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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0354
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Brandenburg-Ansbach-Kulmbach II

zeitlichen kürchgang zu rechter tagzeit ordentlich
gehalten und ein predig vom heiligen eestand dar-
bei geton werden.
Von der heiligen tauf.
Die hebammen sollen von den pfarrherrn exa-
minirt und underrichtet werden, das sie kain kind
taufen, es sei dann an die welt ganz geborn5, und als-
dan erst, so es schwach und kein[!] oder ein priester
nicht zu erlangen, recht taufen und kain zauberei
oder aberglauben prauchen. So man aber in kürchen
taufet, soll man mit dem kleinen glocklin darzu leu-
ten 6 und das zeichen des creuzes7 auslassen.
Von dem abentmal Christi.
Die privatabsolution und das examen darbei sol-
len alle feuerabend gehalten werden.
Von der predig gotlichs worts.
In der wochen soll einmal ein predig geschehen
oder uf wenigst ein capitel samt den summariis Viti
Dietrich8 gelesen, welches auch genug; an sonn- und
feiertagen alles vermog der kirchenordnung gehalten
und verrichtet werden.
5 Vgl. S. 181 Anm. 19. - Mit diesem Verbot war schon
das Agendbüchlein Veit Dietrichs 1543 (unsere Nr. V
1, S. 506) vorangegangen.
6 Die Herkunft dieses natürlich leicht entstehbaren
Brauches ist unbekannt. Die mittelalterliche Kirche
kennt ihn nicht. Seine Wurzel liegt vor allem da, wo
die Taufe im Gemeindegottesdienst vorgenommen
wurde wie im schwäbischen Raum. Zu weiterem vgl.
S. 714 Anm. 13 und S. 738 Anm. 62!
7 Beim Exorzismus. Siehe S. 181. Anm. 19!
8 Veit Dietrichs Summarien über das Alte Testament
1541, über das neue Testament 1544, beide zusam-
men 1544. Dann oft aufgelegt (B. Klaus,Veit Diet-
rich [= EIvGB 32]. Nürnberg 1958.- Zum Verfasser
vgl. S.17!). 9 Das Superpelliceum. Siehe S.44 Anm.1!
10 Gemeint ist hier weder das sog. Zügenglöcklein, das
zum Gebet für einen in den letzten Zügen liegenden
Menschen auffordert (Schmeller 2, 1098. - F. W.
Schubert, Die Sterbeglocke..., in: MGkK 1 [1896]
225-230). — Rietschel 767) noch das Glocken-
zeichen, durch das nach katholischem Ritus Gläu-
bige aufgefordert werden, den Priester mit dem
Allerheiligsten auf seinem Gang zu einem Schwer-
kranken in Prozession zu begleiten (Wetzer 7,1041.
- Rituale Romanum, De sacramento eucharistiae

auf den dorfern soll man teutsche vesper halten um
der communicanten willen.
Bei den kranken kein corrock9 gebrauchen, tamen
sit liberum in suis locis, und (doch underschidlich)
mit der glocken ein zeichen gegeben werden.10
Bei den leuchen nur ainen corrock gebrauchen.
Die filial sollen auch mit dem catechismo notturf-
tig ubersehen werden.
In conventu ministrorum oder in capitln sol man
keinen corrock mit sich tragen, sonder sonst ein er-
liche klaidung.
Von erbarm leben und wandl
der kirchendiener.
Es sollen die kirchendiener nicht wuchern, saufen,
spülen, uf offentliche schueßen31 ziehen, offentliche
zeche in wirtsheusern halten, schenken oder wiert-
schaft treiben, sondern auch priesterliche klaidung
tragen, mit harabschneiden und anderm allen sich
priesterlich halten und ziehen.
Das die kürchendiener den amtleuten strefliche
personen angeben und derselben gewalt anruefen,
ist nicht zu gedenken, das es cristlichen lerern zu-
stehe, sintemal geistlich und weltlich regiment und
gwalt unterschiden sein und nicht vermengt werden
sollen
de communione infirmoruin. - Wer dem Rufe gefolgt
war, erhielt einen Ablaß von 100 Tagen zugespro-
chen [Surgant f. 100vf.]), zumal der evangelische
Geistliche selbstverständlich nur die Abendmahls-
elemente (Hostie und Wein) mit sich führte. Was ge-
meint ist, zeigt die Gräfendorfer Kirchenordnung der
Herren von Thüngen von 1564 (Siehe S. 738). An-
geregt war dieses Läuten durch Karg (Schorn-
baum, Agende 107). Entstanden ist diese Sitte aber
wohl aus einem solchen Ruf zu einer Prozession mit
dem Allerheiligsten zum Krankenzimmer, wie sie
etwa für Hof ausdrücklich aus der vorreformatori-
schen Zeit berichtet wird (S. 406). Über eine Stif-
tung zugunsten einer solchen Prozession und deren
anschauliche Schilderung (Wertheim 1486) vgl.
W. Engel, Urkundenregesten zur kirchlichen Ver-
waltung der Grafschaft Wertheim 1276—1499 ( -
Sonderveröffentlichung des Historischen Vereins
Wertheim). Würzburg 1959 Nr. 372. (In dem von
den Schülern zu singenden Responsorium ist statt
Distribuit, Jesus zu lesen: Discubuit Jesus).- Über
Entstehung und Verbreitung dieser Sitte L. Pfleger,
Die Begleitung des hl. Sakraments bei Versehgängen,
in: Archiv für elsäßische Kirchengeschichte 8 (1933),
459ff. 11 = Schießen

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