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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0299
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III 4 b Kinderpredigten 1533

Dieweil sich dann die pfarherrn und kirchendiener
zu vil malen endern, ist unser befelch und mainung,
das die kirchenordnung sambt dem catechismo, so
in die pfarr- und ander kirchen gegeben und aufs best
eingebunden werden sollen, bei denselben kirchen
als ein zugehörung solicher kirchen bleiben lassen
und allein (als lang sie bei berürten kirchen sein) zur
notturft gebrauchen und inen selbst nicht zuaignen.
Welicher dann dergleichen ordnung für sich selbst
haben will, der find die eins klainern drucks zu Nürn-
berg umb zimlich gelt zu kaufen 2.
Beschließlich, soll hiemit von uns ernstlich be-
folhen sein, das die caplan und kirchendiener alle
kinder, so zur tauf bracht werden, mit irem namen,
sampt den tauf- und zunamen der kinder eltern und
der gevatern, auch auf welichen tag die getauft wer-
den, in ein sunderlichs buch schreiben, damit der
kinder tauf zur notturft wider die widertaufer 3 und
sunst angezaigt werden mög, und das soliche tauf-
register oder -bücher alle zeit bei den pfarrkirchen
verwart werden.
Und auf das mergemelte christliche kirchenord-
nung dest steter und fester gehalten und gehand-
habt werde, so ist auch unser ernstliche mainung,
das alle caplan und dergleichen kirchendiener den
pfarherrn an einem jeglichen ort in haltung und vol-
ziehung solicher ordnung und unsers befelchs, auch

8 Der Ladenpreis dieser Oktavausgabe scheint der
gleiche gewesen zu sein, wie er dem Markgrafen für
seinen Mengenauftrag in Rechnung gesetzt wurde.
Dieser konnte sich dann freilich einen kleinen Men-
genpreisnachlaß erkämpfen. Während der Markgraf
schließlich die eigentliche Kirchenordnung mit
39 Pfennigen, den Katechismus mit 50 bezahlen
mußte, betrug der Verkaufspreis 42 bzw. 56 Pfen-
nige - alles ungebunden. Das war der Preis für 7 bzw.
9 1/3 Pfund Fleisch, also nach dem Preis von 1959 21
bzw.28 DM (vgl. dazu S. 31 Anm. 20!). Trotz des
beträchtlichen Preises wurden von der Kirchenord-
nung nach ihrem Erscheinen in einer Woche gleich
700 Stück verkauft (NStAARA 9f. 451 ff. 003 f. -
Westermayer 112. - Götz, Glaubensspaltung
173 f.).
3 Was damit gemeint ist, läßt sich schwer genau sagen.
Brandenburg undNürnberghattenzwar beim Schwä-
bischen Bund verlangt, daß bei der Bestrafung der
Wiedertäufer nur das Reat als solches bestraft wer-
den solle (Engelhardt 2,61f. - Schornbaum,
Georg 17f.), damit nicht auch Lutherische mit hin-
gerichtet würden, wie es in Bayern üblich war. Hier
hätte das Taufbuch einen Mann durch den Nach-

sunst in allen zimlichen billichen dingen gehorsam
sein, das auch kein caplan aufgenummen oder ge-
urlaubt werde on eins pfarherrn oder zuvordest
unser oder unser stathalter und ret wissen und wil-
len und das sich ein jeglicher zuvor durch unser
verordente visitatores und examinatores zu Onolz-
bach examiniern laß und urkund seins lerens, lebens
und abschieds von dem ort, da er am nechsten zu-
vor gewesen, mit sich bring, wie es dann mit einem
jeglichen pfarherren und prediger auch also gehalten
und keiner, er sei dann guter christlicher leer und
lebens erfunden, weder zu pfarherrn, predigern noch
caplanen durch unsere examinatores zugelassen wer-
den soll.
Wir haben auch unsern stathaltern und reten im
haus zu Onolzbach geschriben und ernstlich befol-
hen, für sich selbs mit fleiß und ernst ob der auf-
gerichten kirchenordnung und disem unserm befelch
zu halten, auch allenthalben fleißig achtung zu
haben und zu bestellen, das solich kirchenordnung
also jedes orts ins werk gebracht, derselben nicht
zuwider getan, sunder alles irs inhalts einhelliglich
gehalten und durch euch gehandhabt werd.
Und auf das solichs alles dest ehe und fruchtbarer
geschehe, so wöllet allen pfarherrn, predigern und
kirchendienern euers ampts befelhen, das sie das
volk anfangs und fürter on unterlaß getreulich und
weis, daß er ja seine Kinder habe taufen lassen,
schützen können. Aus dieser Absicht wurde ja auch
deutlich das älteste bayerische Taufbuch — das von
Hammelburg - im Februar 1527 begonnen (Simon,
Matth., Das Taufbuch von Hammelburg - das älteste
Taufbuch Bayerns, in: Festgabe aus Anlaß des
75. Geburtstages von D. Dr.Karl Schornbaum, Neu-
stadt a. d. A. [1950] 63-68). Diese Notwendigkeit
bestand ja z. B. auch noch 1551 (G. Bossert, Quel-
len zur Geschichte der Wiedertäufer 1. Herzogtum
Württemberg (= Quellen und Forschungen zur
Reformationsgeschichte 13) Leipzig 1930. 8* [...ohn
vorhergehende der geistlichen richter inquisition...]).
Ebenso konnte so allenfallsigen Anklagen der Bi-
schöfe bei Kaiser und Reich, daß man Wiedertäufer
hege und schütze, sofort begegnet werden. Gleicher-
weise konnte möglichen Ausreden von Täufern, sie
hätten nicht gewußt, ob sie wirklich getauft seien (vgl.
dazu S. 174 Anm. 6) begegnet werden. Nahe läge
an sich auch der Gedanke, daß man durch ein sol-
ches Taufbuch dem Eindringen von Wiedertäufern
einen Riegel vorschieben hätte wollen. Aber ein Tauf-
buch beweist eben noch nicht, daß wirklich jedes
Kind getauft wurde.

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