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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0575
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V 3. Mandat wider die Hurerei
[12. Nov. 1582 a]

Nachdem ein erbarn rateb bishero statlich an-
gelangt, wie es dann die öffentliche erfarung bezeu-
get, daß ungeacht vilfeltiger strafen und warnun-
gen, so die herrn cpredicantenc teglich aus Gottes
wort ihrem pfarrvolk und zuhörern verkündigen,
dannoch das unchristliche, sündliche laster der un-
zucht, hin und widerd nicht wenig einreist der ge-
stalt, daß sich auch etliche derjenigen, welche zum
stand der heiligen ehe greifen und sich miteinander
ehelich verloben, zuvor und ehe sie christlicher ord-
nung gemeß offentlich zu kirchen und straßen gehen
und sich vor dem angesicht der christlichen gemein
einlaiten lassen, miteinander verbotner weis leiblich
vermischen, also das zu vil maln die breut geschwen-
gert und entweder vor oder unlangs nach gehaltener
hochzeit zu meniglichs ergerung ins kindbett kom-
men.
Damit nun solche ergernus und sündhchs unzüch-
tigs leben, dardurch der zorn Gottes je lenger je mehr
verursacht und erregt wirdt, gebürlich gestraft und
künftiglich dem heiligen ehstand zu ehren desto mehr
vermitten1 bleiben möge, also haben ein erbar rat
zu Nürmberg nachfolgende verordnung von ampts
und oberkeit wegen fürgenommen und öffentlich ver-
kündigen zu lassen befolhen nemlich:
Wann sich hinfüroe mehr zutragen würdet, das
zwai eheverlobte fhie in der stattf sich vor irern ehe-
lichen kirchgang und öffentlicher einlaitung mitein-

Das Mandat ist in doppelter Ausfertigung erschie-
nen - für die Stadt und für das Land. Im Folgenden
wird das Mandat für die Stadt abgedruckt, wobei die
sachlichen Unterschiede des Mandates für das Land
(= L) in den Fußnoten vermerkt werden.
Druckvorlage des Mandates für die Stadt: Original
(Druck auf Papier, Querfolio, 1 Blatt, Rückseite un-
bedruckt; NStA Nürnberger Mandatenbände, Band E
(Nr. 3104) f. 62f.); des Mandates für das Land: Ori-
ginal (wie oben f. 63 vf.).
a Eine Überschrift trägt keine der beiden Ausgaben.
b L: + zu Nürnberg c L: pfarrer
d L: + auf dem lande irer erbarkeiten gebiets
e L: + in irer erbarkeiten oberkeit und gebiet
f-f Fehlt in L. g L: + vor der hochzeit
h—h L: eheleuten
i-i L: auf bloßem haubt und also ein jedes mit einem

ander vermischen und solches irenthalbeng rucht-
bar würdet, so soll denselben beiden heheverlübtenh
nicht gestatt noch zugelassen sein, an irem ehelichen
kirchgang und hochzeittag mit bloßem geschmuck-
ten haubt und darauf tragendem ehrenkranz zu kir-
chen und straßen zu gehen, sondern die braut soll
geschlairt und der breutigam isonst mit bedecktem
haubt und one einigen kranz, es sei aufm haubt oder
am arm, zu kirchen geheni
kUnd damit solche eheverlobte personen irer ver-
brechung halben desto mehr ruchtbar und bekant
werden, so sollen dieselben mit haltung ires hoch-
zeitlichen kirchgangs weiter nicht mehr zu frümeß2,
sondern jedesmals allein zu dem gewönlichen tag-
ampt zugelassen werdenk.
Es soll auch solchen 1 verbrechenden personen1 zu
und auf irem hochzeitlichen ehrntag alle tänz und
freudenspiel, wie dieselben genennt werden mögen,
zu gebrauchen, hiemit austruckenlich verboten, auch
ihnen, mehr nicht dann nur ein malzeit und darzu
nur ein tisch mit hochzeitgesten zu halten, zugelas-
sein sein, bei straf, so darwider gehandelt würdet,
zehen gülden3.
Und wann eine solche hochzeit fürüber ist, sollen
über das alles gedachte bede eheleut von oberkeit
wegen erfordert und angereckter ihrer ergerlichen
verbrechung halben der gewesen breutigam vierze-
hen tag mit wasser und brot auf ein versperrten turn,
ströen kranz gezieret und die braut den irigen
aufm schlair zu tragen angehalten werden.
k—k Fehlt in L. 1 L: eheverlobten
1 = vermieden (Schmeller 1, 1570).
2 Die Frühmesse begann zu verschiedener Tageszeit:
im Hochsommer ½ Stunde nach Tagesanbruch (um
½ 5 Uhr), imWinter schon 1 ½ Stunden vor Tages-
anbruch (um ½ 7 Uhr), also noch bei völliger Dun-
kelheit (Siebenkees Joh. Chn., Nachrichten von
den nürnbergischen Armenschulen. Nürnberg 1793.
20). Das Tagamt folgte erst nach der sich an die
Frühmesse anschließende Predigt (vgl. S. 46 Anm. 2
und 50 Anm. 36!).
3 Die Kaufkraft eines Guldens im Jahre 1582 kann der
von 100 DM im Jahre 1959 gleichgesetzt werden (vgl.
S. 31 Anm. 20, besonders die Tabelle bei Mader!).

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