Der erneute Durchbruch und Sieg des Evangeliums in Rothenburg ist das Werh einer klar evan-
gelischen Persönlichkeit, die klug den Zusammenbruch des Katholizismus zu nützen verstand. Das war
der Ratsherr und Bürgermeister Johannes Hornburg6. Er hatte 1519 als Leipziger Student an Luthers
Disputation mit Eck teilgenommen und war dabei für Luther gewonnen worden. Der Deutsche Orden,
in dessen Hand das ganze Kirchenwesen in Rothenburg lag, konnte jetzt nicht mehr die nötigen alt-
gläubigen Kräfte bekommen. So konnten 1538 an Palmsonntag, Gründonnerstag und Ostersonntag keine
Frühmessen gelesen werden. Die Stadt, in der inzwischen die evangelische Bewegung stark zugenommen
hatte, begann daher 1510 die Einkünfte der unbesetzten Stellen einzuziehen. 1542 konnte sie auf die ihrem
Patronatsrecht unterstehende Spitalpfarrei den durchaus evangelischen Heinrich Renner bringen. Gleich-
zeitig begann auch Kaspar Prechtel, der in Dietenhofen schon wohl über ein Vierteljahrhundert evan-
gelisch gewirkt hatte, an der Franziskanerkirche evangelische Predigten7. Als der Orden gar im Jahre
1544 die schon im Vorjahre frei gewordene Predigerstelle nicht mehr besetzen konnte, übernahm die Stadt
selbst die kirchliche Leitung. Sie erklärt sich am 26. Februar 1544 für evangelisch. Zur Ausführung
ihrer Pläne lieh sie sich von Nürnberg den Prediger Venatorius8. Am 23. März hielt er seit dem Bauern-
krieg wieder die erste evangelische Predigt in der Jakobskirche. Im Oktober kam Siegmund Staudacher
als Pfarrer. Ein Jahr später, am 24. Oktober 1545, wurden die bisher noch in der Jakobskirche ab-
gehaltenen katholischen Gottesdienste verboten. Die Katholiken blieben jetzt auf die Johanniskirche be-
schränkt9.
Grundlage der Neugestaltung bildete die brandenburgische Kirchenordnung von 153310. Demgemäß
wurden auch Katechismuspredigten für die Jugend eingeführt. Anfangs beteiligte sich die Stadt wie Ans-
bach und Nürnberg an den Verhandlungen des Schmalkaldischen Bundes. Dann kehrte sie sich wie diese
davon ab. Staudacher starb schon 1546. Sein Nachfolger wurde mit der Amtsbezeichnung Superinten-
dent Oswald Ruland aus Deggendorf.
Dem Interim wurde zunächst harter Widerstand entgegengesetzt. Schließlich mußte aber doch die
Jakobskirche dem Deutschorden wieder für katholische Gottesdienste überlassen werden. Sonst aber wur-
den die evangelischen Predigten weiter abgehalten. Auf dem Lande wurde zumal wegen der Vermischung
mit brandenburgischen Rechten und Untertanen das brandenburgische Auctuarium übernommen11.
Bald nach dem Passauer Vertrag begann Rothenburg aber dieses Joch wieder abzuschütteln. 1553
wurde der katholische Gottesdienst in der Jakobskirche abgestellt. Der Johanniterorden wurde auf Haus-
gottesdienste beschränkt. Nachdem im Februar der schon im Vorjahr abgezogene Superintendent Ruland
durch Balthasar Schelchius aus Coburg ersetzt war, konnte am 13. Mcii 1554, am Gründonnerstag, der
Rat die Jakobskirche wieder in Besitz nehmen. Schelchius verfaßte 1555 eine Kirchenordnung, die aber
nicht zum Druck kam und verlorenging12.
Am 27. August 1556 kam der entscheidende Vertrag mit dem Deutschorden zustande15. In ihm über-
nahm die Stadt mit dem Hauptteil seines Einkommens auch die pfarrlichen Aufgaben des Deutsch-
ordens. Das Rothenburger Deutschordenshaus blieb eine reine Verwaltungsstelle, bis es 1672 völlig ver-
schuldet an die Stadt verkauft wurde14.
6 * um 1500, † 1571. -Wiederholt Bürgermeister (Schattenmann 87ff. 122. 153. - H.Weißbecker, Rothen-
burg - seine Altertümer und Inschriften. Rothenburg 1882. 20. 70. - Th. Kolde, Zur Reformationsgeschichte
von Rothenburg, in: BbKG 3 [1897] 171ff.). 7 Dannheimer Nr. 380. — Die Linde 33 (1951) 21ff.
8 * Kornburg um 1488. — (1519) Kornburg Frühmesser, 1522 Nürnberg Spitalprediger,1533 Prediger an der Jakobs-
kirche - † 1551 (Kolde, in: RE 20, 489ff.). - Die Linde 34 (1952) 89-92. 9 Schattenmann 87-103.
10 Dabei wird angesichts der Tatsache, daß später (unsere Nr. VI 1 S. 578) mit dieser tatsächlich das Agendbüchlein
Veit Dietrichs gemeint war, und da die ersten evangelischen Prediger aus dessen Geltungsbereich kamen, die Frage
erlaubt sein, ob nicht auch jetzt schon letzteres gemeint war.
11 Schattenmann 110. 12 Schattenmann 112-116. 13 Abgedruckt: Schattenmann 177f.
14 W. Sylge, Die Deutschordenskomturei Rothenburg o. d. T. in den Zeitaltern der Reformation, der Gegenrefor-
mation... bis zu ihrer Auflösung. Augsburg 1951.
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gelischen Persönlichkeit, die klug den Zusammenbruch des Katholizismus zu nützen verstand. Das war
der Ratsherr und Bürgermeister Johannes Hornburg6. Er hatte 1519 als Leipziger Student an Luthers
Disputation mit Eck teilgenommen und war dabei für Luther gewonnen worden. Der Deutsche Orden,
in dessen Hand das ganze Kirchenwesen in Rothenburg lag, konnte jetzt nicht mehr die nötigen alt-
gläubigen Kräfte bekommen. So konnten 1538 an Palmsonntag, Gründonnerstag und Ostersonntag keine
Frühmessen gelesen werden. Die Stadt, in der inzwischen die evangelische Bewegung stark zugenommen
hatte, begann daher 1510 die Einkünfte der unbesetzten Stellen einzuziehen. 1542 konnte sie auf die ihrem
Patronatsrecht unterstehende Spitalpfarrei den durchaus evangelischen Heinrich Renner bringen. Gleich-
zeitig begann auch Kaspar Prechtel, der in Dietenhofen schon wohl über ein Vierteljahrhundert evan-
gelisch gewirkt hatte, an der Franziskanerkirche evangelische Predigten7. Als der Orden gar im Jahre
1544 die schon im Vorjahre frei gewordene Predigerstelle nicht mehr besetzen konnte, übernahm die Stadt
selbst die kirchliche Leitung. Sie erklärt sich am 26. Februar 1544 für evangelisch. Zur Ausführung
ihrer Pläne lieh sie sich von Nürnberg den Prediger Venatorius8. Am 23. März hielt er seit dem Bauern-
krieg wieder die erste evangelische Predigt in der Jakobskirche. Im Oktober kam Siegmund Staudacher
als Pfarrer. Ein Jahr später, am 24. Oktober 1545, wurden die bisher noch in der Jakobskirche ab-
gehaltenen katholischen Gottesdienste verboten. Die Katholiken blieben jetzt auf die Johanniskirche be-
schränkt9.
Grundlage der Neugestaltung bildete die brandenburgische Kirchenordnung von 153310. Demgemäß
wurden auch Katechismuspredigten für die Jugend eingeführt. Anfangs beteiligte sich die Stadt wie Ans-
bach und Nürnberg an den Verhandlungen des Schmalkaldischen Bundes. Dann kehrte sie sich wie diese
davon ab. Staudacher starb schon 1546. Sein Nachfolger wurde mit der Amtsbezeichnung Superinten-
dent Oswald Ruland aus Deggendorf.
Dem Interim wurde zunächst harter Widerstand entgegengesetzt. Schließlich mußte aber doch die
Jakobskirche dem Deutschorden wieder für katholische Gottesdienste überlassen werden. Sonst aber wur-
den die evangelischen Predigten weiter abgehalten. Auf dem Lande wurde zumal wegen der Vermischung
mit brandenburgischen Rechten und Untertanen das brandenburgische Auctuarium übernommen11.
Bald nach dem Passauer Vertrag begann Rothenburg aber dieses Joch wieder abzuschütteln. 1553
wurde der katholische Gottesdienst in der Jakobskirche abgestellt. Der Johanniterorden wurde auf Haus-
gottesdienste beschränkt. Nachdem im Februar der schon im Vorjahr abgezogene Superintendent Ruland
durch Balthasar Schelchius aus Coburg ersetzt war, konnte am 13. Mcii 1554, am Gründonnerstag, der
Rat die Jakobskirche wieder in Besitz nehmen. Schelchius verfaßte 1555 eine Kirchenordnung, die aber
nicht zum Druck kam und verlorenging12.
Am 27. August 1556 kam der entscheidende Vertrag mit dem Deutschorden zustande15. In ihm über-
nahm die Stadt mit dem Hauptteil seines Einkommens auch die pfarrlichen Aufgaben des Deutsch-
ordens. Das Rothenburger Deutschordenshaus blieb eine reine Verwaltungsstelle, bis es 1672 völlig ver-
schuldet an die Stadt verkauft wurde14.
6 * um 1500, † 1571. -Wiederholt Bürgermeister (Schattenmann 87ff. 122. 153. - H.Weißbecker, Rothen-
burg - seine Altertümer und Inschriften. Rothenburg 1882. 20. 70. - Th. Kolde, Zur Reformationsgeschichte
von Rothenburg, in: BbKG 3 [1897] 171ff.). 7 Dannheimer Nr. 380. — Die Linde 33 (1951) 21ff.
8 * Kornburg um 1488. — (1519) Kornburg Frühmesser, 1522 Nürnberg Spitalprediger,1533 Prediger an der Jakobs-
kirche - † 1551 (Kolde, in: RE 20, 489ff.). - Die Linde 34 (1952) 89-92. 9 Schattenmann 87-103.
10 Dabei wird angesichts der Tatsache, daß später (unsere Nr. VI 1 S. 578) mit dieser tatsächlich das Agendbüchlein
Veit Dietrichs gemeint war, und da die ersten evangelischen Prediger aus dessen Geltungsbereich kamen, die Frage
erlaubt sein, ob nicht auch jetzt schon letzteres gemeint war.
11 Schattenmann 110. 12 Schattenmann 112-116. 13 Abgedruckt: Schattenmann 177f.
14 W. Sylge, Die Deutschordenskomturei Rothenburg o. d. T. in den Zeitaltern der Reformation, der Gegenrefor-
mation... bis zu ihrer Auflösung. Augsburg 1951.
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