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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0624
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Rothenburg

für ein geringen schatz halten, darzu auch Gott ohne
zweifel seinen segen und das gedeihen geben wurde.
Von den schulen auf dem lande.
Uf dem land in den größern flecken, obwol nicht
künden schuelen angerichtet werden, darinnen latei-
nisch geleret, so ist es doch fast nützlich und not-
wendig, das ufs wenigst auch teutsche schul auf-
gerichtet werden nicht allein darumb, das darinen
geleret werde teutsch lesen und schreiben, sondern
fürnemblich umb der ursachen willen sol es nicht
underlassen werden, darmit der catechismus in die
arm, unverständige jugend möge gepflanzet werden;
dann wo nur ein einigs kind, von einem hausvater
in die schuol geschickt, neben seinem lesen und
schreiben auch den catechismum lernet, kan nach-
mals desselbig kind das ubrig ganz hausgesind auch
den catechismum leeren.
Welches uf nachvolgendem weg auch möchte er-
hebt und angerichtet werden, das in solichen flek-
ken, wo früemessen vorhanden24, etwa zur steur ge-
geben, auch mit den undertonen desselbigen orts ge-
handelt würde, das sie irer armen jugend zu gutem
auch etwas von gemainem flecken darzu ton, oder,
wo kein caplonei oder fruemeß vorhanden, der mes-
nerdienst desselben orts dahin verwendet und nie-
mand dan einer solichen person gelihen würde, die
zumal sich auch underfieng, schul zu halten. Mochte
es einen schulmaister nicht austragen, tet man et-
was von heiligen darzu und, so das schulgelt auch
darzu keme, mocht ein solche person danoch ein
leidenliche underhaltung, sonderlich wo er im flek-
ken darzu burger und auch ain armütlein darneben
hate. Bis man es aber in gang brechte, were mit den
pfarherrn freundlichen zu handlen, das sie sich sol-
cher müeh der armen jugend zu guten underfangen
wolten, darmit der catechismus in die jugend ge-
pflanzet und also mit auch das gesang in der kir-
chen durch die schuler angerichtet, bis die gemain
kirch auch lernete mitsingen25.
24 Solche Frühmessen scheinen allerdings im rothen-
burgischen Landgebiet nirgends vorhanden gewesen
zu sein. Wenigstens vermerkt Schattenmann 185
bis 192 keine.
25 Tatsächlich lassen sich dann auch sehr rasch solche
Schulen auf dem Land nachweisen (Schatten-

Visitation und superintendenzordnung
etc.
Es wil die not erfordern, das nicht allein in der kir-
chen gute und christliche ordnung ufgericht, sonder
auch uber denselbigen mit ernstlichem, vleißigen uf-
sehen gehalten werde; dann, wie gut und vleißig die
ordnung gestellt und gemaint, ist es gar bald ge-
schehen, das man aintweder die ordnung aus far-
lesigkeit gar fallen lasse oder in einen mißbrauch ver-
keret. Demnach vleisige ufsehen hoch von nöten,
darmit der unordnung gesteuret und ein jeder bei
seinem ampt, sonderlichen aber die kirchendiener
treu und vleißig gehalten werden. Und ist kein zwei-
fel, wo die bischof zu jeder zeit (so den namen der
superattendenten trugen) größern vleis fürgewendt
und irem ampt entgegentreten mit jerlicher visita-
tion und, so oft es von nöten gewesen, ire kirchen
ordenlich und mit ernst visitiert hetten, es wär das
arm volk nimmermehr in soliche verkerung und ver-
füerung komen, dahin sie laider im babstumb ge-
raten sind.
Derhalben (uf das es nicht mit der zeit auch bei
unsern reformierten kirchen zugehen möchte, wan
wir maineten, es sollten die undertonen mit recht
geschaffnen lerern und hirten versehen sein, das an
derselben stat nichts dan ungelerte oder verkerte
faule patres weren, die nichts für sich selbst wusten;
ich schweig, das sie sollten das volk leren oder den
irrigen gaistern vermög ires ampts und bevelchs be-
gegnen mögen) were ungeferlich uf volgende weis
ein superintendens uf ale kirchen zu bestellen, uber
welchem nachmals ein erbarer weiser rat mit ernst
halten soll.
Dieweil aber danoch ein gute anzal26 der pfarerrn
uf dem land in eines erberen rats oberkeit und ge-
biet seien, wurd nicht wol die jerlich visitation der-
selbigen allein dem superattendenten in der statt
mögen uferlegt werden, sonder mit der zeit sollen ufs
wenigst zwen speciales verordnet, die darzu ge-
schickt und taugenlich erkennet, zuvor wol aller
mann 139. - K. Hahn, Volksschulgeschichtliches
aus der reichsstädtischen Zeit Rothenburgs, in: Die
Linde 1912/13. - Hahn).
26 Nämlich 25 (Schattenmann 185-192), ja - wenn
man die mit umstrittener Hoheit mitzählt - sogar 35
(Dannheimer 17-33).

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