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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0344
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Brandenburg-Ansbach-Kulmbach II

sten in allweg des befleißen, das die kirchen im gan-
zen umbkrais der welt mer zusammengefuegt und
erhalten dann zerrissen oder gesondert werde.
Und will auch bei jetziger roloser welt ires ver-
stands und aus erfahrung hoch von nöten sein, das
die, so von der justification des glaubens predigen,
dabei die bueß, lieb, hoffnung und andere christen-
liche vermanung nicht auslassen und also bueß und
vergebung der sunden inhalts christlicher und apo-
stolischer ler zugleich treiben, damit die zuhörer wis-
sen mogen und sollen, was inen als den gerechtfertig-
ten christen zu beweisung ires glaubens von nöten
sei, wie dann auch die Wittenbergischen und andere2
aus erfarung selbst bekennen und schreiben, es sei
mer ergerlich dann furtreglich, so man allein vom
glauben on rechten verstand und leer der bueß pre-
dige.
Desgleichen ist fur fruchtbar und gut angesehen,
das in den pfarkirchen dem gemainen volk zu gue-
tem an sontagen und feirtagen die gewönliche evan-
gelia nach dem alten kirchengebrauch gepredigt und
ausgelegt werden, dieweil man derselben gewont ist
und mer nutz damit mag geschafft werden, dann so
man propheten und andere buecher alts und neues
testaments zu predigen furnimbt. Wo dann in einer
statt oder andern flecken uf ein sontag oder feirtag
mer dann ain predig geschehe, möcht in der einen
predig die epistel nach der zeit gepredigt und aus-
gelegt werden. Doch soll dieser articul allain uf die
2 Vor allem Luther selbst hatte in bitterem Schmerz
vielfach leidenschaftlich über das - von Feinden der
Reformation eifrig genährte - Mißverständnis der
reformatorischen Botschaft und den daraus geflos-
senen Mißbrauch geklagt. Ign. Döllinger hat in
polemischer Absicht fleißig alle Stellen zusammen-
gesucht: Die Reformation, ihre Entwicklung und
ihre Wirkungen... 1 Regensburg 1848 2. 293-316. —
Es entbehrt dabei nicht des Witzes, daß es ausgerech-
net der evangelische Mitarbeiter am Interim, Luthers
und Melanchthons früherer Freund Johann Agricola
aus Eisleben war, der diese beiden dann wegen ihrer
deshalb betonten Bedeutung auch der Gesetzespre-
digt für die rechte Bekehrung angegriffen hatte. - In
Franken hatte das oben unter Nr. II 5 abgedruckte
„Anzeigen“ der Markgrafen schon diesem Mißver-
ständnis gewehrt. - Zu den zumal durch das Interim
belebten scharfen Auseinandersetzungen innerhalb
des deutschen Gesamtprotestantismus vgl. Kawe-
rau, Agricola in: RE 1, 248-253; Ders., Antinomi-
stische Streitigkeiten, in: RE 1, 585-592. - Ders.,
Gg. Major, in: RE 12,85-91.

pfarkirchen und von den sontagen und feirtagen (dar -
auf er gestelt) verstanden werden und diesen ver-
stand gar nit haben, das darumb an den werktägen
und in stiftkirchen nichts anders dann die gewon-
liche evangelia und epistel aus hailiger gottlicher
schrift ob der canzel solt gepredigt werden; dann
hierinnen allain die ainfeltig gemain bedacht wor-
den.
So viel aber die ceremonien (R: Von den ceremo-
nien) belangt, soll bemelte marggrafische kirchenord-
nung mit den lateinischen gesengen und lesen nach
der ordnung cantus Gregoriani, so viel der hailigen
schrift gemeß, widerumb angericht und gehalten
werden, wie die angezogen kirchenordnung zum tail
selbst vermag und ausweist sub titulo ordnung der
meß, wie die gehalten soll werden.
Und soll die vorgestellt ordnung der meß in dem
gemehret sein, das durch die priester hinfuro vom
Confiteor an bis zum ende der meß Ite missa est3 die
alt ordnung, sovil gottlicher schrift nit zuwider, es
sei de tempore4 oder sanctis5, gehalten und nemb-
lich, wo lateinische schulen sein, desselben orts die
ambter merertails als die introit, Kyrieleison, Gloria
in excelsis, Et in terra, Patrem6, Sanctus, Agnus
Dei und communen7 lateinisch. Aber an etlicher se-
quentz8 stat (R.: Nota A). auch fur die gradual9
und offertoria10, wie man es nennet, mochten etwa
teutsch psalme oder andere christenliche geseng,
dero sich zu vergleichen, gesungen werden, doch in
3 = der Schluß der Messe an Tagen, an denen das
Gloria gesungen wird.
4 = nach dem Kirchenjahr.
5 = nach den Heiligentagen des Kalenderjahres.
6 = das Glaubensbekenntnis.
7 = die communio genannte Antiphone nach der Kom-
munion (Braun 69f. - Jungmann 2, 486-496).
8 = die zwischen dem Graduale und der Verlesung
des Evangeliums bei den Messen mancher Tage ein-
geschobenen Gesänge (Wetzer 11, 159-170. —
Braun 319. - Jungmann 1, 557-564).
9 = der auf den Stufen (gradus) des der Evangeliums-
verlesung dienenden Lesepultes nach der Epistelver-
lesung gesungene Vers (Braun 125f. — Jungmann
1, 543-557).
10 = die nach dem Glaubensbekenntnis bei Beginn des
eigentlichen Sakramentsteiles der Messe erfolgenden,
ursprünglich die Darbringung der Opfergaben (z.B.
der Abendmahlselemente) begleitenden Gesänge
Braun 235. - Jungmann 2,34-40).

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