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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0609
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VI 1 Kirchenordnung 1559

zu der gerechten Gottes und werde von dannen kom-
men, zu richten die lebendigen und die toten, ge-
lehret und geprediget werde.
Auf den Pfingstag und feiertag hernach soll man
das ander capitel in Actis apostolicis predigen.
Der sontag Trinitatis soll fürnemlich dahin ge-
braucht werden, das man darauf predige, wie nur
ein Gott sei und doch in disem einigen göttlichen
wesen seien drei unterschiedliche personen, nemlich
der Vater, Sohn und Heilger Geist.
Auf den tag Johannis baptistae gehöret neben der
historien von Johanne auch die stiftung des taufs,
des Johannes erster minister gewesen.
Die fest der aposteln sollen uns fürnemlich er-
innern der warheit des heiligen evangelions Christi,
das durch die apostel, so den Heiligen Geist auf den
Pfingstag empfangen, in allen landen geprediget und
mit großen wunderzeichen bestetiget worden ist.
Und in summa: die kirchendiener sollen das volk
mit allem ernst und fleis berichten, das die feiertag
nicht zum unnutzen müßiggang, zur füllerei und
mutwilligen spielen oder tänzen, sonder zu unter-
weisung in der rechten, warhaftigen, christlichen
lehr verordnet seien. Darumb, welcher sie miß-
braucht, der werde als ein verächter göttliches worts
der zeitlichen und ewigen straf Gottes verpflicht
sein.
Ordnung der kirchenämpter in der stat
an son-, feier- und werktagen.
Nachdem ein erbarer rat bis anher neben der ge-
wonlichen, nutzlichen und notwendigen predig Got-
tes worts auch andere christliche tegliche ubung mit
singen, beten und lesen in der kirchen, auch die latei-
nischen gesang, so eintweder aus dem lautern reinen
wort Gottes gezogen oder demselbigen in allweg ge-
meß gehalten, auch in denselbigen noch der zeit
nichts gedenken zu endern, hat gemelter erbarer rat
hie nicht unterlassen sollen, ire kirchendiener zu er-
innern, aus was ursachen solches geschehen und wo-
hin solcher dienst fürnemlich gemeint seie.
Nemlich nicht dahin, wie etwan im bapstumb mit
den siben zeiten33 beschehen, mit disem Gottesdienst

33 Gebetszeiten, vgl. S. 171 Anm. 3!

als einem guten werk die sünde zu büßen und zu be-
zalen; dann dise ehr gehöret allein dem allerheilig-
sten leiden Jesu Christi zu. Sonder darurnb ist es
fürnemlich angerichtet und erhalten, dieweil nicht
jederman die heilig göttlich schrift lesen kan und
demnach dem gemeinen mann etwas frembd sein
möchte, was in den predigen aus der propheten, apo-
stel und evangelisten geschriften zur befestigung
unsers christlichen glaubens angezogen. Darmit inen
auch solche bücher und deren inhalt bekant und ein-
gebildet, ist fast nützlich und erbaulich, das teglichs
etliche capitel sampt den summarien34 dem gemei-
nen mann fürgelesen werden, daraus sie sterkung
ires glaubens, trost, lehr und unterweisung schöpfen
mögen.
So ist auch dise verordnung nicht undienstlich den
kirchendienern, dardurch sie fürnemlich inen selbst
die heiligen gottlichen schrift einbilden, daraus sie
nachmals all ir lehr, vermanung und trost zu ver-
richtung ires diensts bei kranken und gesunden ne-
men und gebrauchen mogen, zudem das fürnemlich
die kirchendiener neben irem studio und lehr mit
dem gebet für die kirchen anhalten sollen; dann im
propheten Ezechiel (R: Ezech. 13 [4f.]) wird heftig
geklagt uber die faulen priester, die da seien wie die
ftichse in den wüsten. Sie treten nicht für die lücken
und machen sich nicht zur hürden umb das haus
Israel und stehen nicht im streit am tag des Herrn.
Demnach, weil zu besorgen, das in disen letzten
gefarlichen zeiten wenig leut ernstlich beten, sonder
mererteils ganz sicher sein und sich selbst felschlich
vertrösten, es sei friede, so es doch nicht fried ist
[Ez. 13, 10], sollen eines erbaren rats kirchendiener
dester mit größerm ernst, fleis und andacht, auch
christlichem, gottseligen eifer, sich darzu verfügen
und solchen iren dienst, so fürnemlich umb der kir-
chen willen und zu der besserung und erbauung der-
selbigen fürgenommen, wie sich gebüret verrichten.
Von der vesper an dem sambstag
und andern feierabent.
Die vesper soll hinfuro wie bis anher mit iren gewön-
lichen antiphonen, psalmen, responsorien und col-
34 = kurze, erbauliche Zusammenfassung.

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