Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0290
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Brandenburg und Nürnberg gemeinsam

himel aufgelöset sein, auf das wir festiglich können
glauben, das es war sei, was sie uns predigen und
uns auch also geschehen werd, wie sie uns aus Got-
tis bevelh zusagen, wann wir nur glauben.
Auf das ihr nun, alles das, das euch Gott durch
seine diener lest zusagen, festiglich könt glauben,
und durch den glauben selig werden, so lernet mit
allem fleis, meine liebe kindlein, die wort unsers
Herrn Jesu Christi, mit welchen er seinen dienern
solchen bevelh geben hat, und sprecht mir diesel-
bigen fein gemach und haimlich nach, das ihrs mer-
ken und daheim auch fein nachsagen könt. Dann
sie lauten also (Joh. 20 [22f.]):
Der Herr Jesus blies seine junger an und sprach
zu ihn: Nembt hin den Heiligen Gaist! Welchen
ir die sund vergebt, den sein sie vergeben, und
welchen ir sie behaltet, den sein sie behalten.
Ihr solt aber auch allen fleis ankeren, meine liebe
kindlein, das ihr dise wort nicht allein sprechen könt,
sonder das ihrs auch versteht, wie sie unser lieber
Herr Christus gemaint hat, und, wann man euch dar-
umb fraget, das ihr könt antwort geben und zu sei-
ner zeit euere kindlein auch leren, wie man jetzo
euch leret. Dann es ist ein große schand vor Gott
und der welt, wann sich einer für ein christen dar-
gibt und waist doch nicht, wa oder wie Christus ihm
den glauben und vergebung der sund hat haißen pre-
digen, so doch ein christ nichts glauben sol, er sei
dann gewis, das es von Gott her kompt.
Auf das ihr aber, meine liebe kindlein, diese wort
Christi recht und wol verstehn lernet, so solt ihr
zum ersten merken, das unser lieber Herr Jesus
Christus, da er anfieng zu predigen, seine zwelf
Aposteln erwelet und berufen hat (Mar. 3 [13-19]);
(Luc. 6 [12-16]): Darnach sendet er noch andere
siebenzig aus und gab ihn gewalt des evangelion
zu predigen (Luc. 10 [1-20]). Und als er durch sein
leiden von diser welt wolt schaiden, hat er Gott,
den himlischen Vater, für sie gepeten und für alle
die, so durch ihr wort und predig glauben würden,
wie Johannes am sibendzehenden capitel [20] schrei-
bet. Nun darfs kains zweifeln: was Christus unser
Herr gepeten hat, das hat er von seinem himlischen
Vater erlangt. Darumb sein alle die selig worden,

die da glaubt haben, was seine junger predigten,
eben als wol, als hetten sie den Herrn Christum
selbs hören predigen und ihm geglaubet.
Darnach haben die apostel andern frömmen, hei-
ligen leuten solchs predigampt auch mitgetailt und
befolhen, sonderlich an den orten, da schon christen
warn und prediger bedorften und doch die apostel
selbs bei ihnen nicht bleiben konten; dann sie mus-
ten immer weiterziehen und an andern orten auch
predigen. Wo sie nun fromme, heilige leut funden,
die zum predigampt tüglich waren, denselbigen leg-
ten sie die hend auf und taileten in den Heiligen
Gaist mit, wie sie in von Christo zu solchem ambt
auch hetten empfangen. Dieselbigen warn dann
auch rechte, ordenliche, berufene prediger gleich so
wol als die apostel selbs, wie das alles der heilig
Paulus in den episteln zum Timotheo [1. Tim. 4,14;
2. Tim. 4, 2] klerlich anzeigt. Und ist also das pre-
digambt, das Christus unser Herr selbs angefangen,
eingesetzt und verordnet hat, immer von einem auf
den andern kommen durch das auflegen der hend
und mittailen des Heiligen Gaists bis auf dise stund,
und das ist auch die rechte weihe, darmit man die
priester weihen sol und alweg geweihet hat und sol
noch also bleiben: dann das, was man sonst für
andere ceremonien darbei hat getriben, die sein on
not von menschen erfunden und hinzu gesetzt wor-
den. Darumb meine liebe kindlein, solt ir die orden-
lichen prediger und kirchendiener, die zu irem ambt
also berufen sein, nicht für schlechte leut halten,
so vil ir ambt antrifft, sonder für diener und poten
unsers Herrn Jesu Christi; dann er spricht im evan-
gelio zu in (Luc. 10 [16]): Wer euch höret, der
höret mich, und wer euch veracht, der verachtet
mich.
Was euch nun solche diener und ambtleut aus
dem mund und befelh Christi unsers Herrn sagen,
das solt ihr glauben, und was sie mit euch handeln
als, wann sie taufen, sund vergeben oder den leib und
das blut Christi austailen, das solt ihr eben annemen,
als wann es Christus der Herr selbs saget und tete;
dann er hat sie es gehaißen, das sie es in seinem
namen tun sollen, und er ist haimlich und unsicht-
parlich auch darbei und würckt durch den Heiligen
Gaist, das es uns alles zu unser seel hail kreftiglich
dienet.

272
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften