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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0405
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IV 17 Konsistorialordnung 1594

Da irgend ein kirchen- oder schueldiener von sei-
nem dechan oder von andern leuten unbilliger sachen
halben beklaget wird, soll dem beklagten, nachdem
er auf ergangene citation fur das consistorium er-
schienen, die clag von articul zu articul mündlich
furgehalten, seine verantwortung darauf angehört
und, da er unschuldig, also bald absolvirt, im falle
er aber der uebeltat schuldig, alsobald in gebuerliche
straf genommen werden.
Do zwischen ambtleuten und undertanen einem
oder mehr gegen einem kirchen- oder schueldiener
speen oder widerwillen sich zutrüge und die ambt-
leute oder undertanen beclagte weren, sollen solche
sachen gein hof gelangen. Im falle aber die kirchen-
oder schuldiener beclagde sein, soll anfenglich die
sache und die parteien durch den dechan desselben
orts neben dem ambtmann oder bevelchshaber (so
ferne sie nicht part oder sonsten der sachen ver-
wandt) oder auch zweien gerichtspersonen oder hei-
ligenpflegern gutlich verhört und die verainigung
versucht werden.
Do aber die parteien uber solcher underhandlung
einander rechtlicher forderung nicht erlassen wol-
ten, soll der dechan mit dem ambtmann oder be-
velchhaber an das consistorium gelangen lassen, was
sie zwischen ihnen gehandlet, wie alle sachen ge-
schaffen und an wem die gütlichkeit erwunden19. Da-
selbst soll durch die consistorialn der parteien speen
und strittige sachen, so viel muglich, gütlich und
ohne weitleuftigkeit, auch, do die gute nicht statt
fünde, ohne lengern proceß summarischer weis ent-
schieden und verglichen werden.
Und dieweil in ee- und anderen dergleichen sa-
chen etliche furneme theologen, Lutherus und Phi-
lippus, aus der göttlichen schrieft etliche opinionen,
so sich mit den gemeinen rechten nicht durchaus ver-
gleichen20, gezogen, so sollen die consistorialen auch
dieselben in guter acht haben und darauf, so vil de-
ren in unsern landen bisanhero gehalten und durch
den brauch des consistorii angenommen, die urthel
und abschied richten und fassen21.
19 = fehlen, mangeln (Schmeller 2, 947. - Grimm
3, 1064ff.).
20 Gedacht ist dabei an das Gutachten der beiden zur
Doppelehefrage des Landgrafen Philipp von Hessen
vom 10. Dez. 1539 (Luther WA Briefe 8, 638 bis
644). - Literatur zur ganzen Sache: Schobetts

Wann auch in eesachen bei dem consistorio umb
dispensation angesucht würde, sollen sie, die consi-
storialn, derselben nit mechtigen, sondern solche
jederzeit an uns gelangen lassen und unsers fernern
beschaids darauf erwarten21.
Generalarticul,
auf welche sich die vorgehende consistorialordnung
in etlichen puncten gezogen und die sonst beim
consistorio jeder zeit in acht zu haben und von
einer visitation zur andern verbessert werden
können.
I.
Vom beruef und annemung der kirchendiener22.
So oft ein pfarr, diaconat oder andere kirchen-
dienst durch absterben des vorgehenden oder in
andere wege verledigt, soll alsobald durch den de-
chan, zu welches capitel solche pfarr oder kirchen-
dienst gehörig, in das consistorium berichtet wer-
den, auf welchen tag der vorgehend kirchendiener
mit tod abgangen oder sonst der kirchendienst ver-
ledigt, darnach sich das consistorium mit bestellung
desselben, so vil ihme bevolen, zu richten wissen
muge.
Nachdem aber in bestellung der pfarren, sobald
sich derselben eine oder mehr verledigt, diese un-
ordnung furlaufen möchte, das aus gunst oder freund -
schaft, von wegen verwandnus oder um geschenk
und gab willen untüchtige personen durch allerlei
weg und praktiken mit unwiderbringlichem scha-
den und nachteil vieler seelen den kirchen auf-
gedrungen, dagegen aber fromme, gelehrte und ge-
schickte prediger, so gedachten kirchen merklich
dienen konnen, verhindert und abgehalten werden
möchten, desgleichen auch diejenigen, so alberait im
ambt und durch ordentlichen beruef mit pfarren ver-
sehen, in großer anzahl, besonders wann die vacie-
rende pfarre am järlichen einkommen etwas hoher
und besser, nach derselben laufen und ihre kirchen
allein umb bessern solds willen verlassen und wider
Gottes bevelch also aus irem ordentlichen beruef tre-
loher 30 354--30 369. - W. Maurer, Luther und die
Doppelehe Landgraf Philipps von Hessen, in: Lu-
ther 24 (1953) 97-120.
21 Wörtlich aus Sachsen (Sehling 1, 404).
22 Dieser Abschnitt ähnlich aus Sachsen (Sehling
1, 375 f.).

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