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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0537
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V 1 Agendbüchlein Veit Dietrichs 1545

befind; denn es kompt oft, das ich bedarf, das ein
kleines kind mit mir redet. Das lest unser Herr Got
also geschehen, auf das wir uns nicht rümen von uns
selb, als weren wir stark und mechtig gnug, sonder
auf das die kraft Christi und seines worts in uns
allein gerümet werd, und muß also oft einer mit eim
wort mir helfen, der yanzusehny in seim ganzen leib
nit so vil theologia hat als ich in eim finger, auf das
ich also erfare, das mein vermögen und kunst außer-
halb Christo und seinem wort lauter nichts ist, wie
er zu Paulo auch sagt: Mein kraft ist in den schwa-
chen mechtig [2.Kor. 12,9]. Denn Gottes kraft ist
nit ein solche kraft, die mit macht umb sich schlegt
und rumort, sonder sie gehet einher in großer
schwacheit, still und geduld, das wir müssen sagen:
Herr, ich bin ein armer mensch. Es gehet mir übel.
Aber dennoch glaub ich an dich, es gehe mir, wie es
wölle. Hast du mein vergessen, so habst mein ver-
gessen! Zörnest du, so zörne! Ich will aber darumb
nicht ein unchristen sein und aufhören zu glauben,
sonder will fest an dem halten, das Christus für mich
gestorben sei. Solchs kan mir nicht fehlen, ob es
gleich sonst alles fehlet. Ursach: Accidentia non tol-
lunt substantiam. Das haubtstük,Gottes verheißung,
muß bleiben, ob es sonst alles zu drümmern gehet.
Dise erkantnus laß ein groß genad sein, das du nit
gern von Christo und seiner kirchen woltest ab-
gesondert sein. Und ob du es schon nicht fülest, das
du es doch glaubest und wünschest, das du dabei
bleiben könnest. Das, sag ich, ist ein große gab und
genad. Wo die ist, da stehets wol, es gehe gleich dem
leib wie es wölle. (R: Got wil uns unser schwacheit
zu gut halteny.) Denn Gott wurd niemand lassen,
der also glaubt, er glaub es gleich so schwechlich er
wölle. Dann er ist nicht so ein tyrann, das er einem
ein gute starke infirmitet oder schwacheit nit könde
zu gut halten, sonderlichen in solchen nöten, da wir
allein und zugleich Teufel und unser fleisch wider
uns ist. Er könd es Petro zu gut halten, das er in
dreimal verlaugnet, da er nur sein sünde erkennet
und genad begeret. Er wirds mit uns auch tun. Da
laß uns ja nit an zweifeln! Die aber laß klagen und
zweifeln, die Gottes wort verachten oder verfolgen.
Die haben je große ursach zu sorgen und sind doch,

y Fehlt vor 1545.

wie wir am bapst und seinem haufen sehen, noch auf
das allersicherst dazu. Ursach: der Teufel tut in kein
leid; denn er hat sie vor. Dich aber und andere, die
gern wolten from sein und förchten sich vor Gott
und seim urteil, die hat er noch nicht. Er wolte sie
aber auch gern haben. Womit will ers aber zu wegen
bringen ? Durch anders nichts denn, das er gedenkt,
er wölle der accidentia, zufefle oder umbstende so
vil schicken, bis er die substanz und den haubttrost
auch wegreiße.
Aber, mein lieber bruder, da gedenk und wehre
dich getröst! Denn wie der heilig Johannes sagt: Der
ist größer, der in uns ist, denn der in der welt ist
[1.Joh.4,4]. Anfechten soll er uns, der feind, und den
kampf uns saur machen. Aber er soll nit obsigen,
sonder mit schanden abziehen; denn unser glaub soll
sigen, wie Johannes sagt 1. Johann. 5 [4]: Alles, was
von Got geborn ist, uberwindet die welt, und unser
glaub ist der sige, der die welt uberwunden hat. Wer
da glaubt, das Jesus Gottes Sun sei, der uberwindet
die welt. Es zürne nun der Teufel oder die welt und
mache uns traurig, wie er will, so soll doch unser sig
bestehen, das Christus lebet, wie er selb sagt: Ich
leb und ir solt auch leben, Johan.14 [19].
Das ist nun unser trost und soll unser trost blei-
ben; denn sonst könte den Teufel und seine anfech-
tung niemand ertragen, wie wir an denen sehen, so
verzweifeln. Wir aber wissen, das wir einen Herren
haben, Jesum Christum, der mit seinem wort bei uns
ist. Den wöllen sie nicht hören, weil sie können. Dar-
nach, wenn sie sein dörfen, so können oder dörfen
sie an in nicht gedenken, und denken allein, wie sie
es fülen, und gehen damit dahin. Darumb heist er
also: Förchte Got oder hab Got vor augen und sein
wort und zweifel nicht, du gehörest in die christen-
liche kirchen als ein glid des leibes unsers lieben
Herrn Jesu Christi mit uns und wir mit dir; denn
wir sind je alle ein leib, durch das blut unsers lieben
Herrn Christi von sünden abgewaschen und durch
das wort und die heiligen sacrament zu solcher ge-
meinschaft berufen und drein eingeleibet.
An solchen trost, mein lieber bruder, halt dich fest
und mit solcher geistlichen freud, die das wort allein
dir weiset, lindere deine schmerzen und krankheit

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