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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0279
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III 4b Kinderpredigten 1533

ser, man vergebe je eins dem andern, dann das man
zürne und zanke, und ob es gleich zu zeiten ein
schaden am gut bringt, so haben wir doch das dar-
gegen zu gewin, das uns Got auch verzeihet und ver-
gibt, wie wir unsern belaidigern vergeben.
Ihr solt aber mit fleis merken, meine liebe kind-
lein, das uns Christus gelert hat, wir sollen sprechen:
Vergib uns unser schuld, und nicht: unser sund!
Dann wann er uns die schuld vergibt, so ist es vil
mehr, dann wann er uns die sund vergibt. Das solt
ihr also verstehn. Die sund haist, wann wir unrecht
tun wider Gottis gepot. Schuld aber haist, wann wir
guts tun sollen und tuns nicht, oder tuns, aber ja
nicht volkommenlich und gar, wann wir gleich dar-
neben nichts unrecht teten.
Wann uns nun die sund durch den glauben an
Christum vergeben ist und sein gerecht und Gottis
kinder worden, haben den Heiligen Gaist empfangen,
der uns wider die sund hilft streiten und sterkt und
treibt uns zu allerlei guten werk, so tun wir dan-
noch nicht alles das volkommenlich, was wir tun sol-
ten, wann wir gleich nicht wider seine gepot offen-
lich und gröblich handeln. Wann wir aber nicht alles
tun, was wir sollen, so bleiben wir immerdar noch
etwas schuldig. Dieselbigen schulde vergibt uns nun
Gott auch umb Christus willen, wann wir ihn dar-
umb bitten und unserm nechsten auch verzeihen.
Und da sihet man, warumb wir nimmermer durch
unsere eigene werk können von sund, tod und helle
erledigt und gerechtfertigt werden; dann unsere gute
werk dörfen auch verzeihens, darumb, das sie nicht
volkommen sein. Darumb müssen wir allein durch
das leiden, sterben und auferstehn Christi unsers
Herrn erlöset werden, wie wir im andern artikel des
glaubens von der erlösung gelernet haben. Dieweil
wir dann im glauben lernen, das uns Gott all unsere
sund und schuld allein umb Christus willen vergeben
hab, und dasselbig glauben, so sollen wir Gott fleißig
bitten, daß er uns wöll tun nach unserm glauben
und unser schuld vergeben, wie wir andern leuten
ihre schuld vergeben.
Das ist nun die mainung und der ainfeltig, recht
verstand diser fünften bitte, nemlich: Wie bitten in
disem gepet, das der Vater im himel nicht ansehen
wöll unser sunde und umb derselbigen willen unser
bitt nicht versagen; dann wir sind der kains wert,

das wir bitten, habens auch nicht verdient. Sonder
er wolts uns alles aus gnaden geben; dann wir teg-
lich vil sundigen, und wol eitel straf verdienen. So
wöllen wir dargegen auch herzlich vergeben und
gern wol tun denen, die sich an uns versundigen.
Darumb meine liebe kindlein, merkts mit fleis,
und wann man euch fraget:
Wie verstestu die fünften bitt ?
so solt ihr also antworten:
Wir bitten in disem gepet, das der Vater im himel
nicht ansehen wöll unser sünde und umb derselbigen
willen unser bit nicht versagen; dann wir sein der
keins wert, das wir bitten, habens auch nit verdient.
Sonder er wolts uns alles aus gnaden geben; dann
wir teglich vil sundigen und wol eitel straf verdie-
nen. So wöllen wir dargegen auch herzlich vergeben
und gern woltun denen, die sich an uns versundigen.
Die sechst predig.
Auslegung der sechsten bitte.
Nun habt ihr am nechsten gehört, wie wir in der
fünften bit von Gott den Herrn begern, daß er uns
wöll geben alles, das das uns unser lieber Herr Je-
sus Christus erworben hat durch sein pitters leiden
und sterben und durch sein fröliche auferstehung,
nemlich vergebung der sunde, gleich wie wir auch
vergeben denen, die wider uns geton haben. Wie wir
dann in dem andern haubtstuck des glaubens von
der erlösung gelernet haben.
Darumb volget hernach die sechst bitte, darin wir
bitten, das er uns auch wöll geben alles das, das wir
im dritten hauptstuck des glaubens von der heili-
gung gelernet und erkant haben, nemlich: das er
uns auch seinen Heiligen Gaist wöll schicken, der
uns helf streiten wider die sund, wider unser flaisch,
wider die welt und wider den Teufel, auf das wir
aller anfechtung und versuchung mögen widerstand
tun und lautet also:
Und für uns nicht in versuchung!
Auf das ihr aber dise bitt recht versteht, meine
liebe kindlein, so merkt mit fleis, das, wann uns
schon die sund vergeben ist durch Christum, so ist sie
darumb noch nicht hingenommen oder ausgereut,

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