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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0307
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Der darüber befragte Abt Schopper in Heilsbronn befürwortete diese Bitte, zumal das Zisterzienserbrevier
einigen Wünschen des evangelischen Teils bereits entgegen kam6.
Rurer und Althamer entwarfen daher eine neue Ordnung. Sie wurde am 2. Oktober 1533 dem Stift
,,zu gepurlicher, billicher volg und vollziehung“ zugestellt. Der katholische Teil des Stifts erließ dagegen
am 5. Dezember 1533 eine eigene, nur wenig geänderte Ordnung, die Althamer als völlig ungenügend
zurückwies7. Als ,,Ordnung singens und lesens bei den stiften“ blieb daher der althamersche Entwurf
in Krafts. Auf das Stift in Feuchtwangen scheint die Verordnung erst am 25. Juli 1535 ausgedehnt wor-
den zu sein. Aber auch da gab es zunächst noch einmal Schwierigkeiten, bis die Ordnung dann wirk-
lich eingeführt wurde 9.
Diese tatsächliche Annahme erfolgte in Zusammenhang mit einer 2. großen Kirchenvisitation.
Gründe, die schon zum Erlaß des Gottesdienstmandats von 1531 geführt hatten, mehr noch aber die recht
verschiedenartige Haltung der einzelnen weltlichen Beamten, der Geistlichen und vor allen Dingen der
Klöster und Stifte gegenüber den Bestimmungen der Kirchenordnung veranlaßten den auch nach seiner
Entlassung weiterhin noch unermüdlich für die Schaffung klarer evangelischer Verhältnisse im Lande
tätigen Georg Vogler, beim Markgrafen auf eine neue Kirchenvisitation zu drängen10. Im Laufe des
Jahres 1535 gelang es ihm, sein Ziel zu erreichen. Geplant war wiederum eine Zusammenarbeit mit
Nürnberg. Hier unterblieb die Visitation dann aber in Zusammenhang mit dort ausgebrochenen theo-
logischen Auseinandersetzungen11. In Ansbach jedoch erließ Markgraf Georg am 3. Februar 1536 den
Befehl zur Vornahme einer solchen Kirchenvisitation. Sie sollte sich nur auf das Unterland erstrecken.
Durchgeführt werden sollte sie durch den Ansbacher Oberstadtvogt Hans von Neunstetten12, den mark-
gräflichen Rat Dr. Valentin Kiefer13 und drei Geistliche: Andreas Althamer und Johann Rurer, die
beide schon die erste Visitation 1528 durchgeführt hatten, und den Hofprediger Martin Monninger14.
Hatte die erste Visitation von 1528 sich auf die Feststellung der Haltung, die die einzelnen Geistlichen
zum Landtagsabschied einnahmen, beschränkt, so sollte nun in umfassender Weise das gesamte Kir-
chenwesen einer Prüfung unterzogen werden. Dementsprechend wurde die den Visitatoren beigegebene
Visitationsordnung ungemein eingehend und gründlich gehalten15.

6 Hocker, Suppl. 186. — Dabei darf nicht übersehen werden, daß schon seit Ende des Mittelalters sehr lebhafte
Brevierreformen angestrebt und versuchsweise durchgeführt wurden, so vor allem durch das 1535 erschienene Bre-
viarium sanctae crucis des Kardinals Quiñones, das sehr weitgehende Kürzungen und sinngemäße Reformen der
Schriftlesung einführte und bis zum Jahre 1568 100 Auflagen erlebte, obwohl es nach anfänglicher päpstlicher
Genehmigung 1558 verboten worden war (S. Bäumer, Geschichte des Breviers. Freiburg 1895. 392-407. — Golt-
zen, in: Leiturgia 3, 173-180).-Im Auftrag des Tridentiner Konzils erschien 1568 das heute gebrauchte Brevier.
1 NStA Ansbacher Oberamtsakten 135 f. 291-306. — Götz, Glaubensspaltung 200. - J. B. Götz, Eine protestan-
tische Reform des Breviers, in: Theologisch-praktische Monatsschrift 12 (1902) 236-244.
8 Unsere Nr. IV 2. - Wortwörtlich und ohne jeden Hinweis auf ihre Quelle wurde diese Ordnung 1552 oder 1553,
als sie in Brandenburg-Ansbach schon fast vergessen war, den hohenlohischen Statthaltern als Vorschlag für den
Gottesdienst in der Stiftskirche zu Öhringen überreicht. Dieser galt bisher als ein Werk des Kaspar Huberinus
(A. Fischer, Die älteste evangelische Kirchenordnung und die früheste Kirchenvisitation in Hohenlohe, in: Zeit-
schrift für Kirchenrecht 15 [1880] 2 f. — Günther, Geschichte des evangelischen Gottesdienstes und seiner Ord-
nungen in Hohenlohe, in: Blätter für württembergische Kirchengeschichte. Neue Folge 1 [ 1897] 4 ff.). Als solche
hohenlohische Kirchenordnung wurde er daher auch abgedruckt in J. Chr.Wibel, Hohenlohische Kirchen- und
Reformationshistorie. 4 (Ansbach 1755). Codex Diplomaticus 80-101.
9 Götz, Glaubensspaltung 201 f. - Vgl. unsere Nr. IV 19 und S. 302!
10 Z.B. Götz, Glaubensspaltung 275-283. 11 Schornbaum, Beiträge.
12 Früher auch markgräflicher Rat (z.B. Schornbaum, Kasimir 155. 257. 266).
13 Sohn des Leibarztes Georgs. Chorherr von St. Gumbertus, schon 1524 beim Landtag beteiligt, später verheiratet
(Schornbaum, Kasimir 38. 175 Anm. 140. - BbKG 12, 28 f.; 24, 208).
14 Geb. Löpsingen 1498. — Nördlingen Karmeliter, 1518 als evangelisch ausgestoßen, Öttingen Hausverwalter, 1531
Hof Diakonus 1536 Ansbach Hofkaplan, 1539 Stadtpfarrer — † 1552 (Simon, APfB Nr. 1972).
15 Unsere Nr. IV 3.

19 Sehling, Bd. XI, Franken

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