sollen wir Got fleißig bitten, das er uns dar-
vor behüte.
Und das ist nun die mainung und der ainfeltig
und recht verstand diser ersten bitt, nemlich: Gottis
name ist zwar an ihm selbs heilig.Aber wir bitten
in disem gebet, das er bei uns auch heilig werde.
Das geschicht dann, wo das wort Gottis lauter und
rain gelert wird und wir auch heilig als die kinder
Gottis darnach leben. Des hilf uns, lieber Vater im
himel! Wer aber anderst leret und lebet, dann Gottis
wort leret, der entheiliget unter uns den namen Got-
tis. Da behüt uns vor, himlischer Vater!
Darumb, meine liebe kindlein, merkts mit fleis,
und wann man euch fraget:
Wie verstestu die ersten bitt ?
so solt ihr also antworten:

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