Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0584
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
[VI 1.] Ordnung / der Kirchen in eines / Erbarn Raths der / Stat
Rothenburg / uf / der Tauber / Oberkeit und / gebiet ge/legen.
[Inhaltsübersicht am Schluß Seite 597!]

Vorrede.
Wewol ein erbarer rat der stat Rothenburg nie-
rnals gesinnet, ein eigne kirchenordnung, sonderlich
in ceremonien und kirchengebreuchen zustellen zu
lassen, sonder sich gern in allen denen stucken, so
zu guter christlicher ordnung und in der kirchen nutz-
lich und erbaulich, mit den genachbarten anstoßen-
den kirchen verglichen, zugleich wie sie nach Gottes
erleuchtung zu dem wort Gottes und den augspur-
gischen confessionsverwandten stenden getreten und
von der zeit an in irer stat, landwehr, oberkeit und
gebiet deren undertanen allein Gotteswort lauter
und rein fürtragen lassen, dessen inhalt forderlich
von den stritigen puncten in der augspurgischen con-
fession begriffen und in der apologia weitleuftig und
gründlich ausgefüret, also haben sie auch sich in den
ceremonien verglichen, darmit deren undertanen zu-
förderst in Gottes wort erbauen1 und in christlicher
ainigkeit, auch in eußerlichen ceremonien gehalten
werden.
Jedoch nachdem sich innerhalb wenig jaren aller-
lei beschwerliche enderungen zugetragen, dadurch
die kirchen Gottes nicht wenig betrübt und verergert
worden, das an viel orten ein teil seine gewonliche
ceremonien fallen lassen2, ein teil aber uber die ge-
wonlichen noch mehr widerumb aufgerichtet3, hat
sich zwar ein erbarer rat durch Gottes gnad allwegen
beflissen, damit ire kirchen mit neuerung und ende-

Druckvorlage: Originaldruck der Konsistorial-
bibliothek Rothenburg (Hg. 228).
Die in der Vorlage am Rand stehenden Bibelstellen
sind mit runder Klammer und dem Sigl R in den Text
genommen, so weit sie nicht ohnehin dort standen. Bei
ihrer Feststellung ergeben sich hier besondere Schwie-
rigkeiten. Es ist nicht immer klar, zu welchem Satz-
teil die ja in sich selbst schon nicht einheitlichen Ka-
pitel der Bibel gehören, zumal meist mehrere Bibel-
stellen bei mehreren Zeilen beisammenstehen und öfters
zu fragen ist, ob die untereinanderstehenden Stellen
einen und denselben Gedanken oder verschiedene Wahr-
heiten beweisen sollen.

rung nicht geergert werden, sonderlich aber allwegen
gearbeitet, darmit die lehr Gottes worts unverfel-
schet und rein iren fortgang (soviel an inen gewesen)
gehaben möchte und alle neuerung, wie sie namen
haben, verhütet würden, ist auch durch die gnaden
Gottes weder gesinnet noch fürhabens, etwas in irer
christlichen bekantnus und gewonlichen kirchen-
gebreuchen, so nach christlicher reformation in
christlicher freiheit umb guter ordnung willen er-
halten worden, zu endern, welches auch nicht one
anstoß und ergernus der schwachglaubigen und un-
erbauten christen geschehen möchte. Dieweil aber
unangesehen gedachter fleißigen fürsehung, auch bei
deren kirchendienern in den caeremoniis sonderlich
ungleicheit sich zugetragen und in dem fal mehr uf
ir eigen gutgedunken dann eines erbarn rats verord-
nung gesehen, ist ein erbarer rat verursacht, nach
gehaltener christlicher visitation, die ordnung, so sie
den genachbarten kirchen in allweg gemeß gehalten,
widerumb zu erneuern und in ein schrift verfassen,
darmit hinfüro die kirchendiener ein bestendige
ganze verfaste kirchenordnung hetten, nach welcher
sie sich (neuerung und ergerliche enderung und un-
gleichen zu verhüten) in dem kirchenampt zu halten
hetten und nicht ein jeder einer eignen agend sich
gebrauchte, unter welchem schein dann allerlei mit
eingemengt werden möchte.
Demnach zu lob und ehr dem allmechtigen Gott,
zu ausbraitung und pflanzung seines allein selig-
1 Ältere Form für erbaut (Schmeller 1,184. —
M. Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch.
Leipzig 1877. 1, 404).
2 Hier wird etwa an die nach dem Interim vollzogene
Rückkehr zur früheren, durch die Schweiz bestimm-
ten Schlichtheit in Städten wie Augsburg und Lin-
dau gedacht sein (Simon, EKGB 302), vielleicht
aber auch daran, daß Coburg 1554 den Gebrauch
des Chorrocks auf die Abendmahlsfeier beschränkte
(Sehling 1, 544).
3 Damit kann nur das - damals freilich schon wieder
abgeschaffte — brandenburgische Auctuarium (un-
sere Nr. IV 4) gemeint sein.

566
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften