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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0621
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VI 2 Instruktion 1558

erlich und on alle ergerung mit höchstem vleis und
treuen vorstehen wöllest, wie du dann vor dem rich-
terstuol unsers Herrn Jesu Christi an jenem tag red
und antwort geben mußt, dem gerechten richter, im
namen des Vaters und des Sons und des Heiligen
Geists. Amen.
Darauf singe die kirch das Te Deum laudamus
oder Grates nunc omnes teutsch und beschlies es der
superattendens mit dem segen.
Von schuolen
Nachdem vermeldet, was es für leut sein sollen, die
der kirchen mit der leer und raichung der heiligen
sacramenten möchten vorstehen, nemblich gelert,
fromme und leerhaft, und aber soliche leut in die-
ser verderbten natur nicht von inen selber wachsen,
sondern gezogen werden, soll vor allen dingen ein
christliche oberkeit gute fursehung tun, darmit die
schuolen nach aller notdurft und mit guter ordnung
bestellt und versehen werden.
Wie hoch aber solchs einem erbarem weisen rat
dieser stat Rottenburg von nöten seie, hat sich lei-
der in gehaltner inquisition befunden, wie untaugen-
liche, ungelerte und ungeschickte kirchendiener der
gemain vorgestanden, die selbst nicht gewußt, war-
auf unser seligs hail und seligkeit gegrundet. Was sie
dann das arm unverstendig volk gelert haben, ist
auch wohl zu vermuten.
Und weil einige seel eines auch des allergeringe-
sten und schlechtesten menschens höher zu achten
ist dann der ganzen welt zeitliche, irdische und ver-
genkliche gueter, sol billig in dem fall kein gelt oder
gut angesehen oder ersparet werden, darmit recht-
geschaffene schuol ufgericht und erhalten, uf das in
derselbigen feine, geschickte, gelerte leut gezogen,
die nachmals der kirchen Gottes furnemlich oder
sunsten den gemainen nutz dienstlich sein möchten.
Wie aber solcher großer und beschwerlicher man-
gel in der kirchen von tag zu tag und mit der zeit

15 Über das mittelalterliche und damalige Schulwesen
in Rothenburg: H. W. Bensen, Das Gymnasium
zu Rothenburg, in: 17. Jahresbericht des histori-
schen Vereines in Mittelfranken (1848) 1-26. -
Schattenmann 18f. 150ff. - M. Weigel, Zur

durch die schuolen möchte gewendt und ersetzet,
auch dieselbigen widerumb aufgebracht werden, wil
ich gern mein einfältig bedenken uf eines erbaren
rats verbesserung anzaigen.
Dieweil bis anher in der stat zweierlei schulen15
gehalten worden, teutsch und lateinisch, uf das keine
der andern hinderlich (wie sonst gemeinlich pflegt
zu gescheen, wo man teutsche schulen hat, das die
lateinischen abgehen und oftermals edele, gute in-
genia mit irer selbst und der kirchen schaden, auch
gemeines nutzes großen und beschwerlichen nach-
tail von den studiis abgezogen werden), möchte un-
gefarlich uf nachfolgende oder dergleichen weis der
sachen rat gefunden werden.
Erstlich und vor allen dingen und so vil immer
muglichen, soll vleißige fursehung geschehen, [daß]
darin nicht allein der magister und rector scholae,
sondern auch seine collaboratores und college der-
maßen gestaltet, das sie die jugend nutzlichen leren
kunden, auch für sich selbst ein feins, erber, zuch-
tigs und stills leben füren, bei deren moribus auch
die jungen knaben, was ungebührlicher groben sit-
ten sein, lernen allwegen; dan, wo es an diser stück
einem oder mehr bei denen personen felet, wurd be-
schwerlich etwas nutzlichs bei der jugend ausgericht
werden mögen, darumb auch ein erbarer rat sich
nicht bedauern lassen soll, was sie zur zimblichen
unterhaltung solicher feiner, geschickter leut raichen
soll; dann ist ein volk, das sein besoldung wol und
beschwerlich verdient, so seind es die schuolmai-
ster, so sie ires berufs, so wie sich gebüret, wol aus-
warten; dann es ist ein große und schwere mueh, die
niemand bald glauben würd, er habs dann mit mueh
und vleis erfaren.
Zum andern ist von nöten, das die knaben in ire
classes geteilet, auch, wo müglich dieselbigen unter-
schlagen16 würden, uf das weder die paedagogen
noch knaben einander in den teglichen exercitiis hin-
dern, sondern ein jeder in seiner classe seine ver-
ordnete lectiones verrichten möchte, welches zu be-
sorgen an diesem ort nicht wol wurd gesein mögen.
Geschichte der Entstehung des Rothenburger Gym-
nasiums, in: BbKG 3 (1897) 275-281. - A. Schnitz-
lein, Zur Geschichte der Rothenburger Latein-
schule im Mittelalter, in: BbKG 31 (1925) 28-31.
16 = noch einmal geteilt.

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