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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0392
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Brandenburg-Ansbach-Kulmbach II

ratore die sache geburendermaßen abgehandelt und
ausgetragen werden. Doch wollen wir uns in die-
sem casus, do die unzucht aus der schwengerung
offenbar und am tage, fernern bescheid zu geben,
macht und gewalt vorbehalten haben.
VI.
Ehescheidung.
Wiewohl niemand schaiden soll, was Gott zusam-
men gefueget hat, so tregt sich doch oft zu, das ain
ehegemahl vom andern wider Gottes ordnung, wil-
len und gebot bruchig wird und die ehe zerreißet
aintweder durch ehebruch oder weglaufen. In die-
sen fellen ist das consistorium schuldig, zu decla-
riren und erkanntnus zu tun, ob das unschuldig teil
ledig sei und sich anderwart verheiraten mueg oder
nit.
Wann aber ehebruch offenbar, bekanntlich oder
sonst gnugsam erwiesen und ausfündig gemacht und
keine versönung hernach geschehen, auch noch
nicht statt haben will, nachdem sie vleißig und
oftermals gesucht worden, alsdann sol die clagende
person, so sie unschuldig, sich ehrlich und wohl ge-
halten und im wenigsten nicht ursach zu des andern
ehebruch geben hat, genzlich absolvirt und ime
anderwart sich zu verheiraten erlaubt werden, beede
in volzogener und nit volzogner ehe, doch mit dem
gedinge, wan sie wieder freiet, daß sie ohn gebrenge
stilliglich hochzeit hab, sönderlich, da die ehe vol-
zogen gewesen ist.
Wann eines vom andern ohne gegebene ursachen
heimblich und mutwilliger weise weglauft und das
andere sitzen läst in volzogner und nit volzogner
ehe und man nicht wissen kan, wo persona desertrix
hinkommen und ob sie lebendig oder tot ist, und
persona deserta ires wohlhaltens guete glaubwirdige
kundschaft hat, soll auf ihr, der verlassenen person,
nach gebürlicher zeit und vleißig gehabter nach-
forschung vielfeltig ansuchen die weggelaufene durch
ein offen proclama und edict peremtorie citiret und
alsdan zu bestimbten terminen zweier oder dreier
monate und das unschuldige teil von dem abtrün-

lung von Schwängerungssachen bei unverheirateten
und unbeschoftenen Frauen (Hinschius 5,815

nigen, treulosen, nicht erscheinenden ehegemahl ab-
solvirt und ledig erkant werden, daß es sich zu seiner
gelegenheit widerumb christlicher ordnung nach
muge verheiraten, aber doch gleichfals, wie zuvor
beim ehebruch gesetzt, einen stillen kirchgang und
hochzeit halten soll.
Das proclama soll von der canzel an dem orte, da
die weggelaufene person wonhaft gewesen, verlesen
und bald darauf an gewonlichen orten angeschlagen
werden.
Nachdem sich aber auch zuweilen zutregt, daß
die verlassene unschuldige person sich aus unver-
stand uber etlich jar hernach ohne rechtliche er-
kantnus wider verheiratet und beischleft, wiewol
solches unrecht und streflich ist, wollen wir uns
doch, so es an uns gelangen wurde, fernern bescheid
zu geben und zu dispensirn vorbehalten haben.
Was sich gebure von wegen der impotentia, ge-
ben die rechte gute maß und ordnung. Dem sollen
die eherichter hierinnen folgen.
Die sönderung zu bett und tisch ist nicht dan aus
wichtigen ursachen auf hofnung künftiger ver-
sönung ein zeitlang zu erlauben und kan keine ehe-
scheidung sein.
Alle andere felle, wie die sich zutragen und be-
geben mugen und nach allen umbstenden, können
nicht kurz gefast werden, sollen nach gemeinen rech-
ten und vernünftiger billicheit so wohl als die ge-
setzten decidirt und geörtert werden.
Strafe der verbrechenden buswürdigen personen,
von dem consistorio zu erkennen.
Diese personen sind alle streflich:
1. Die sich zu zweien oder mehr malen verheiraten.
2. Die ohne wissen und willen irer eltern und vor-
mund sich ehelich verpflichten.
3. Die kuppler und kupplerin.
4. Welche unzucht getrieben und beigeschlafen ha-
ben und doch der ehe nicht gestendig sind sie
werden gleich zusammen oder nicht zusammen
gedaitiget6, aber doch mehr und herter, wenn
keine ehe zwischen ihnen kan gemacht werden.
Anm. 5). 6 = taidingen, verhandeln.

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