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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0544
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Nürnberg II

reichen, bis man einen rechten ernst an inen sihet,
das sie ire sünde bekennen, lassens inen leid sein und
begeren vergebung der sünden. Da sollen die kir-
chendiener unangesehen alles anders on verzug gern
und willig sie wider annemen, mit Gotes wort trösten
und für rechte christen halten, als mit denen es da-
hin ist kommen, das der Heilig Geist durchs wort
sein werk in ihnen übet, das sie als sünder nicht ster-
ben, sonder sich bekeren und durch Christum leben
sollen.
Das Christus spricht: Höret er die gemein nicht,
so halt ihn als ein heiden, ist anderst nichts, denn
das ein jeder christ sol gewiß sein, solche leut, ob
sie schon getaufet und durch die tauf in Gottes reich
sind kommen, weil sie also in sünden liegen, davon
nit ablassen und sich nicht bessern wöllen, das sie
wider aus der gnad gefallen und ins Teufels reich
sind und an unsers Herren Gottes ewigem reich kei-
nen teil haben. Wie Paulus etlich mal schreibet, das
weder hurer noch abgöttisch noch ehebrecher noch
diebe noch die geizigen noch die trunkenen noch die
lesterer noch die rauber Gottes reich ererben wer-
den [1.Kor.6,9; Gal.5,18ff.].
Darumb ist es ein seer großes ding umb den bann
und soll ein jeder mensch dafür sich hüten; denn be-
schlossen ist es, was hie auf erden dermaßen gebun-
den wird, das soll auch im himel gebunden sein. Will
(R: Mit dem bann soll man nicht eilen, noch leicht-
fertig mit umgehen) derhalb hoch von nöten sein,
das die kirchendiener nitf zu schwind faren,fson-
dern ihnen wolg der weile nemen; denn den himel
sperren, wie es Paulus heißet [1.Kor.5,5; 1.Tim.
1,20]: einen menschen dem Teufel geben und aus
Gotes reich ausstoßen, ist ein trefflich, hohes und
großes ding, da man nit geschwind noch liderlicher
ursach halb mit heraus soll. Darumb denn Christus
so treulich befilhet, man soll die sünder ja vor oft
und vil mit sonderm ernst und auf das treulichest
vermanen und auf alle weg mit inen das versuchen,
ob mans erretten und für solcher schwerer pein be-
waren könte. Und es ist je war, so wehe es dem vater
kan tun, das er seinen son dem henker solt an den

f—f 1544: zu gach sein g 1544: + sollen
h-h 1544: verzagt.
4 Gedacht ist vor allem an die Bestimmungen der

strick geben, so wehe solt es einem kirchendiener
tun, wenn er jemand ambts halb bannen sol; denn
es heist je nichts denn den himel sperren und den
unbußfertigen menschen dem Teufel geben. Darumb
soll man solchen ernst nit ehe brauchen, denn es sei
auf das letzte kommen, das kein hoffnung einer bes-
serung mer vorhanden sei.
Paulus ist uber die maßen heftig in der ersten epi-
stel zun Corinthern [5] des ergerlichen fals halb, das
einer zu Corintho sein stifmuter hette zum weib ge-
nommen und gedachte sie nit von sich zu lassen.
Darumb, weil das ergernus so groß und die fahr
beder person so heftig war, muste Paulus solchen
ernst brauchen, erstlich der andern halb, das sie für
dergleichen ergernus sich hüteten. Darnach (R: Wie
Paulus bannet und warumb) der stiefmuter und irs
stiefsuns halb; denn da wars gewiß, wo sie also be-
harret hetten, das sie beide weren zum Teufel ge-
faren und heten ewig müssen verdambt sein. Und
war ferner kein mittel, inen zu helfen denn, das ers
aus der kirchen ausschlüße und sie dem Teufel gebe.
Es war aber noch bei solchem mittel zu hoffen, sie
würden sich dafür entsetzen und von der greulichen
sünd abstehn, wie Paulus sagt [5,3 ff.]: Ich hab schon
beschlossen als gegenwertig uber den, der solches ge-
tan hat, in dem namen unsers Herren Jesu Christi,
in einer versamlung mit meinem geist und mit der
kraft unsers Herrn Jesu Christi, in zu ubergeben dem
Satan zum verderben des fleisches, auf das der geist
selig werde am tage des Herrn Jesu. Das also dis die
höchste ursach ist, den bann zu brauchen, weil sonst
kein warnung oder vermanung helfen will, das auf
dise weise, die die scherpfest ist, die leut zur buß
gedrungen werden. Wenn dasselbe ausgerichtet ist,
so hat der bann das seine getan und sol ferner folgen
das man one hverzugh widerumb durch die absolu-
tion und gemeinschaft des leibes und bluts Christi
im nachtmal solche gebundene sünde entbinde oder
auflöse.
Man (R: Wie man vor zeiten mit dem bann umb-
gangen) sihet in den canonibus der alten concilien4,
das sie mit dem bann seer gering und schwind sind
Synode von Elvira in Spanien (um 306). Sie bezogen
sich zwar nicht auf geringe Vergehen, waren aber
von außerordentlicher Härte und gaben vielfach
überhaupt nicht die Möglichkeit der Wiederaufnahme

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