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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0573
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V 2 Vermahnung und Unterricht 1558

ine, den pfarherr, zu kummen und das heilig sacra-
ment zu nemen und zu empfahen begern und der
pfarrherr gewißlich wüste, das der oder dieselben
weder gemainer noch sonderlicher absolution begert
oder empfangen, dem- oder denselben, dieweil der
pfarrherr von inen kein erkantnus oder puß irer sün-
den gehört oder vernommen, solt der pfarrherr das
sacrament zu raichen nicht schuldig sein, sonder die-
selben zuvor zu obberürter erzeigung und unterrich-
tung weisen etc.
Es solt auch der pfarrherr hierüber sein vleißig
aufachtung haben, ob sich jemand in solchem un-
gehorsamlich erzaigen oder, do er sonst noch mehr
personen erfaren würde, die nicht allein zum hei-
ligen sacrament nicht giengen, sonder von demselben
gar nichts halten wolten, das alsdann er, der pfarr-
herr, dieselben in sonderheit und einzelig beschicken
und bei denen nochmaln mit bester beschaidenheit
allen möglichen vleiß fürwenden, damit dieselben
von solchem irem gottlosen leben und wesen abstün-
den und sich wie andere christenleut erzaigten. Do
sich dann uber solch sein, des pfarrherrs, gütlich er-
manen und unterrichten ihr einer oder mer unter-
stehen würde, von solchem seinem gottlosen leben
und wesen nit abzustehen, so solte er, der pfarrherr,
solche gottlose leut mit namen aigentlich verzeich-
nen, volgends dieselben einem erbarn rate, damit
gegen solchen ungeschickten personen die notturft
gehandelt werden mög, zustellen.
Als sich auch in dieser pfarr allerlei unordnung
mit der kindertauf zutragen in dem, das die jungen
kindle, so in dieser pfarr geborn, an andere ort zu
taufen getragen und der pfarrherr von den kinds-
vätern vor der tauf nicht ersucht noch im dieselb
angesagt würdet, damit er die kinder irer empfangen
tauf halben ordenlich und, wie sich gepürt, einschrei-
ben könt, das auch zu solcher tauf etwa ungeschickte,
gottlose personen, die weder vom wort Gottes und
dem heiligen sacrament nichts halten, zu paten oder
tauftoden gebeten und erfordert werden; item, das
zur zeit, so die kindle zur tauf getragen, etwa uber
drei oder vier weibspersonen zur tauf nicht mitgehen
und die andern weiber mitlerweil anheims und in
3 = zunächst gleich gesetzlich gültig, echt, dann über
die gebräuchliche Verbindung von „eehafte not“ -
Not (schmeller 1, 6ff.).

wirtsheusern beim wein sitzen bleiben etc. Dasselbig
aber auch in bessere ordnung zu richten, so ist eins
erbarn rats ernstliche mainung, gepieten auch hie-
mit, daß hinfüro alle und jede eins erbarn rats unter-
tanen ire kindlein, in dieser pfarr durch den hierzu
verordenten pfarrherrn taufen und dieselben sonst
an andere ort (es weren dann sondere eehaft3 ver-
handen) zu taufen nicht tragen lassen, auch der
kindsvater neben des kinds gebeten paten oder toden
pflichtig sein, solche begerte tauf, dem pfarrherr da-
vor anzusagen, damit der pfarherr solche tauf in sein
hierzu geordnet buch ordenlich einschreiben möge,
das auch die weiber, so zur kindtauf gebeten werden
(wo sie anderst leibs halb zu gehen vermügenlich) bei
eins erbarn rats hievor ausgangen verpot4 alle mit
zur tauf in die kirchen gehen und neben dem pfarr-
herr Got den allmechtigen helfen bitten, damit das
kindle zu Gottes lob, ehr und forcht etc. auferzogen
werde, und mittler weil bei den kindpetterin on son-
dere eehafte ursach im haus oder im wirtshaus beim
wein gar nit sitzen sollen.
So dann ein kindsvater zu seins kinds tauf einen
zu eim gefattern gepeten und erfordert hette und
derselb ein solcher gottloser mensch were, der weder
von Gottes wort oder dem heiligen sacrament nichts
hielte und das desselben gottlos leben und wesen in
der ganzen pfarr offenbar, auch dem pfarrherr gut
wissend were, so solt derselb seins gotlosen wesens
und lebens halb zu solcher gefatterschaft nicht zu-
gelassen, sonder so lang, bis sich derselb zu einem
gottseligen leben richtet, abgewiesen werden etc.
Im fall aber, daß ein solche person eins gottlosen
lebens und wesens berüchtigt und doch dieselb be-
zichtigung bei ihm, dem pfarrherr, oder in seiner
pfarrgemain nicht so gar offenbar were etc., densel-
ben rnöcht der pfarrherr zu eim tauftoden zulassen
und das erstmal nicht abweisen, doch denselben hi-
nach allein beschicken und ime, weß er seins lebens
und wesens halb berüchtigt, anzaigen und dabei treu-
lichen ermanen, solchem seinem unwesen abzuste-
hen. Dann, wo nicht und derselb in seinem gottlosen
leben verharren, auch er, der pfarrherr, des hierüber
gewißlich bericht werden, so solt der pfarrherr den-
4 nicht erhalten.

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