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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0291
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III 4b Kinderpredigten 1533

Dargegen aber solt ir euch hüten vor den falschen
winkelpredigern1, die haimlich umbherschleichen
und predigen, so sie doch das predigampt nicht emp-
fangen haben und nicht ordenlich darzu berufen sein:
dann bei den selbigen ist Christus nicht. Darumb
würkt auch der Heilig Gaist durch ir predig nichts,
sonder sie bleibt on frücht, ja sie tut nur schaden:
dann es kann nicht felen: wer unberufen predigt,
der mus irr werden und irrtumb predigen.
Ir solt aber auch darumb nicht gedenken, meine
liebe kindlein, das die berufnen prediger macht
haben, zu tun und zu leren, was sie wöllen. Sonder
unser lieber Herr Jesus Christus hat es ihn fein be-
fohlen, was sie leren und was sie tun sollen. Und
wann sie anderst predigen oder anderst tun, dann er
ihn befolhen hat, so hat es kain kraft und wir sollen
uns nichts dran keren. Und darumb hat er in auch
den Heiligen Gaist einblasen; dann wo der Heilig
Gaist ist, da schafft er, das man tue, was Christus
befolhen hat. Wo man aber dasselbig nicht tut, da
ist auch der Heilig Gaist nicht darbei. Darumb gilts
auch nichts.
Er hat ihn aber befolhen, zu predigen buß und
vergebung der sunden in seinem namen, und hat ge-
sprochen: Wer glaubt und tauft wirt, der wirt selig
werden. Wer aber nicht glaubt, der wird verdampt
werden. Darumb sol alles, was sie predigen und tun,
dahin gericht sein, das sie uns vergebung der sunde
verkündigen, wann wir buß tun und an Christum
glauben. Wann wir aber nicht buß tun und von sun-
den nicht ablassen oder dem evangelio nicht glau-
ben wolten, so sollen sie uns die sunde vorbehalten
und verkündigen, wann wir also verharren, das wir
müssen verdampt sein. Wann sie nun dem also tun,
so tun sie recht, und wem sie die sund vergeben,
dem sein sie vergeben, und wem sie die sund vor-
behalten, dem sein sie vorbehalten. Wann sie es aber
wolten umbkeren und den unbußfertigen oder den
unglaubigen die sund vergeben oder den bußfertigen
und glaubigen die sund vorbehalten, so teten sie un-
recht und het kain kraft, sonder sie verfüreten sich
selbs und ander leut mit ihnen und wurd zu letst
eben gehn, wie Christus sagt: Wann ein blinder den

1 = Die Täufer, die in diesem Jahre besonders um
Erlangen und bei Creglingen eifrig tätig waren

andern füret, so fallen sie baide in die gruben [Matth.
15, 14].
Darumb, meine liebe kindlein, solt ihr euch des
trösten und euren glauben damit sterken, das ir
sprechen könt; Gott der Herr, der hat mir seiner
diener ain geschickt, der mir hat vergebung der sund
in seinem namen gepredigt und hat mich zur ver-
gebung der sund getauft. Darumb bin ich gewiß, das
mir meine sund vergeben sein und ich ein kind Got-
tis bin worden.
Und also solt ihr, meine liebe kindlein, in gemain
von dem ampt der kirchdiener halten. In sonderheit
aber solt ihr wissen, das unser lieber Herr Christus
mit disen worten den armen, betrübten gewissen hat
wöllen raten und helfen, die nach der tauf wider-
umb in große, schwere sund fallen; dann es ist nicht
so ein schlecht ding von sunden wider aufstehn, als
die tolle und blinde welt maint. Sonder es bedarf,
das uns ein berufner diener der kirchen mit Gottis
wort zu hilf komm, wie Salomon anzaiget und
spricht (Eccle. 4 [10]: Weh dem menschen, der allain
ist; dann, wann er fellt, so hat er niemand der im
aufhilft! Und darumb hat unser lieber Herr Chri-
stus die schlüssel zum himelreich so fleißig und mit
solchen herlichen worten verhaißen, verordnet und
eingesetzt, das man wol spürt, das ihm ernst gewest
ist. Daraus dann gut abzunemen ist, das wir ir wol
bedörfen und uns vil daran gelegen ist.
Dann zum ersten verhaist er sie, das er sie geben
wölle, und spricht zu Petro (Mat. 16 [19]): Dir wil
ich die schlüssel des himelreichs geben. Alles, was
du auf erden binden wirst, sol auch im himel ge-
punden sein und alles, was du auf erden lösen wirst,
das sol auch im himel los sein.
Zum andern leret er, wie man sie geprauchen sol
baide, in offentlichen und haimlichen sunden. In
den offentlichen also [Matth. 18, 15-18]: Sundiget
dein bruder wider dich, so gehe hin und straf ihn
zwischen dir und ihm allain! Höret er dich, so hastu
dein bruder gewonnen. Höret er dich nicht, so nim
noch ain oder zwen zu dir, auf das alle sach bestehe
auf zwaier oder dreier zeugen mund! Höret er dich
nicht, so sage es der gemaine! Höret er die gemain
(Simon, EKGB 194-197. - Schornbaum, Wieder-
täufer).

18 Sehling, Bd. XI, Franken

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