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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0543
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V 1 Agendbüchlein Veit Dietrichs 1545

Im fall aber, das er auch solche andere vermanung
verachten und sich nit wolte bessern, alsdenn, sagt
Christus, solt du, der du umb solche ergernus weist,
mit denen, die zuvor dabei gewest und zeugen der
andern vermanung können sein, solchen unbußfer-
tigen sünder bei der gemein verklagen, das ist: für
den personen, so das offentliche gemeine kirchenambt
füren. Was (R: III.) sollen aber dieselben tun ? Sol-
len sie so bald den bann brauchen ? Nein, sonder
gleich wie zuvor von anderen in geheimbd ge-
schehen, sollen sie den sünder auch vermanen und
alles versuchen, ob sie in von sünden abwenden und
wider auf den rechten weg könten bringen; denn
alles miteinander ist es darumb zu tun, das den sün-
dern geholfen, dem Teufel die seele genommen und
der mensch zur buß bracht werde und dem ewigen
tod empfliehe. Wers dahin kan bringen, der hat, wie
oben gesagt, ein herrliches und edles werk tun, da
Got und alle engel frölich und guter ding uber wer-
den.
Wo aber der sünder nit ablassen und sich noch nit
wolte bessern, als dann sol der bann gehen, das man
mit namen ab offner canzel für der gemeine solchen
verstockten, ergerlichen sünder ausschließe und
jederman in für einen heiden halte, sonderlich aber,
das die kirchendiener solchem menschen das hoch-
wirdige sacrament nit geben, es sei denn, das er seine
sünde bekenne, davon ablasse und gnad begere. Da
soll man mit dem trost nit verziehen, sonder so bald
willig und fertig sein, solchen sünder wider an-
zunemen.
Denn (R: Warumb der bann gebraucht werde.)
auch solche straf mit dem bann wird von der kirch
nit darumb fürgenommen, das mans so bös mit den
leuten meine und inen das ewig leben und die gnade
Gottes nit gönne, sonder weil sie durch sünde von
der gnad wegfallen, wird der bann gleich als ein
mittel fürgenommen, das mans wider zur gnade
bringe und sie in sich selb schlagen und von sünden
ablassen sollen. Darumb spricht Paulus 2. Corint.
13 [10], solche macht sei im gegeben vom Herrn zur
besserung und nit zum verderben, und im andern
capitel [2,11] warnet er, man soll drauf sehen, das
der Satan uns nit verforteile, das ist, wie er oben selb
meldet: das man mit dem trost nit zu lang ausbleibe
und die armen sünder gar in allzu große traurigkeit

versinken; denn da geriete es dem Teufel auch nach
seim wunsch. Der fürt darumb uns menschen in
sünde, das wir vom leben in den tod kommen. Wo
nu jemand zu hart sein und mit dem trost das arme
gewissen nit wolte wider aufrichten, der gebe zum
verdammnus ursach und helfe dem Teufel zu sei-
nem fürnemen.
Ist derhalb dis die summa: ehe man den bann
brauchet, soll es zuvor mer denn einmal mit der er-
manung versuchet werden, ob man doch könte den
menschen retten und auf den rechten weg bringen,
wie Christus im gleichnus vom verlornen schaf und
groschen sagt [Luk. 15,4-10], das mans suchen muß.
Dazu helfen die prediger mit treuer vermanung und
ler in der kirchen und sollen darnach dazu helfen
alle christen, das sie nit still schweigen, wo sie et-
was ergerlichs sehen, sonder freundlich und brüder-
lich untereinander erinnern. So gehets fein zu, wie
Christus hie lehret.
Im fall aber, das etliche personen in offentlichem
ergernus weren, die noch niemand für sich selb wolte
ermanen, von sünden abzulassen und sich zu bessern,
da soll der pfarher entweder, wenn solche leut zum
sacrament begern zu gehn, oder sonst für sich selb
und seines ambts halb sie anreden und zur besserung
vermanen, nit einmal, sonder vil mal, auch das sa-
crament nit reichen, bis sie sich bessern und solches
ergernus abschaffen. Und solche weise brauchen wir
gemeiniglich in unsern kirchen, weil wirs mit den
leuten nicht können dahin bringen, das sie als chri-
sten aufeinander acht hetten und dem befelh Christi
nach ein jeder seinen bruder, der wider ihn sündiget,
strafeten.
Die (R: Niemand sol man die predig weren.) pre-
dig kan und sol man niemant wehrn noch davon aus-
schließen. Denn, weil auch der bann dazu dienen sol,
das die sünder durch solchen ernst zur buß gezogen
werden, die sonst, wo es on solchen ernst wer, in
sünden würden fortfarn, und aber das wort oder die
offentliche predig das einige mittel ist, dadurch der
Heilig Geist die herzen rüret, das die sünder ire sünd
erkennen, lassens inen leid sein und begern gnad, sol
man auch offentliche sünder von der predig nit aus-
schließen, sonder sie noch reizen und treiben, wie
man kan, das sie zur predigt sich finden und Gotes
wort hören. Aber das sacrament sol man inen nit

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