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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0590
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Rothenburg

net eurn kindern gute gaben geben, viel mehr würd
der Vater im himel den Heiligen Geist geben denen,
die in darumb bitten.
Demnach, so ein mensch in die gedanken fellet,
ob er auch der auserwelten einer sei, darf er nicht
uber sich in himel in die canzlei Gottes steigen und
seinen heimlichen verborgnen rat ergrüblen, sonder
er soll hie uf erden das wort unsers Herrn Christi
hören und durch dasselbig im glauben Christum an-
sehen, so hat er schon den rat Gottes offenbar, der
ime zuvor verborgen was. Das wort aber lautet also
(R: 1. Tim. 1 [4]): Gott will, das allen menschen ge-
holfen werde und zu erkantnus der warheit kom-
men. Und Ezechiel am 18 [23]: Meinstu, das ich ge-
fallen habe am tode des gottlosen (spricht der Herr
Herr) und nicht viel mehr, das er sich bekere von
seinem wesen und lebe ? Und Paulus (R: 1. Tim. 1
[15f.]): Das ist gewißlich war und ein teures, wer-
des wort, das Christus Jesus kommen ist in die welt,
die sünder selig zu machen, unter welchen ich der
fürnembst bin. Aber mir ist darurnb barmherzigkeit
widerfaren, auf das an mir fümemlich Jesus Chri-
stus erzeigte alle gedult zum exempel denen, die an
in glauben sollen zum ewigen leben.
Dise sprüch weisen dich von dem heimlichen uf
den geoffenbarten willen Gottes, der in Christo allen
menschen angeboten würd. Darumb bekümmer dich
allein mit ime und so du ine für dein Heiland und
erlöser, ja den hirten deiner seel (R: 1. Pet. 5 [4];
Joan. 10 [14]) erkennet hast, so sei gewiß in deinem
herzen, das du unter den auserwelten einer seiest,
der das ewig leben ererben solle und dich nachmals
diser deiner wahl auch in allen nöten trösten, da Chri-
stus spricht: Meine scheflein würd mir niemand
aus meiner hand reißen (R: Joan. 10 [29]), und
S. Paulus (R: Rom. 8. [38f.]): Ich bin gewiß, das
weder tod noch leben, weder engel noch fürstentumb
noch gewalt, weder gegenwertigs noch zukünftigs,
weder hochs noch tiefs noch kein andere creatur,
mag uns scheiden von der liebe Gottes, die in Chri-
sto Jesu ist unserm Herrn.
Wie nun durch diese warhafte erklerung das herz
wider die verzweiflung ist befestiget, also wird ge-
wißlich auch nichts dann ein erber leben hernach
folgen und das soviel dester gewieser, je ungezwei-
felter die glaubigen wissen, das sie gewißlich erben

des ewigen lebens seien, wie dann S. Paulus oben
angezeigt, wir seien in Christo erwelet, das wir sollen
sein heilig und unstreflich in der lieb und nicht, das
wir sollen den fleischlichen gelüsten und begirden
auswarten und folgen (R: Rom. 8 [1-13]).
Also könten wir das hauptstück christlicher lehr
erkennen, was wir von dem freien willen in gött-
lichen sachen halten sollen, weil Christus spricht (R:
Joan. 8 [34]): Wer sünde tut, der ist ein knecht der
sünden. Nun wir aber alle nicht allein sünde tun,
sonder auch in der sünd empfangen und geborn
seien (R: Psal. 51 [7]), durch die sünd ganz und gar
verderbet und verkeret (R: Rom. 7 [23]), ist leicht-
lich zu erkennen, das wir von natur alle gefangene
knecht der sünden, des tods, Teufels, der hellen und
verdamnus seien (R: Eph. 2 [3]) und demnach den
freien willen verlorn haben, uns selbst wider durch
unser eigen kreften zur gnad Gottes aufzurichten
und zu bereiten nicht vermögen, sonder, wann uns
der Sohn Gottes frei macht von den sünden (R:
Joan. 8. [36]) durch sein bitter leiden und sterben,
der auch umb unsertwillen eines knechts gestalt an
sich genommen (R: Phil. 2. [7]), als dann verwan-
delt er durch den Heiligen Geist auch unsern willen
(R: Eph. 5 [1f.]), das er anfahet der sünden feind
werden, deren knecht er gewesen, und ergibt sich in
den dienst Gottes, der da frei ist (R: Rom. 6 [18];
8 [1 f.]), würd ein knecht Gottes und das nicht aus
seinen kreften, sonder umb des verdiensts Christi
willen durch den Geist Christi, wie er selbst spricht
(R: Joan. 15 [5]): On mich vermöget ir nichts, und
Paulus (R: 2. Cor. 3 [5]): Nicht das wir tüchtig sind,
rat zu finden von uns selber, sonder das wir tüchtig
sind, ist von Gott.
Also stehet unser seligkeit ganz allein uf Christo
und dem einigen erbermd Gottes und seinem gne-
digen willen, wie angezeigt.
Dergleichen findet sich auch bei disem hauptstück
der recht verstand von den heiligen sacramenten der
tauf und abentmals, welche der Herr Christus selbst
im neuen testament gestift und seiner kirchen hin-
derlassen hat, welche nichts anders sind dann gött-
liche wortzeichen, das ist: der brief und siegel der
gnaden Gottes, so uns im evangelio durch Christum
oder umb Christus willen verheißen seind, welche
verheißung und zusagung hiemit den glaubigen

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