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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0316
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den müsse, wenn auch angesichts des steten Kampfes der Reformatoren gegen die Winkelehen letzteres
als nötig erschien. Tatsächlich blieben die Winkelehen dann aber doch auf den Kreis der Minderjährigen
beschränkt, so daß hier dann die Forderung der elterlichen Zustimmung genügte, während im übrigen
die Sitte der kirchlichen Trauung völlig ungebrochen blieb. 1565 schufen nun diese Eheartikel Klar-
heit, indem sie für eheartiges Zusammenleben ohne kirchliche Trauung Strafen festsetzten, also der Trau-
ung eheschließende Kraft zuerkannten96.
Die weitere Organisation war wieder ein Werk Georg Kargs. Er plante schon auf der Ansbacher
Tagung ein Generalkonsistorium in der Form eines geistlichen Gerichtes. Diese Aufgabe verblieb aber
einstweilen noch den ,,Verordneten Visitatores“ (oder ,,Verordneten Examinatores“). Ein Plan, den der
1560 als Oberkanzler nach Ansbach gekommene Wolfgang von Kötteriz97 zusammen mit den Gedanken
einer Verwertung der bis dahin noch selbständigen Stifte Ansbach und Feuchtwangen und des Klosters
Heilsbronn für landeskirchliche Zwecke hegte, führte dazu, diesem Ehegericht in Ansbach im bisherigen
Stiftsgebäude einen festen Sitz zu geben, wo sich nun auch die Visitatores treffen konnten. Zu einer wei-
teren Entwicklung scheint es aber wegen der Ablehnung, die Kötteriz bei Hof fand (er wurde 1562 über-
haupt entlassen), und weil er mit Karg im Kirchenregiment ein Übergewicht der Theologen wünschte,
während der Hof diesen Einfluß zurückgedrängt sehen wollte, nicht gekommen zu sein98.
Immerhin wurde 1565 - noch vor der großen Synode - neben das am Mittwoch tagende Ehegericht
noch ein wohl aus den gleichen Personen bestehendes weiteres Gericht, das sich mit den Streitigkeiten
von und mit Geistlichen beschäftigen und am Donnerstag zusammentreten sollte, eingesetzt. Damit wur-
den die Geistlichen den weltlichen Gerichten entnommen99 . Aber auch dieses war nur ein weiterer Teil
eines Konsistoriums älteren Stils, eine reine Gerichtsbehörde, noch kein eigentliches Kirchenregiment.
Erst Kargs Tod (1576) machte dann den Weg zu einer neuen Entwicklung frei100. Dabei griff nun
der um Hilfe angegangene Jakob Andreä101 mit seiner württembergischen Tradition eines Gleichgewichtes
zwischen Theologen und Juristen ein. Er arbeitete im November 1577 mit einigen Räten und Theologen
einen Entwurf dafür aus. Im September 1578 war Andreä wieder auf einer von beiden Landesteilen
beschickten Generalsynode in Ansbach, wobei die Frage erneut behandelt wurde. Wohl mit Neujahr 1580
erfolgte dann im Zusammenhang mit den sächsischen Konsistorialplänen die tatsächliche Errichtung
des Konsistoriums mit dem Sitz in Ansbach, wenn auch noch ohne eigene Ordnung. Als aber im glei-
chen Jahr die im wesentlichen von Andreä geschaffene sächsische Konsistorialordnung Kurfürst Au-
gusts102 erschien, regte Andreä die Schaffung einer eigenen Konsistorialordnung an.
Dazu wurde in Ansbach eine vom 4. bis 23. Juli 1580 dauernde Verhandlung geführt. Es waren
sehr arbeits- und ergebnisreiche Sitzungen; denn auf ihnen wurden, wie die Räte ihrem Landesherrn
darüber berichteten,
,,erstlich ein consistorialordnung, was sachen und welche gestalt darinnen zu procediren, von inen
verfasset,

96 Unsere Nr. IV 14, S. 367. 369.
97 H. Gürsching, Der Oberkanzler Wolff von Kötteritz und die geistlichen Güter in den fränkischen Markgraf-
schaften, in: Festgabe für Landesbischof Meiser zum 70. Geburtstag. München 1952. 9-44.
98 Gürsching 33ff. 99 Unsere Nr. IV 13. - Gürsching 37. 100 Gürsching 38-44.
101 Geb. 1528 Waiblingen. — 1546 durchs Interim vertrieben, 1553 Göppingen Pfarrer, bald auch GeneraIsuperinten-
dent, 1561 Tübingen Propst und Professor — † 1590 (Kolde, in: RE 1, 501-503. — Schottenloher 513-542.
— H. Gürsching, J. A. und seine Zeit, in: Blätter für württembergische Kirchengeschichte 54 (1954) 123—156.
- P. Meinhold, in: NDB 1, 277).
102 Des durchlauchtigsten... herrn Augusten, herzogen zu Sachsen usw., Ordnung, wie es in seiner churf. g. landen
bei den kirchen mit der lehr und ceremonien, desgleichen in derselben beiden universiteten, consistorien, fürsten-
und partikularschulen, visitation, synodis und, was solchem allem mehr anhanget, gehalten werden sol. Leipzig
1580. (Sehling 1, 359-457. 130-135).

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