V 1 Agendbüchlein Veit Dietrichs 1545
ner hande [Hiob 30,21]. Das ist doch je unserm Her-
ren Gott hart gnug zugeredt. Aher doch raffet er
sich wider auf und lobet kGottk ja so sehr, als sehr
er in vorgescholten hat. Das ist der kampf, den wir
christen müssen aushalten. Denn der Teufel lests
nit. Er will immerdar aus dem leiblichen und zeit-
lichen leiden ein ewigs machen.
Da müssen wir uns dahin gewehnen und sagen:
Mein Herr Jesus Christus lebet (da zweifelt mir nit
an) und lebt nicht allein, sonder ich hab befelh, das
ich mich solches seines lebens soll trösten, wie Pau-
lus sagt, Rom.5 [10]: So wir mit Gott versönet sind
durch den tod seines Sunes, da wir noch feinde
waren, vil mer werden wir selig werden durch sein
leben, so wir nun versönet sind. Wo nun dein herz
also stehet, so ist es je ein gewisses zeichen, das Chri-
stus den rechten grund in dir zu legen hab angefan-
gen. Kanst derhalben ein gewissen trost schöpfen,
Gott meine es nit bös mit dir, sintemal du solches
allgereit von ihm hast. Wo du aber dich solches nicht
woltest trösten lassen, so wird sonst nirgend kein
trost mer in solcher not sich finden.
Aus diesem trost nun, welchen du in dem hast,
das du weist das Got seinen Sun für dich in den tod
geben und dir geschenket hat, da solst andere und
mer argument 1anspinnen1. Nemlich zum ersten,
das dein krankheit und, das du dich lest dunken,
Got zürne mit dir, ist ein entpfindlich ding. (R: 4
A natura fidei. Der glaub muß geübet werden und
mit dem unsichtbaren umgehnm.) Der glaub aber sol
nit an dem hangen, das man entpfindet oder fület,
sonder an dem, das unentpfindlich und, wie es Pau-
lus nennet, unsichbar ist, oder wie ich oben gesagt
hab, das man gleich als durch ein spiegel und im
dunkeln wort sihet. Dazu dienen nun die heiligen
sacrament, die tauf und das nachtmal des Herrn
Christi, und der Heilig Geist, der in deinem herzen
ist und sagt: Ich glaub an Jesum Christum. Solche
wort würdestu nit sagen, es hette sie dann Gott mit
seinem finger und durch den Heiligen Geist in dein
herz hinein geschrieben.
Darumb, mein lieber bruder, lerne und tröste dich
des! Du bist doch je kein widertaufer, kein Türk,
k Vor 1545: in l-l Vor 1545: ausspirn
m Fehlt vor 1545. n Fehlt vor 1545.
o—o Vor 1545:Will p-p Vor 1545 : hat es alles in sich.
kein Jude, sonder heltest noch fest an der bekant-
nus Christi und woltest ja nit gern, das du den man
verlaugnen soltest (Hie antwortet der krank: Ja,
Herr, nit gern. Er erhalte mich nur so!) das ist doch
je ein große genad, dafür du Gott mer zu danken
schuldig bist denn, das du deiner krankheit halb dich
beschweren woltest. Dein mund bekennet Christum.
Dein herz glaubt an Christum, das er für dich be-
zalt und dein erlöser sei. Das sind doch je gewisse
zeugnus (es habe mit der krankheit ein meinung,
wie es wöll), das du ein christ seist und zum reich
Christi gehörest. Unser lieber Herr Got erhalte dich
nur in solcher zuversicht, so hat es nit not. Wie (R:
Megdilla exempeln) man von einer jungfrau sagt
Megdilla12. Da dieselbe vom Teufel angefochten
ware und sonst nichts hette, da sie mit sich weren
kont, sprach sie: Ich bin ein Christin. oDarumb wil
icho dir nit folgen. Und ist sehr wol geredt; denn
das wortp: Ich bin ein christ, fasset alles, wo mans
recht verstehtp.
Also solt du im jetzund auch tun. Wenn es alles
hin ist, das dich trösten solt (die krankheit nimbt
zu; die hilfe bleibt außen; je mehr du betest, je erger
wird es), so sprich: Ich glaub doch an Christum. Ich
bin je getauft. Das evangelion gefelt mir wol. Ich
bin den heiligen sacramenten nit feind, Christo bin
ich auch nicht feind, sonder halte ihn dafür, das er
der einige seligmacher seie. Wo du also bei solchem
glauben fest bleibst, da wird der Teufel nichts wider
dich können aufbringen. Aber da darfst du anders
nit denken. Alle seine gedanken sind dahin gerich-
tet, wie er dich aus disem schloß und festen bringe,
die da heist: an Christum glauben.
Aber du bleib darin und laß dich nit heraus brin-
gen und sprich: Ich hab doch je die wort nit selb
gemacht, sonder also entpfangen und gehört von
Christo selb, das Gott umb seintwillen uns hören
und uns wölle selig machen. Ob er nun verzeucht,
das will ich geschehen lassen; denn es ist sein weis
also. Er will sich nit einschließen und begreifen las-
sen, wie wir gern hetten. Sein wonung ist im dun-
keln [1.Kön.8,12]. So nun der Satan kombt und
will dich bereden, weil Got dich so bald nit höret,
12 = Der Name ist wohl eine Nebenform zu Mechthild,
Mathilde. Näheres darüber ist nicht bekannt.
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ner hande [Hiob 30,21]. Das ist doch je unserm Her-
ren Gott hart gnug zugeredt. Aher doch raffet er
sich wider auf und lobet kGottk ja so sehr, als sehr
er in vorgescholten hat. Das ist der kampf, den wir
christen müssen aushalten. Denn der Teufel lests
nit. Er will immerdar aus dem leiblichen und zeit-
lichen leiden ein ewigs machen.
Da müssen wir uns dahin gewehnen und sagen:
Mein Herr Jesus Christus lebet (da zweifelt mir nit
an) und lebt nicht allein, sonder ich hab befelh, das
ich mich solches seines lebens soll trösten, wie Pau-
lus sagt, Rom.5 [10]: So wir mit Gott versönet sind
durch den tod seines Sunes, da wir noch feinde
waren, vil mer werden wir selig werden durch sein
leben, so wir nun versönet sind. Wo nun dein herz
also stehet, so ist es je ein gewisses zeichen, das Chri-
stus den rechten grund in dir zu legen hab angefan-
gen. Kanst derhalben ein gewissen trost schöpfen,
Gott meine es nit bös mit dir, sintemal du solches
allgereit von ihm hast. Wo du aber dich solches nicht
woltest trösten lassen, so wird sonst nirgend kein
trost mer in solcher not sich finden.
Aus diesem trost nun, welchen du in dem hast,
das du weist das Got seinen Sun für dich in den tod
geben und dir geschenket hat, da solst andere und
mer argument 1anspinnen1. Nemlich zum ersten,
das dein krankheit und, das du dich lest dunken,
Got zürne mit dir, ist ein entpfindlich ding. (R: 4
A natura fidei. Der glaub muß geübet werden und
mit dem unsichtbaren umgehnm.) Der glaub aber sol
nit an dem hangen, das man entpfindet oder fület,
sonder an dem, das unentpfindlich und, wie es Pau-
lus nennet, unsichbar ist, oder wie ich oben gesagt
hab, das man gleich als durch ein spiegel und im
dunkeln wort sihet. Dazu dienen nun die heiligen
sacrament, die tauf und das nachtmal des Herrn
Christi, und der Heilig Geist, der in deinem herzen
ist und sagt: Ich glaub an Jesum Christum. Solche
wort würdestu nit sagen, es hette sie dann Gott mit
seinem finger und durch den Heiligen Geist in dein
herz hinein geschrieben.
Darumb, mein lieber bruder, lerne und tröste dich
des! Du bist doch je kein widertaufer, kein Türk,
k Vor 1545: in l-l Vor 1545: ausspirn
m Fehlt vor 1545. n Fehlt vor 1545.
o—o Vor 1545:Will p-p Vor 1545 : hat es alles in sich.
kein Jude, sonder heltest noch fest an der bekant-
nus Christi und woltest ja nit gern, das du den man
verlaugnen soltest (Hie antwortet der krank: Ja,
Herr, nit gern. Er erhalte mich nur so!) das ist doch
je ein große genad, dafür du Gott mer zu danken
schuldig bist denn, das du deiner krankheit halb dich
beschweren woltest. Dein mund bekennet Christum.
Dein herz glaubt an Christum, das er für dich be-
zalt und dein erlöser sei. Das sind doch je gewisse
zeugnus (es habe mit der krankheit ein meinung,
wie es wöll), das du ein christ seist und zum reich
Christi gehörest. Unser lieber Herr Got erhalte dich
nur in solcher zuversicht, so hat es nit not. Wie (R:
Megdilla exempeln) man von einer jungfrau sagt
Megdilla12. Da dieselbe vom Teufel angefochten
ware und sonst nichts hette, da sie mit sich weren
kont, sprach sie: Ich bin ein Christin. oDarumb wil
icho dir nit folgen. Und ist sehr wol geredt; denn
das wortp: Ich bin ein christ, fasset alles, wo mans
recht verstehtp.
Also solt du im jetzund auch tun. Wenn es alles
hin ist, das dich trösten solt (die krankheit nimbt
zu; die hilfe bleibt außen; je mehr du betest, je erger
wird es), so sprich: Ich glaub doch an Christum. Ich
bin je getauft. Das evangelion gefelt mir wol. Ich
bin den heiligen sacramenten nit feind, Christo bin
ich auch nicht feind, sonder halte ihn dafür, das er
der einige seligmacher seie. Wo du also bei solchem
glauben fest bleibst, da wird der Teufel nichts wider
dich können aufbringen. Aber da darfst du anders
nit denken. Alle seine gedanken sind dahin gerich-
tet, wie er dich aus disem schloß und festen bringe,
die da heist: an Christum glauben.
Aber du bleib darin und laß dich nit heraus brin-
gen und sprich: Ich hab doch je die wort nit selb
gemacht, sonder also entpfangen und gehört von
Christo selb, das Gott umb seintwillen uns hören
und uns wölle selig machen. Ob er nun verzeucht,
das will ich geschehen lassen; denn es ist sein weis
also. Er will sich nit einschließen und begreifen las-
sen, wie wir gern hetten. Sein wonung ist im dun-
keln [1.Kön.8,12]. So nun der Satan kombt und
will dich bereden, weil Got dich so bald nit höret,
12 = Der Name ist wohl eine Nebenform zu Mechthild,
Mathilde. Näheres darüber ist nicht bekannt.
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