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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0557
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V 1 Agendbüchlein Veit Dietrichs 1545

umb bitten lernen. Und ligt nicht dran, ob ein pfarr-
herr das sontagevangelion auslest und auf bestimbte
sontag dise historien handlet, die in alle weg in der
christenlichen kirchen sollen behalten werden, ob
man gleich die feirtag nit heltc.
XX.a
Die fürnembsten stück christlicher leer,
in welchen die kirchendiener sonderlich
wol sollen unterrichtet sein.
Christus spricht Luce am letzten[46f.]: „Also ists
geschriben und also muste Christus leiden und auf-
erstehn von den toten am dritten tag und predigen
lassen in seinem namen buße und vergebung der
sünden unter allen völkern etc.“ (R: 1. Summa doc-
trinae christianae.). Diser spruch zeiget klar, das
alle lehr in der christlichen kirchen in disen zweien
stücken gehn soll, die der Herr selb nennet: buß und
vergebung der sünden. Darumb ist von nöten, das die,
so andern im wort fürgehen sollen, dise zwei stuck
recht und gründlich versteen und nicht allein die
sprüch, sonder auch die exempel der heiligen schrift,
so auf dise zwei stuck sich reimen, mit fleiß merken
und oft in den predigten füren.
bDas (R: 2. Poenitentia quid.) wort buß heist an-
derst nichts, denn das ein mensch erkennet, was er
unrecht, das ist: wider Gottes wort und sein gewis-
sen ton hat, lests im herzlich leid sein und wolte, er
hets nit tun, hat auch den fürsatz, er wölle es nicht
mer tun. Weil aber solches noch nit gnug ist, sonder
es gehört dazu, das man auch glaube, Gott wölle
durch Christum gnedig sein und sünd vergeben, der-
halb brauchet man das wort buß für die ganze be-
kerung des menschen, die da stehet in dem, das man
sünde erkennet und glaubet vergebung der sünden
durch Christum. Wo nunb erkentnus der sünde und
der glaub an Christum Jesum als unsern sünden-
treger ist, da ist ein rechtschaffne und ganze buß;
dann die sünd allein erkennen und sich des Herrn
a 1543 I: 17; 1543 II: 18.
b-b 1543 I: Nun heist das wortlein buß anders nichts
in der schrift denn, das der mensch sich zu Gott
bekeret. Solches aber geschicht also, das der
mensch erstlich seine sünde erkenne, reu und leid
druber habe (welche auch buß genennet wird) und
darnach glaube der zusagung, die wir von Christo

Christi und seines opfers nit trösten, ist ein unvol-
kummene buß wie Cains1, Sauls2, Judas3 buß. Das
ist aber ein ganze und selige buß, das Petrus4, Pau-
lus5, Magdalena6 ire sünd erkennen und lassen sich
den Herren Christum trösten und hoffen, Gott
werde umb seintwillen gnedig sein, sintemal er ire
sünd als ein mitler auf sich genommen und dafür
gnug tun hat.
Auf das aber die leut ihre sünd erkennen und reu
und leid druber haben, dazu darf man die predig des
gesetz; denn das gesetz leret uns, was Got fordert
und haben will (R: 3.Lex et legis usus.). Weil aber
alle menschen bekennen müssen (R: I.Lex terret.),
sie haben es nicht tun und sei auch in irem herzen
nicht, das sie allenthalb mit lust und willen das ge-
setz könten tun, da folget, das man sich für Got
förchten und entsetzen, die sünd erkennen und der
straf gewarten muß, welche das gesetz droet, nem-
lich den ewigen tod. Derhalb gleich wie man vor in
sünden sicher und zu sünden lüstig gewest, also wird
man jetz der sünden halb engstig und wölt, man hets
nie getun, sintemal wir darumb solcher greulichen
strafen gewarten müssen, wie man an David sihet,
da der prophet Nathan ihn seiner sünde erinnert
[2. Sam.2,1-14]. Da stund es gar anderst in seinem
herzen denn, da er mit den anschlegen umbgienge,
wie er Uriam wegschaffete und sein weib uberkeme.
Solche exempel weisen, wie die sprüch Pauli zu ver-
stehen sind: ,,Durch das gesetz erkennet man die
sünd“ [Röm.7,7]; item: „Das gesetz richtetzornan“
[Röm. 4,15].
Nun sihet man aber (R: II.Lex cohercet malos.)
das solche herzliche erkantnus der sünde, solche reu
und leid nit bei allen sündern folget. Derhalb soll
man wissen, das umb derselben unbußfertigen willen
das gesetz auch muß getriben sein, auf das sie doch
die offenlichen ergernussen nachlassen und sich in
eußerlicher zucht halten, wie Paulus sagt: ,,Das ge-
setz ist den ungerechten geben“ [1.Tim.1,9].
Zum dritten (R: III. Lex docet veram obedien-
haben, das er sei das lamb Gottes, welchs der welt
sünde weg neme. Wo also
1 1. Mos. 4, 14ff. 2 1. Sam. 15, 24-29.
3 Matth. 27, 1-10. 4 Luk. 22, 62.
5 Ap. G. 91-19. 6 Luk 7, 36-40.

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