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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0506
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Nürnberg II

Der heilig Paulus weiß solches auch wol und hats
mehr denn ander selbs erfaren, wie man in den Ge-
schichten der aposteln und sonderlich aus seinem
eignen schreiben merkt, 2.Cor.4 [8ff.]:
Wir, spricht er, haben allenthab trübsal. Uns ist
bang. Wir leiden verfolgung. Wir werden unter-
gedruckt und tragen umb allezeit das sterben unsers
Herren Jesu an unserm leibe.
Und 2. Cor. 11 [23-28]:
Ich hab mer gearbeitet. Ich hab mer schleg erlit-
ten. Ich bin öfter gefangen, oft in todes nöten ge-
west. Von den Juden hat ich fünfmal empfangen vier-
zig streich weniger eins. Ich bin dreimal gesteupet,
einmal gesteinigt. Dreimal hab ich schiffbruch er-
litten. Tag und nacht hab ich zugebracht in der tiefe
des meeres. Ich hab oft gereiset. Ich bin in ferlig-
keit gewesen zu wasser, in fehrligkeit unter den mör-
dern, in fehrligkeit unter den Juden, in fehrligkeit
unter den heiden, in fehrligkeit in steten, in fehrlig-
keit in der wüsten, in fehrligkeit auf dem meer, in
fehrligkeit unter den falschen brüdern, in müh und
arbeit, in vil wachen, in hunger, in durst, in vil
fasten, in frost, in bloße, on was sich sonst zutregt,
nemlich, das ich teglich werde angelaufen und trag
sorge für alle gemeine etc.
Das mag doch ein zermarterter, zerplagter mensch
heißen. Nun leidet aber Paulus solches alles nur dar-
umb, das er ein apostel und prediger ist. Wie kan er
dann das bischofambt ein gutes, köstliches ambt
oder werk heißen ?
Darumb hab ich oben gesagt, wer Paulum hie recht
verstehen will, der sehe nit auf der welt exempel
noch urteil; denn es hangt am predigambt allerlei
fahr und unglück. Er sehe aber auf Gottes wort und
willen und die rechte frucht, so aus solchem ambt
folget, so wirt er ein unaussprechliche köstlicheit fin-
den; denn ein bischof, pfarrherr oder kirchendiener
kan seinem ambt nach nichts anfahen noch für-
nemen, es ist eitel köstlichs, heiligs und seliges ding,
da er erstlich Got seim Herren im himel, darnach
seinem nechsten, letzlich auch im selbs zum besten
dienet.
Denn von wem oder wazu ist solches ambt
gestiftet ? Ist es nit war, Gott selbs hat es also ge-
ordnet ? Ja, es ist, wie Paulus sagt, Eph.4 [8. 11],
Gotes höchstes und herzlichstes geschenk, das er uns

durch Christum widerfaren lest, das er gibt apostel,
propheten, evangelisten, hirten und lerer. Und die-
nen solche embter alle dazu, daß des Herrn Christi
leib, die christliche kirch, recht erbauet werde. Dar-
umb sihestu hie bald, warum Paulus das bischof-
ambt ein köstlichs werk nennet. Weltliche oberkeit
hat auch ein hohes, nötiges und nützes ambt. Juri-
sten, erzte und dergleichen sind (wo sie es anders
wöllen sein und den geiz und hoffart sich nit betrie-
gen lassen) feine leut, der man nit wol kan entbern.
Aber was ists alles auf eim haufen ? Keiser, könig,
fürsten, juristen, erzte - ists nit war: alle gehen sie
nur mit dem zeitlichen umb ? Alle können sie nur
allein zum zeitlichen helfen und raten. Aber ein from-
mer, treuer pfarrherr, der Gotes wort treulich für-
tregt, der hilft dir zum ewigen, das du Got lernest
erkennen, das du durch das wort und die heiligen
sacrament den Heiligen Geist entpfahest, in nöten
zu Got umb trost schreiest und durch Christum ver-
gebung deiner sünde und ewigs leben erlangest.
Wiltdu nu das bischofambt nicht für ein köstliches
werk achten, welches du selbs so hoch genießen und
andern auch dazu helfen kanst, das, ob sie gleich
arme sünder sind, sie dennoch ein gnedigen Got
haben und ewig leben solt [!] ?
Andere stend und embter, ob sie wol herrlich, nutz
und gut und von Got uns zum besten geordnet sind,
so sinds doch in dem beschwerlich, das sie am mei-
sten mit ander leut not und unlust müssen umb-
gehen. Ein jurist muß sich eines andern sachen an-
nemen, als were sie sein eigen, und ist doch nit sein
eigen. Er bedörfte seiner person halb solches zan-
kens und unrugigen wesens nicht. Desgleichen ein
arzt muß immerdar mit kranken umbgehen, ob er
gleich gesund ist und im nichts felet. Solches aber
verursachet sehr oft, das wir dest unfleißiger sind,
weil unser dienst und tun gar auf ander leut not ge-
stellt ist. Ja, es begibt sich sehr vil, da wir andern
in irer not helfen solten, bedenken wir vil mer un-
seren eigen nutz und dienen andern also, das sie zu
betlern und wir reich und große herrn werden. Dar-
umb solche embter und stende, wo man sich nit in
Gottes forcht helt, sehr fehrlich sind.
Aber ein kirchendiener, ob er wol durchaus auf
andere leut, inen zu dienen, beschiden ist, so richtet
er doch solchen dienst nimmer aus, er dienet ihm

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