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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0275
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III 4 b Kinderpredigten 1533

komen lassen wöllen, als da ist des Teufels, der welt
und unser aigen flaischs böser wille; sonder behelt
uns fest in seinen wort und glauben und im gehor-
sam seiner gepot bis an unser ende. Das ist sein gne-
diger, guter wille.
Darumb, meine liebe kindlein, merkts mit fleis,
und wann man euch fraget:
Wie verstestu die dritte bitt ?
so solt ihr also antworten:
Gottis guter gnediger will geschicht wol auch on
unser gepet.Wir bitten aber in disem gepet, das er
auch bei uns geschehe.
Und wann man euch weiter fragt:
Wie geschicht das ?
so solt ihr also antworten:
Wann Gott allen bösen rat und willen pricht und
hindert, so uns den namen Gottis nicht heiligen und
sein reich nicht zu uns komen lassen wöllen, als da
ist des Teufels, der welt und unsers eigen flaischs
böser will, sonder behelt uns fest in seinem wort und
glauben und im gehorsam seiner gepot bis an unser
ende. Das ist sein gnediger, guter wille.
Die vierte predig.
Auslegung der vierten bitte.
Nun habt ihr bisher in den ersten dreien bitten
gehört, wie wir von Got dem Herrn bitten und be-
gern, das er uns wöll geben alles das, das darzu ge-
hört, das wir seine heilige gepot erfüllen und uns
in allem unserm leben recht halten baide, gegen Got
und gegen den menschen. Daraus wir fein erkennen,
das wir Gottis gepot aus aignen kreften on sein gnad
und hilf nicht konnen erfüllen.
Darumb volgen hernach die andern vier bitt, dar-
in wir von Got den Herrn bitten und begern, das
er uns wöll geben alles das, das uns im heiligen evan-
gelio fürgetragen und gepredigt ist worden und wirs
durch den glauben gefasset haben und begriffen.
Dann erstlich volget hernach die vierte bitt, darin
wir bitten, das uns Got wöll geben alles das, das uns
im ersten artikel von der erschöpfung wirt fürgehal-
ten zu glauben, nemlich: das, wie er uns erschaffen
hat, also auch wöll erhalten und erneren, und lautet
also:

Unser teglich brot gib uns heut!
Auf das ihr aber dise bitt recht versteht, meine
liebe kindlein, so bedenkt mit fleis, was ihr im ersten
artikel des glaubens von der erschöpfung gelernet
habt, nemlich das, dieweil Gott himel und erd hat
gemacht, so ist er auch Herr darüber und muß alles
in himel und erd ergehn, wie er wil. Und so ers umb
unsern willen hat gemacht, so mus es uns auch alles
dienen. Darumb sollen wir nit sorgen umb unser
leben noch umb die narung des lebens, sonder sollen
Gott dem Vater, der uns erschaffen und das leben
geben hat, von herzen vertrauen, er werd uns unser
leben wol behüten und darzu geben, was wir bedör-
fen. Dann ist er der schöpfer, so mus die ganze welt
tun, was er wil, und wann nicht genug vorhanden
wer, so kan er teglich mehr erschaffen, wie er dann
auch treulich tut.
Darumb sol sich kain mensch vermessen. das er
durch sein aigne weisheit oder geschicklichkeit sein
leben mög erhalten oder sein narung gewinnen, son-
der er sol Got den Vater darumb vertrauen. Der wil
uns erhalten und erneren.
Und die weil wil dann solchs glauben, meine liebe
kindlein, so sollen wir auch fleißig darumb bitten
und sprechen: Unser teglich brot gib uns heut; dann
es ist Gott ein ehr und gefelt ihm wol, wann wir vil
und oft von ihm pitten. Darumb hat er uns auch
gehaißen (Luc. 18 [1]), wir sollen on unterlaß pitten,
und zugesagt (Joh. 14 [13 f.]), was wir in seinen na-
men pitten, das wöll er uns geben.
Und zwar, es ist aus disen worten auch gut zu ver-
stehn, das wir oft bitten sollen; dann Christus hat
uns nicht haißen pitten umb ein großen vorrat auf
funfzig oder zehen jar, ja auch nicht auf ain jar oder
ain monat, sonder allein auf den heutigen tag. Una
sollen nicht, spricht er (Mat. 6 [34]), sorgfeltig sein
für den andern morgen, dann der morgenig tag wird
für das sein sorgen. Es ist genug, das ein ieglicher
tag sein aigen sorg hat. So wir dann nicht sollen
sorgen für den morgenigen tag, sonder allein pitten:
Unser teglich prot gib uns heute, so ist gewiß, das
wil morgen widerumb pitten sollen, dann wir dör-
fens morgen gleich so wol als heut und haben doch
heut nicht umb das morgenig gebeten, sonder allein
umb das teglich.

17 Sehling, Bd. XI, Franken

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