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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0527
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V 1 Agendbüchlein Veit Dietrichs 1545

Das erste ist das geringst: wie du von der Krank-
heit mogest ledig werden. gDa magst du arzt und
arznei, so von Got dem menschen zum besten ge-
schaffen, brauchen und Gott bitten, das er sein ge-
deien darzu gebe. Denn da zwinget uns die erfarung,
das wir müssen bekennen, gleich wie in vilen krank-
heiten schadet, dis oder jenes essen oder trinkenh,
also widerumb hat Gott vile früchte, würze, kreuter
und andern creatur erschaffen, die sondere kraft und
heilsame würkung in und außer dem leib haben. Der-
halb es nit allein nit unrecht, sonder auch nützlich
und gut ist, in der krankheit bei menschen rad und
hilf suchen und brauchen, doch alweg also, das man
Got für den besten und gewissesten arzt halte und
neben der arznei fürnemlich auf sein hülfe sehe und
hoffe. Das ist das erste, aber das geringest, da du
itzt solt nach gedenken.
Das ander istg , wie du von der sünd und dem zorn
Gottes mögest erlöset werden. Und mit disem stück
muß man anheben. Denn weil die krankheit durch
die sünd verursacht wirt, muß die sünd zuvor hin-
weg, sol anderst dem leib geholfen, und sonderlich
muß die sünd zuvor hinweg, so in jenem leben dem
leib und der seel sol geholfen werden. Denn die krank-
heit höret on das auf, wenn der tod kumbt. Aber die
sünd höret darumb nit auf, sintemal das gericht noch
da vorn ist.
So sag mir nun, bekennest du dich auch für einen
sünder und woltest du auch gern bedes, der krank-
heit und der sünden, entledigt sein ? Der krankheit
halb zweifelet mir nit; denn was dem leib wehe tut,
des wolt man gern geraten. Derhalb schau nur, ob
dir auch von herzen deine sünd leid sein und du gern
von denselben woltest entbunden sein! Was antwor-
test du mir ? Bekennest du dich, du seiest ein armer
sünder und habst deine lebtag wider Gott und sein
wort und dein eigen gewissen vil böses tun und zu
tun im sinn gehabt ? Ist dir solches auch von her-
zen leid, das du woltest, du hettest es nit tun, und
gedenkst es auch, wo Gott dir das leben weiter gön-
net, nit mer zu tun, sonder dich fleißiger nach Got-
tes wort und willen zu halten ?

g-g 1543 I: Das ander
h 1543 II und 1544: + das es in einer anderen
krankheit bisweilen nit schedlich ist
Fehlt vor 1545. k Fehlt 1543 I.

iWas antwortest du mir?i
Hie antwortet er: Ja.
Trost.
Wolan (R: Wie man ein kranken trösten sollk.) so
höre nun, wie ein barmherzigen Gott du habest!
Deiner sünden halb, hettest du müssen ewig ver-
dammet sein; denn unmüglich ist es allen menschen,
das sie inen selb aus dem tod helfen und zu Gottes
gnad durch ir vermögen oder gutes leben kummen
können. Derhalb hat Gott seinen eingebornen Sun,
unsern Herrn Jesum Christum lassen mensch wer-
den und am creuz für unsere sünd sterben und am
dritten tag wider auferstehen, auf das wir durch in
von unsern sünden entledigt und zur gnade Gottes
und ewigen leben kummen möchten. Wie Christus
uns selber predigt, Johannis am 3. [16]: Also hat Got
die welt geliebet, das er seinen eingebornen Sun ge-
ben hat, auf das alle, die an in glauben, nicht ver-
loren werden, sonder das ewige leben haben. Glaubst
du nun an unsern Herrn Jesum Christum, das er
umb deinetwillen mensch worden und für deine sünde
am stammen des creuz bezalet und sein leben auf-
geopfert habe ? Glaubstu solches (R: Absolutio1), so
entbinde ich dich im namen des Vaters, des Suns und
Heiligen Geistes von allen deinen sünden und zwei-
fele ja nit an dem, das ich dir jetzund an Gotes stat
zusage. Denn also mbefilhtm Christus, man sol in
seinem namen buß und vergebung der sünden pre-
digen und Johannis am20.[22f.]sagt er: ,,Nemet hin
den Heiligen Geist! Welchen ir ire sünde vergebt,
den sind sie vergeben, und welchen ir sie behaltet,
den sind sie behalten.“ Derhalb solt du durch Chri-
stum vergebung deiner sünde und das ewige leben
gewiß glauben und hoffen und nun fürtan2 deim lie-
ben Gott in seine hend frei setzen, er mache es mit
dir, wie es sein göttlicher will ist; denn obschon die
krankheit anhelt und der tod folget, so ist es doch
ferner nit mer ein sündekrankheit noch zorntod, son-
der es ist alles miteinander ein fürderung, das wir
zu dem kommen, welchs uns Christus mit seim lei-
1 Fehlt 1543 I. m-m 1543 I: spricht
2 = fürder, weiterhin.

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