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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0370
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Brandenburg-Ansbach-Kulmbach II

chers etc.halben und anders betreffend gund damit
sollen sie den abend vor und nach essens zubringen
und zugleich auch vogt, burgermeister mit etlichen
des rats und aus der gemain in städten, in dörfern
aber schulthaiß oder ambtknecht mit den vierern
oder dorfmaistern und heiligenpflegern oder auch
etlichen aus der gemain auf morgen frue für sich be-
schaiden und erfordern.
Morgens frue sollen sie sich bei itzt gemeldten per-
soneng nach lengs erkundigen aller sachen, den pfar-
rer und andere kirchenpersonen, hir ambt und vleiß
g-g 1578:
V. Ob sie in irem kirchspiel jemand wissen, wel-
cher der widerteufer, sacramentirer, Flacianer15 und
anderer verfuererischer lehr anhengig oder solchen
leuten unterschlaif geb und gemeinschaft mit ihnen
hab.
VI. Ob auch in steten oder dörfern zauberer, got-
teslesterer, segensprecher, wahrsager, hurer, ehe-
brecher, wucherer, eheleut, die einander mutwillig
verlassen, und andere, so in der unehe beisammen-
sitzen geduldet werden.
VII. Ob auch vor und unter der predigt epicuri-
sche zechen, schwelgereien, branntweinschank, roß-
oder handarbeit, sonderlich uf die hohen feste im jar,
bier- oder brantweinglock16, schützenhof17 und sonst
rockenstuben, scheidweg oder letzrocken18, fenstern
oder unzüchte nachtdenz und dergleichen verdech-
tige, leichtfertige zusammenkünfte manns- und
weibspersonen gestattet und zugelassen werden.
VIII. Wie sich die ambtleut, castner, vogt, be-
velchhaber und andere obrigkeit eines jeden orts mit
besuchung der predigt und gebräuch des heiligen
abendmahls verhalten und ob ir einer oder mehr be-
rüchtigt were, wie er in ärgerlichen, öffentlichen, ab-
scheulichen, grobenlastern und sunden lebe und halb-
starrig darin verharre.
IX. Wie es mit der kirchencasten- und hospital-
rechnung geschaffen, von wem und in weß beisein,
auch mit was uncosten sie getan und gehalten, auch
ob ihr vermögen im zu- oder abnehmen sei.
X. Ob und wie die armen kranken in ihrer not mit
arznei und sonsten, wie sichs gebührt, der christ-
lichen lieb nach gepflogen und gewartet werden.
XI. Wie sich die verwalter, castenherrn, kirchen-
veter, spitalmeister in irem ambt mit reichung der
kirchendienerbesoldung, der armen unterhaltung,
erbauung der kirchen und geistlichenhäuser verhal-
ten.
Auf den morgen sollen sich die visitatores bei dem
vogt, bürgermeister, auch etlichen des rats und aus
der gemein in stetten, in dörfern aber beim schult-
heiß, ambtleuten, vierer oder dorfmeistern und hei-
ligenpflegern, die er den vorhergehenden abend für
sich erfordert, h-h Fehlt 1578.
i-i 1578 +:
I. Wie sich ihre pfarrer und kirchendiener in der

in der lehr, beede mit predigen und dem catechismo
und allen und jeden ceremonien und preuchen, auch
ir haushalten, weib und kinder, leben und wandel
vermöge der kirchenordnung und der statutenh be-
treffend, und sollen nemblich zuvorermelte perso-
nen, was sie mangels und fehls an kirchenpersonen
haben oder sonst auch unerbars und ergerhchs von
inen wissen, die wahrhait zu sagen und nichts zu
verschweigen, bei iren pflichten, damit sie unserm
gnedigen fürsten und herrn zugetan sind, vleißig und
ernstlich vermahnen iund alsdann alle beschwerden
lehr, beede mit predigen und dem catechismo, auch
in allen und jeden zeremonien und breuchen, in der
haushaltung, mit weib und kind, leben und wandel
betreffend, vermög der kirchenordnung der statuten
erzeigen und verhalten.
II. Wie sie sich mit irem strafambt erzeigen, ob
sie die laster mit geburlichen ernst und eifer, gleich-
wol auch mit christlicher sanftmut und guter be-
scheidenheit, nachdem es der text mit sich bringt
strafen oder ire privataffect und rachgier mit unter-
laufen lassen.
III. Ob sie auch unnötige, ergerliche gezenk der
lehr oder personen halben auf die canzel bringen.
IV. Ob sie jemand an der absolution oder an den
heiligen sacramenten verseumen.
V. Ob sie in trunkenheit, spielsucht, unzucht, fül-
lerei, geselschaften und anderen ärgernussen stecken,
den wirtsheusern nachgehen oder sonst für sich selbst
viel gasterei halten.
VI. Ob sie der obrigkeit in ihr ambt greifen, in
weltlichen sachen den leuten procurieren, schreiben
oder advocieren, kaufmannschaft oder wucherische
conträct, verkauf und dergleichen unzimbliche, er-
gerliche narung treiben.
VII. Was nun für
15 Anhänger des Matthias Flacius (1520-1575), des
Führers in zahheichentheologischenKämpfenfür ein
von ihm für das echte gehaltenes Luthertum.
16 Natürlich hier nicht = Sperrglocke, Polizeistunde
(siehe S. 309 Anm. 16 !- Schmeller 1, 265.- Grimm
1, 1824 [siehe auch Gochsheimer Dorfordnung unten
S. 650]), sondern wahrscheinlich = glog = Gelage.
17 = Schützengesellschaft (Schmeller 1, 1059).
18 = Zusammenkünfte der Frauen und Mädchen zu ge-
meinsamem Spinnen (Schmeller 2, 47. - J. Dün-
ninger, Sitte und Brauchtum, in: C. Scherzer,
Franken 2 [Nürnberg 1959] 158—161). — Rocken-
stuben wurden von Nürnberg z. B. zwar nicht un-
bedingt verboten, doch sollte kein Bursche oder
Mann, auch keine Frau aus einem andern Dorf zu-
gelassen werden, bei Strafe von 20 Pfund alt für den
übertretenden Wirt und 10 Pfund alt für die über-
tretende Person (Mandata oder Gesetze... 1548f.
J iij. ;). 1 Pfund alt waren damals 30 Pfennige. Als
heutiger Geldwert entsprechen also bei Berücksich-

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