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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0602
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Rothenburg

allen sünden absolvirt und entbunden. Welcher aber
nicht glaubt, dem werden alle seine sünde vorbehal-
ten. Jedoch, nachdem die predig des evangelions von
Christo nicht allein in der gemein, sonder auch einem
jeglichen insonderheit, der es gebürlich begert, ver-
kündiget werden soll, wie auch der Herr Christus
selbst vielen, wenigen und auch einem allein zu zei-
ten geprediget hat, so soll die sonderlich predig, die
man sonst privatam absolutionem nennet, nicht auf-
gehaben, sonder in irem gebürlichen brauch bleiben.
Dann da der Herr Christus zu seinen aposteln sagt:
Welchen ir die sünde erlasset, den sind sie erlassen,
und welchen ir sie behalten, den sind sie behaltend
[Joh. 20, 23], gleich wie er hiemit nicht hat wöllen
den aposteln und andern iren nachkommenden kir-
chendienern ein volmechtigen, freien gewalt geben,
ires gefallens aus sünden gerechtigkeit und aus ge-
rechtigkeit sünde zu machen, auch nicht inen heim-
gestellet, die sünder, ob sie schon unbußfertig sind,
zu absolviren und die frommen, so sie nicht alles
ires, der kirchendiener, eigens willens geleben, zu ver-
dammen, sonder hat inen hiemit befolhen, das evan-
gelion von der verzeihung der sünden zu predigen,
das, wer daran glaube, dem werde durch sie die
sünde erlassen. Wer aber nicht daran glaube, dem
werde die sünde behalten. Also hat er auch hiemit
inen auferlegt, nicht allein einem großen haufen, son-
der auch einer einzelichen person das evangelium
von verzeihung der sünden durch Jesum Chnstum
zu predigen und demnach den, so daran glaubt, von
sünden zu absolviren, dem aber, der nicht daran
glaubt, die sünde zu behalten.
Darumb sollen die pfarrherr iren pfarrverwand-
ten nicht allein die gemein, offentlich predig tun,
sonder inen auch iren dienst in sonderheit anbieten
und fürnemlich, wann sie das nachtmal Christi hal-
ten wöllen, sollen sie die kirche vermanen, das ein
jetlicher, der des nachtmals Christi zu empfahen ge-
denke, sich zuvor am abent anzeigen und sein reu

15 Württemberg hatte hier gesagt:
,,so soll er in insonderheit absolvieren. Aber die
andern laß er der gemeinen hernach folgenden ab-
solution erwarten.
So nun solichs mit jetlichem verrichtet, soll der
kirchendiener die gmein form der offentlichen beicht
und absolution ungevarlich volgender gestalt der
versamleten kirchen fürsprechen:“

und leid uber die sünde bekenne, auch sein beger
der absolution oder verzeihung der sünden und sein
fürnemen, von den sünden abzustehen und fürohin
in christlichen gehorsam zu leben, bezeuge, darmit
niemands das nachtmal Christi im selbst zur ver-
damnus und der kirchen zu ergernus empfahe.
Es soll aber hierin folgende ordnung gehalten wer-
den.
Anfenglich, so die kirch abents bei einander ver-
samlet, soll der kirchendiener uf dem lande ein pre-
dig tun von der rechten christlichen buß und von
dem rechten gebrauch des sacraments des nacht-
mals Christi. Darnach soll er einen jetlichen in son-
derheit verhören und denselben nach gelegenheit der
person freundlich und christlich unterrichten. Und
so sichs begebe, das etliche, die da ergerlich lebten
und mit groben lastern beschwert weren, sich un-
bußfertig hielten, gedechten auch nicht, ir leben zu
bessern, denen soll der kirchendiener, das nachtmal
zu empfahen, widerraten und inen bis uf ir besse-
rung abschlahen. Wo auch einer wer, der ein solche
sonderliche beschwerd des gewissens hette, das im
sonderhcher trost des evangelions nötig sein würde,
soll er ine aus Gottes wort fleißig unterrichten und
trösten und also ein jeden insonderheit, so sich an-
zeigt, sein sünd und glauben bekennet und sein
leben zu bessern sich erboten, absolvirn ungeferlich
uf dise weis15:
Form der absolution.
[Beide Formeln nicht abgedruckt, da gleich KO
1533, S. 187.]
Vermanung zur offentlichen beicht,
so ein pfarrherr zum beschluß seiner predig vor dem
gemeinen gebet möchte gebrauchen16.
Lieben freund, wir werden aus den bußpredigen
bericht, das niemands, so seine jar und verstand er-
und damit sofort zu der dann folgenden Vermah-
nung übergeleitet.
Diese Rothenburger Ordnung wurde 1582 auch in
die neue Ausgabe der Württemberger Kirchenord-
nung übernommen (Waldenmaier 78).
16 Der ganze Abschnitt — aber ohne diese Überschrift! -
aus Württemberg 1553 (Richter 2, 136). Diese
Offene Schuld war also hier nicht wie in Württem-

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