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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0500
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rich durch Mandat vom 22. Juni 1542 die Reformation grundsätzlich eingeführt3. Weiteres war aber
dort noch nicht geschehen. Noch im November begann daher Nürnberg unter Veit Dietrichs geistlicher
Führung eine Kirchenvisitation, die im folgenden Monat zum Abschluß gebracht wurde4.
Natürlich trat damit ein plötzlicher Bedarf an Kirchenordnung auf. Aber er hätte auch durch einen
Neudruck der Kirchenordnung von 1533, wie er ja ohnehin laufend in den verschiedensten Größen er-
folgte, befriedigt werden können. Nicht auf sie zurückzugreifen, konnte nicht durch äußere Erwägungen
veranlaßt sein. Am wenigsten wird die Anregung dazu von der Stadt ausgegangen sein, so gewiß diese
den Auftrag erteilte. Sie muß durch Dietrich gegeben worden sein, der jetzt die Gelegenheit zu einer schon
länger geplanten Neugestaltung und Ergänzung der Kirchenordnung von 1533 wahrnahm. Am 29. De-
zember 1542 ordnete die Stadt den Druck an mit der Weisung, diese Bücher dann ,,volgends in alle
pfarren aufm land austeilen [zu] lassen, damits an allen orten gleich gehalten werd“5.
Das Buch erfuhr, so lange sein Verfasser im Amt war, bei den rasch notwendig werdenden Neu-
auflagen zahlreiche Änderungen6. Besonders aufmerksam zu machen ist hier bei der Ausgabe von 1543II
auf den seelsorgerlichen Unterricht am Krankenbett, bei der von 1544 auf das neue Kapitel vom Bann,
das nun alles das in die Kirchenordnung brachte, wogegen sich die Reichsstadt während der Ausarbei-
tung der brandenburgisch-nürnbergischen Kirchenordnung so überaus nachdrücklich und erfolgreich ge-
wehrt hatte,und auf die Randbemerkungen gegen den Exorzismus und schließlich bei der von 1545 auch
auf das Vorwort und auf das Abendmahlslied Seb. Heydens.
Ganz kurz wurde die Geltung dieser Agende - nach dem eben noch 1548 ein unveränderter Abdruck
der Ausgabe von 1545 erfolgt war - durch das Interim unterbrochen7. Ihm gegenüber verhielt sich Nürn-
berg in enger Zusammenarbeit mit Brandenburg-Ansbachwie dieses Gebiet8. Es ging freilich nicht ohne
scharfe Kämpfe und Dienstentlassungen ab. Auch ließ man 1549 eine eigene Interimsagende9 drucken.
Sie wurde im Mai 1553 wieder abgeschafft. Sofort wurde nun das Agendbüchlein wieder neu belebt. Seine
weiteren Auflagen von 1553, 1556, 1557, 1560, 1563, 1565, 1567 und 156910 beweisen die ungewöhn-
liche rege Nachfrage. Sie weisen keinerlei Anderungen auf gegenüber der Ausgabe von 1545.
Sehr schwierig ist die Frage nach dem kirchenregimentlichen Charakter der späteren Auflagen.
Kann streng genommen schon von einer Einführung von Veit Dietrichs Agendbüchlein nur bei den pfalz-
neuburgischen Pfandschaftsämtern, in deren Pfarreien sie verteilt wurde, die Rede sein, so darf in der
Genehmigung der Drucklegung der 2. Auflage eben nur diese Zensurmaßnahme erblickt werden. Alle
weiteren Auflagen möchte man zuerst als buchhändlerische Privatunternehmungen ansehen. Das geht aber
nicht an für den Neudruck von 1586, bei dem man plötzlich auf die 1. Ausgabe zurückgriff. Das ge-
schah 1601 noch einmal während die Ausgabe von 1545 in dieser Zeit nicht neugedruckt wurde11.
Die Gründe, die dazu führten, sind im einzelnen unbekannt, stehen aber in engstem Zusammen-

3 A. Weber, und J. Heider, Die Reformation im Fürstentum Pfalz-Neuburg, in: Neuburger Kollektaneenblatt 110
(1957) 73ff. 4 Dannenbauer, Die Landgeistlichen, in: ZbKG 8 (1939) 227—230.
5 Das Agendbüchlein sollte also jetzt nicht nur in den neu erworbenen Pfarreien Verwendung finden, sondern auch
in den bisherigen Landgemeinden. Das zeigt wieder, daß die Hilpoltsteiner Pfandschaft nur Anlaß, nicht innerer
Grund der Änderung war. (NStA Ratsverlässe 951 f. 6; Ratsbuch 21f. 131. — Klaus, Dietrich. 208). — Die Stadt
übernahm am 27. Januar 1543 auch gleich 400 Stück für die Landpfarreien (NStA Nürnberger Jahresregister
7 f. 17 4V).
6 Sie sind in unserer Ausgabe Nr. V 1 bis auf Kleinigkeiten alle berücksichtigt. — Hirsch, Agenden. — Klaus,
Dietrich. - Will, Bibl.Norica 2. Nr. 79-85.
7 Klaus, Dietrich. - Engelhardt 3, 107-129. - Bub. 8 Siehe dort S. 290ff. und unsere Nr. IV 4!
9 Ohne Titel. — Ein Original scheint nicht erhalten zu sein. — Abgedruckt in Hirsch, Interim 158-183.
10 Will, Bibl. Norica 2. S. 81ff. — Hirsch, Agenden. — Feuerlein 2, 285—288.
11 Will, Bibliotheca Norica 2. S. 84ff.

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