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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0517
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V 1 Agendbüchlein Veit Dietrichs 1545

Als Jesus Christus unser Herr,
west, das sein zeit nun kommen wer,
das er von hin solt scheiden,
zu tisch er mit sein jüngern saß,
mit ihn das osterlemblein aß
zuletzt vor seinem leiden.
Er sprach: Ich hab herzlich begert,
mit euch, ehe ich getötet werd,
essen dis osterlamme.
Denn ich sag euch, das ich hinfür
von disem nicht mehr essen wür,
bis das Reich Gottes komme.
2.
Als er nun also mit ihn aß,
er sonderlich betrachtet, das
ir herz und glaub nicht zaget.
Setzt darumb ein das sacrament,
nam das brot mit dank in sein hend,
brachs, gab ihn das und saget:
Nembt hin, eßt! Das ist mein leichnam,
der für euch an des creuzes stam
sol dargeben werden.
Solchs tut, das ir mein denkt dabei,
das ich euer Herr und Heiland sei,
all die ir glaubt auf erden.
3.
Desselben gleichen, als nun gar
solchs abentmal volendet war,
sterkt er seine jüngern schwache
und machet ganz dis sacrament,
nam auch den kelch in seine hend
dankt, gabt ihn den und sprache:
Nembt hin, trinkt all! Das ist mein blut
des neuen testamentes gut,
welchs ich, ans creuz gehenket,
vergießen wirt für eure sünd.
Solchs tut, so oft ir davon trinkt,
das ir mein darbei gdenket.
4.
Gleich wie Gott in Egypten tet,
da er all erstgeburt ertöt
im land in einer nachte,

den könig Pharaon ertrenkt,
im Roten Meer zu grund versenkt
mit aller seiner machte.
Da setzt er ein das osterfest,
das sein volk dabei decht und west
sein große wundertaten,
durch welche sie, gefüret aus
mit starker hand aus dem diensthaus,
durchs Rot Meer trucken traten.
5.
Also auch, da Christus der Herr
durch sein blut in der taufe mer
all unser sünd versenket,
den tod gewürgt, die hell zerstört,
die handschrift, die das gwissen mört9,
mit sich ans creuz gehenket.
Das sein kirch solchs allzeit betracht,
er selb zum osterlamb sich macht
im testament und schaffte
sein leib zu essen in dem brot,
im wein zu trinken sein blut rot
durch seines wortes krafte.
6.
Wer nun dis brot nach dem befelch
ißt und trinkt von des Herren kelch,
der sol sein tod verkünden,
nemlich: das Christus, Gottes Son,
am creuz bezalt und gnug hab ton
für unser aller sünden.
Und das uns Gott nun gnedig sei,
so wir solchs glauben und dabei
uns an die tauf stark halten.
So solln wir Gottes kinder sein
und das himlisch erb nemen ein.
Das will Gott ewig walten.
7.
So prüf nun der mensch sich selb recht,
ehe er dis sacrament empfecht,
das er sein herz erkenne,
ob er in rechtem glauben steh
und in warer lieb hinzugeh
und ihn kein unbuß brenne,

9 Wohl nicht = mordet, sondern = mehrt, vermehrt.
Das Bild von der Handschrift aus Kol. 2, 14.

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