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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0326
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Brandenburg-Ansbach-Kulmbach II

das der gnediglich und barmherziglich von uns zu
wenden, und, was sunst mer in den kirchen gemeiner
christenheit anligend und notturft halben gebeten
und zu biten vermant wird,das sich auch ein jeglicher
in seinem wesen und wandel mit worten und werken
so gotsförchtig, christlich, erbarlich, züchtig und be-
scheidenlich beweisen wölle, das die tat und werk mer
denn der namen oder die wort einen christen bei ime
anzeigen mögen und wir nit ursach haben, gegen den
verachtern und verprechern mit gebürlicher straf
mer und ernstlicher, dann bisher geschehen ist, zu
handeln, als wir auch endlich tun, darin niemand
verschonen und hiemit alle unser vorige ausschrei-
ben und verpot, gotslesterung, zutrinkens und ander
sachen halben ausgangen, alles ihrs inhalts verneut
haben wöllen.
Dann soll sich jemand von unsern mitertanen und
verwanten uber dise unser abermals ganz gnedige
und veterliche warnung wie bisher ungehorsam, ver-
achtlich, ungeschickt oder anders, denn wie unsre
obgemelt christlich begern und meinung ist, erzei-
gen, wöllen wir gegen den ubertrettern, die seien,
wer sie wöllen, und sunderlich denjenen, so Gottes
wort und evangelion, auch desselben getreue ver-
künder und diener solcher gestalt und mit so stref-
licher undankbarkeit verachten, mit ernstlicher, un-
nachleßlicher straf ein solchs statlichs einsehen tun,
das meniglich in der tat spüren sol, das wir ob Got--
tes wort und denen, so wir den unsern zu hirten und
kirchendienern zuordnen, zum fleißigsten zu wachen
und zu halten, auch unerbar, gotlos leben, offenliche
laster, ungehorsam und ubertrettung zu fürkmnmen
und zu strafen geneigt sein, wie wir uns denn unsers
ambts halben zu tun schuldig erkennen.
Wir wöllen auch hiemit alle pfarherrn, prediger,
seelsorger und kirchendiener irer pflicht, damit sie
Got und seinem heiligsten wort verpunden, daneben
auch alle und jegliche unsre castner, vogt, richter,
schultheißen, burgermeister und dorfmeister in ste-

7 = die spätere Markgrafschaft Ansbach (Lang 1, 3f.;
2, 157 f.).
8 Der unterhalb des Gebirgs ( = um Neustadt a. d. A.)
gelegene Teil der späteren Markgrafschaft Kulmbach
(aaO.).
9 Der oberhalb des Gebirgs gelegene Hauptteil der
späteren Markgrafschaft Kulmbach (aaO.).

ten und auf dem land, auch alle und jede stat- und
landknecht irer aide, damit sie uns als irer obrigkeit
zugetan sein, zum fleißigsten und ernstlichsten er-
mant haben, wo sie dergleichen verachter, lesterer,
ungehorsame und verwürker bei inen wissen oder
erfaren werden, das sie die zu fürderung Gottes eere
und seines heiligen evangelions bei denselben iren
pflichten, aiden und verpindungen uns oder unsers
abwesens unsern stathaltern und reten im nider-
land7, unterhalb des gebirgs8 und auf dem gepirg9
unserm hauptmann und andern unsern reten des
orts anzeigen und darin niemands verschonen, wie
wir denn daneben in allen ambten miser besundere
aufmerker und ansager bestelt haben, damit die ver-
würker nit ungestraft bleiben. Wo wir auch befun-
den, das ein ambtmann, castner, vogt, richter, schult-
heiß, burgermeister, dorfmeister, stat- oder land-
knecht einich obberürt ubertretung west oder er-
faren het und das nit anzeiget, das doch ein jeglicher
als obgemelt tun, oder das der einer obgemelt unser
warnung, gebot und verpot selbst ubertretten wurde,
der sol für einen zwifachen ubertreter geacht, auch
demselben gemeß gestraft werden.
Es ist auch unser ernstlicher befelch und meinung,
das man unter der predig und andern christlichen
ambten kein pranten wein feil haben und das nie-
mand dieselben zeit außerhalb der jarmerkt auf dem
markt oder kirchhof stehen sol, andern christen-
menschen zu ergernus, als lieb einem jeden sei, her-
nach gemelte, nemliche10 buß zu vermeiden, nem-
lich: der, so derselben zeit einichen pranten wein feil
gehabt oder verkauft, und der, so den unter den
christlichen ambten, wie gemelt, offenlich genossen
und gebraucht het, das erstmal zur ubertretung ein
halb ort11 eins gülden, das andermal ein ganz ort
zu geben und zum drittenmal mit wasser und brot
zwen tag und nacht in turn zu strafen. Darauf denn
alle stat- und landknecht ir fleißig achtung haben
und, was sie bei den bußfelligen finden, pfenden, dar-
10 nemlich = bestimmt, ausdrücklich.
11 = ein Viertel (Schmeller 1, 152), hier: ein Viertel
eines Guldens. Um diesen 1/2 Ort zu verdienen, mußte
ein Tagelöhner damals 1 ¼ Tage arbeiten. Ander-
seits konnte man sich dafür 5 Pfund Rindfleisch
kaufen (vgl. dazu S. 31 Anm. 20!).

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