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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0560
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Nürnberg II

so gewaltig redet: Wer glaubt und getauft wird, wird
selig [Mark. 16,16]. Wer an mich glaubt, wird den
tod nit sehen ewiglich [Joh.8,51]. Rom.3 [28]: Wir
halten, das der mensch gerecht werde on des gesetzes
werk durch den glauben. item: Die gerechtigkeit die
für Gott gilt, ist offenbaret on zutun des gesetzes
etc. Ich sage aber von solcher gerechtigkeit für Gott,
die da kumbt durch den glauben an Jesum Christ
zu allen und auf alle, die da glauben etc.[Röm.3,21].
An solchen und dergleichen sprüchen sol er fest hal-
ten und darnach die papisten antworten lassen, wie
sie es glosirn wöllen, das sie die werk neben den glau-
ben, zur gerechtigkeit dienstlich setzen, so doch in
solchen sprüchen von werken nichts gemeldet ist.
Denn das haben wir nie geleugnet, das man nit gute
werk tun sol, leugnen auch das nit, das gute werk
Gott gefallen (wie hernach folgen wird) und das Gott
dieselben belonen werde auch in jenem leben, wie
Matthei am 25.[34ff.] stehet. Das aber leugnen wir,
das solche werk volkommen sein und uns für Gott
gerecht machen; denn da gehören allein die werk
Christi zu. Wer aber menschenwerk dazu will set-
zen, der gleichet solche menschenwerk und -verdienst
den werken und verdienst Christi. Das ist je ein un-
leidliche gotteslesterung. Bei solcher antwort mögen
es die ungeübten pfarrhern bleiben lassen. Denn es
sol, Got lob, kein papist so gelert imer sein, der es
könne umbstoßen. Wie man aber auf ein jeden
sprüch in sonderheit antworten sol, ist hie zu lang
und man findets fein in locis communibus d. Philippi
Melanthonis* * 7 et in praefatione commentario ad Ro-
manos8.
Das ist nun die lehr unsers christlichen glaubens,
wie man sol zu eim christen werden und zu ver-
gebung der sünden kommen, nemlich durch buß und
den glauben an Christum. Die buß tut nit mer denn,
f-f Vor 1545:, welches die heiligen nit können.
g-g (Schluß auf S. 545). Fehlt 1543 I und II.
7 Melanchthons großes theologisches Hauptwerk, das
1533 in 2. und 1543 in 3. jeweils vermehrter und
überarbeiteter Auflage erschienen war (2. Ausgabe:
CR 21, 331-560; 3. Ausgabe: CR 21, 561-1106).
8 1532 erschienen, 1540 in erweiterter Form heraus-
gegeben. (CR 15,493-796). Die Einleitung der
2. Auflage gab Veit Dietrich 1541 in deutscher Über-
setzung heraus unter dem Titel: ,,Ein gewisser und
klarer Unterricht von der Gerechtigkeit, die vor Gott
gilt“ (Klaus, Dietrich 16. 189).

das wir uns für Gott unser sünd halb demütigen. Der
glaub aber bittet umb gnad und tröstet sich Gottes
barmherzigkeit durch Christum.
Und hie findet sich auch das uberaus nötig christ-
lich werk, das gebet (R 9.De oratione.), zu welchem
dise zwei stuck gehören: das man bitte im namen
Christi und glaube, das Gott umb seines Sons willen
uns erhören und das geben werd, das zu seel und leib
uns nützet und gut ist, wie wir denn herrliche ver-
heißung haben: Was ir den Vater in meinem namen
bittet, das wird er euch geben [Joh.16,23].
Da erfordert es nit allein die ehr unsers lieben Her-
ren Christi und sein befelh, sonder auch unser not-
turft und wolfart, das man jederman treulich warne
für der papisten abgötterei, die da ist in anrufung
der heiligen (R: Sanctos non esse invocandos). Denn
Christus heist uns nit im namen Marie, Petri, Pauli,
sonder in seinem namen beten. Wer aber die heiligen
anrufet, der misset ihn durch solches anrufen die ge-
walt zu, die allein Gott gehöret. Denn Gott ists allein,
der unser herzen erkennen, unser stimrn hören und
in allen nöten helfen kan. fDie heiligen könnens nitf;
denn sie sind nit allmechtig, sie sind nit unser schöp-
fer, sonder ein creatur Gottes wie wir. Darumb, wer
sie ehren will, der rufe sie nit an - denn damit wird
Gott geunehret -, sonder er rüme und preise iren
glauben und gute werk, das ist: die gnad, die Gott
an inen getun hat, und bitte Got, das er im auch
solche gnad des glaubens und der liebe geben wölle.
Solches heist die heiligen dermaßen ehren, das Gott
in seinen heiligen geehret würd und nit die heiligen
außer und one Gott.
Auf solche lehr weiter folgen der unterricht von
eim christlichen leben oder guten werken. gAber
ee wir auf solche lehr kommen, wöllen wir vor ein
wenig melden von der predestinatio9 oder fürsehung
9 Der unmittelbare Anlaß zur Einfügung dieses Ab-
schnittes (g-g) seit der Ausgabe von 1544 ist un-
bekannt. Calvins Institutio trug die Gedanken der
Praedestination schon in der Ausgabe von 1539 aus-
führlich vor. Noch schärfer arbeitete er sie dann frei-
lich in seiner 1543 erschienenen Abwehrschrift gegen
den katholischen Theologen Albert Pighius (Defen-
sio sanae et orthodoxae doctrinae de servitute et libe-
ratione humani arbitrii; CR 34, 225—404) heraus.
Irgendwie muß also doch dieses Buch Grund zur
Einfügung dieses Abschnittes gewesen sein.

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