kirche ein ,,Gemeiner Kasten“ aufgestellt, und zwar ausgesprochenermaßen nach dem Vorbild der Kit-
zinger Almosenordnung. Anscheinend kam aber eine eigene Almosenordnung nicht mehr zustande; es
fehlte an einem geistlichen Führer evangelischer Glaubenshaltung und das ist ein weiterer Grund für
Schweinfurts spätes Einrücken in die evangelischen Reihen. Bei dem Zusammenschluß der kleinen frän-
kischen Städte in Windsheim und Rothenburg 1524 beteiligte sich auch Schweinfurt. Unter seinen Geist-
lichen legte aber niemand einen Ratschlag vor. Auch ließ sich die Stadt durch den Bischof einschüch-
tern, so daß sie sich jetzt von den andern evangelischen Ständen überhaupt abkehrte. Es blieb daher auch
nur ein vereinzelter Vorgang, wenn 1524 einmal eine Taufe deutsch gehalten wurde.
Während des Bauernkrieges ließ sich die Stadt unter dem Druck der Bauernhaufen in gewisse Ver-
bindungen mit diesen ein. Dafür mußte sie dann büßen. Das brachte natürlich einen inneren Rück-
schlag2. Unter seinen Auswirkungen nahm Schweinfurt die Abschiede von Speyer (1529) und Augs-
burg (1530) an. Aber die katholische Herrschaft war nicht ungetrübt. Rektor war damals in Schwein-
furt Johann Lindemann, ein Verwandter Luthers3. An ihn wandten sich 1529 die evangelisch Gesinnten
mit der Bitte, ihre Kinder Luthers Katechismus zu lehren, damit sie ihn dann von ihren Kindern
lernen möchten. Die Erfüllung dieser Bitte kostete Lindemann dann freilich die Stelle. Er mußte vor
dem Bischof fliehen.
Im April 1532 war im Zusammenhang mit den kaiserlichen Einigungsverhandlungen ein evan-
gelischer Fürstentag in Schweinfurt4. Da predigte Spalatin in der Johanniskirche. Der Stadtschreiber
Haug stand fortan mit ihm in Briefwechsel. In der Pfarrkirche sang man seither nach der Predigt ,,Ein
feste Burg“5. Während der bald darauf hereinbrechenden Pest starben viele lieber ohne das Heilige Abend-
mahl,als daß sie es schriftwidrig genommen hätten. Im benachbarten Mainberg und (1539) in Sennfeld
predigten aber bald evangelische Pfarrer6. Trotz des Verbotes der Stadt liefen die Evangelischen dorthin.
Als sich das Karmeliterkloster zu leeren begann und Priester ihre Stellen verließen, wandte sich der Rat
1540 doch nach Wittenberg um einen evangelischen Prediger. Dort war aber eben keiner zu bekommen.
Als 1541 einerseits das Religionsgespräch zu Regensburg alle Hoffnung auf Wiedervereinigung der
getrennten Kirchengruppen zerstörte, anderseits der Kaiser sich zu einer ihre politische Gleichberech-
tigung anbahnenden Deklaration gezwungen sah, schritt die Stadt weiter.Sie begab sich im Januar 1542
aus der Vogtei der noch katholischen Henneberger in die des evangelischen Philipp von Hessen. Der
verschaffte der Stadt, die sich nun nicht weiter um das Patronatsrecht des Stiftes Haug kümmerte, in
Joh. Sutel7 einen evangelischen Prediger. Am 11.Juni hielt er in einer Nebenkirche seine Antritts-
predigt; am 21. September übernahm er das Pfarramt an der Johanniskirche, während der katholische
Pfarrer in den Ruhestand versetzt wurde. Der Freude der Bevölkerung über diesen Umschwung verlieh
das volkstümliche Lied eines Kesselschmiedes lebhaften Ausdruck8. Mit seiner neuen Gemeinde wuchs
Sutel vor allem sogleich durch schwere Not zusammen. Die Pest kam wieder über Schweinfurt. Sutel
stärkte die Gemeinde mit zwölf (dann im Druck erschienenen) Predigten über die Auferweckung des
Lazarus, die er während des Oktober 1542 hielt. 1543 konnte er die neue Kirchenordnung9 einführen.
2 Schöffel 158-184. - Sixt J. M.
3 Wahrscheinlich waren die beiden Väter Geschwisterkinder (M. Simon, Hatte Luther verwandtschaftliche Be-
ziehungen zu Bad Neustadt a. d. Saale?, in: ZbKG 24 [1955] 11-23). 4 Engelhardt 2, 296-324.
5 J. E. Kapp, Kleine Nachlese einiger... zur ... Reformationsgeschichte nützlicher Urkunden 2 (Leipzig 1717)
740-746.
6 Schöffel 209-213. - F. Bendel, Zur Reformationsgeschichte des Reichsdorfes Sennfeld bei Schweinfurt, in:
ZbKG 9 (1934) 171f.
7 * Altmorschen (so nicht Altenmorsch, wie zumeist geschrieben wird!) bei Melsungen 1504. Rektor in Melsungen,
1530 Göttingen St. Nikolaikirche, bald St.Johanniskirche Superintendent und Prediger, 1542 Schweinfurt Pfar-
rer, 1547 Allendorf Pfarrer, 1548 Göttingen Albanikirche Pfarrer, 1555 Northeim Sixtikirche Pfarrer — † 1576
(Beck, Sutellius. — Tschackert, P. Swtel, in: RE 19, 176f.).
8 Stein, Monumenta 471-476. 9 Unsere Nr.VII 1.
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zinger Almosenordnung. Anscheinend kam aber eine eigene Almosenordnung nicht mehr zustande; es
fehlte an einem geistlichen Führer evangelischer Glaubenshaltung und das ist ein weiterer Grund für
Schweinfurts spätes Einrücken in die evangelischen Reihen. Bei dem Zusammenschluß der kleinen frän-
kischen Städte in Windsheim und Rothenburg 1524 beteiligte sich auch Schweinfurt. Unter seinen Geist-
lichen legte aber niemand einen Ratschlag vor. Auch ließ sich die Stadt durch den Bischof einschüch-
tern, so daß sie sich jetzt von den andern evangelischen Ständen überhaupt abkehrte. Es blieb daher auch
nur ein vereinzelter Vorgang, wenn 1524 einmal eine Taufe deutsch gehalten wurde.
Während des Bauernkrieges ließ sich die Stadt unter dem Druck der Bauernhaufen in gewisse Ver-
bindungen mit diesen ein. Dafür mußte sie dann büßen. Das brachte natürlich einen inneren Rück-
schlag2. Unter seinen Auswirkungen nahm Schweinfurt die Abschiede von Speyer (1529) und Augs-
burg (1530) an. Aber die katholische Herrschaft war nicht ungetrübt. Rektor war damals in Schwein-
furt Johann Lindemann, ein Verwandter Luthers3. An ihn wandten sich 1529 die evangelisch Gesinnten
mit der Bitte, ihre Kinder Luthers Katechismus zu lehren, damit sie ihn dann von ihren Kindern
lernen möchten. Die Erfüllung dieser Bitte kostete Lindemann dann freilich die Stelle. Er mußte vor
dem Bischof fliehen.
Im April 1532 war im Zusammenhang mit den kaiserlichen Einigungsverhandlungen ein evan-
gelischer Fürstentag in Schweinfurt4. Da predigte Spalatin in der Johanniskirche. Der Stadtschreiber
Haug stand fortan mit ihm in Briefwechsel. In der Pfarrkirche sang man seither nach der Predigt ,,Ein
feste Burg“5. Während der bald darauf hereinbrechenden Pest starben viele lieber ohne das Heilige Abend-
mahl,als daß sie es schriftwidrig genommen hätten. Im benachbarten Mainberg und (1539) in Sennfeld
predigten aber bald evangelische Pfarrer6. Trotz des Verbotes der Stadt liefen die Evangelischen dorthin.
Als sich das Karmeliterkloster zu leeren begann und Priester ihre Stellen verließen, wandte sich der Rat
1540 doch nach Wittenberg um einen evangelischen Prediger. Dort war aber eben keiner zu bekommen.
Als 1541 einerseits das Religionsgespräch zu Regensburg alle Hoffnung auf Wiedervereinigung der
getrennten Kirchengruppen zerstörte, anderseits der Kaiser sich zu einer ihre politische Gleichberech-
tigung anbahnenden Deklaration gezwungen sah, schritt die Stadt weiter.Sie begab sich im Januar 1542
aus der Vogtei der noch katholischen Henneberger in die des evangelischen Philipp von Hessen. Der
verschaffte der Stadt, die sich nun nicht weiter um das Patronatsrecht des Stiftes Haug kümmerte, in
Joh. Sutel7 einen evangelischen Prediger. Am 11.Juni hielt er in einer Nebenkirche seine Antritts-
predigt; am 21. September übernahm er das Pfarramt an der Johanniskirche, während der katholische
Pfarrer in den Ruhestand versetzt wurde. Der Freude der Bevölkerung über diesen Umschwung verlieh
das volkstümliche Lied eines Kesselschmiedes lebhaften Ausdruck8. Mit seiner neuen Gemeinde wuchs
Sutel vor allem sogleich durch schwere Not zusammen. Die Pest kam wieder über Schweinfurt. Sutel
stärkte die Gemeinde mit zwölf (dann im Druck erschienenen) Predigten über die Auferweckung des
Lazarus, die er während des Oktober 1542 hielt. 1543 konnte er die neue Kirchenordnung9 einführen.
2 Schöffel 158-184. - Sixt J. M.
3 Wahrscheinlich waren die beiden Väter Geschwisterkinder (M. Simon, Hatte Luther verwandtschaftliche Be-
ziehungen zu Bad Neustadt a. d. Saale?, in: ZbKG 24 [1955] 11-23). 4 Engelhardt 2, 296-324.
5 J. E. Kapp, Kleine Nachlese einiger... zur ... Reformationsgeschichte nützlicher Urkunden 2 (Leipzig 1717)
740-746.
6 Schöffel 209-213. - F. Bendel, Zur Reformationsgeschichte des Reichsdorfes Sennfeld bei Schweinfurt, in:
ZbKG 9 (1934) 171f.
7 * Altmorschen (so nicht Altenmorsch, wie zumeist geschrieben wird!) bei Melsungen 1504. Rektor in Melsungen,
1530 Göttingen St. Nikolaikirche, bald St.Johanniskirche Superintendent und Prediger, 1542 Schweinfurt Pfar-
rer, 1547 Allendorf Pfarrer, 1548 Göttingen Albanikirche Pfarrer, 1555 Northeim Sixtikirche Pfarrer — † 1576
(Beck, Sutellius. — Tschackert, P. Swtel, in: RE 19, 176f.).
8 Stein, Monumenta 471-476. 9 Unsere Nr.VII 1.
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