Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0645
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VII 1 Kirchenordnung 1543

nichts anders singe, lese, handele und treibe denn
nur Gottes wort, die heilige schrift oder, was dar-
aus gezogen und sich mit derselbigen vergleichet.
Alle unreine lection und gesang sollen nicht gehört
werden oder hinfürter in unseren kirchen gebrau-
chet. Bei den Juden ist alzeit gewonheit gewesen,
daß man nur das gesetz und propheten las in iren
schulen, wie das buch von der apostel Geschicht
[13, 15] vermeldet, und Christo unserm Herrn ward
in der schulen zu Nazareth der prophete Isaias zu
lesen gebracht, Luce 4. cap. [17].
So haben die apostel sich nur des göttlichen worts
angenommen und das aufs allerklerlichst der christ-
lichen gemeine fürgetragen, wie S. Paulus Acto[rum]
26 [22] für dem Agrippa rümet. Er wil auch Gala.
1 [8], das der verflucht sol sein, der do ein ander
evangelion predigt, und 1. Petri 4. [11]: So jemant
redet, das ers rede als Gottes wort.
Es sind auch der lieben aposteln nachfolger gar
fleißig und fürsichtig gewesen, nur zu leren und pre-
digen, was sie von aposteln empfangen hatten, wie
in sonderheit der alte lerer Ireneus11 lib. 3. cap. 3.
adversus hereses vom heiligen Polycarpo anzeiget
und Eusebius hb. 4. eccles[iasticae] historie cap. 14.12
solchs auch bezeuget, und hat Tertullianus13 im
buche contra Praxeam der apostel lere zum höch-
sten fürgezogen und schreibt: Rectum est, quod-

11 Bischof von Lyon um 190. Der Brief ist nur latei-
nisch ganz erhalten. Hic ( = Polykarp, vgl. Anm. 21)
docuit semper, quae ab apostolis didicerat, quae et
ecclesiae tradidit et sola sunt vera (MSG 7, 851f.).
12 IV 14, 4: Ταντα διδαξας αει, α χαι παρα των αποστολων
εμαυεν, α χαι η εχχλησια παραδιδωσιν, α χαι μοινα εστιν
αληυη. (Eusebius, Kirchengeschichte, herausge-
geben von Schwartz Eduard, Kleine Ausgabe. 1955.
139f. - Deutsch: BKV Ensebius 2, 173).
13 Nach dem Gedächtnis zitiert. Praxeas lehrte um 215
die Identität von Vater und Sohn in Gott und wurde
deshalb von dem um 222 verstorbenen nordafrika-
nischen Theologen Tertullian bekämpft u. a. mit
dem Hinweis auf die Neuheit seiner Meinung: Prae-
iudicatum sit, id esse verum, quodcumque primum,
id esse adulterum, quodcumque posterius. (CSEL
47. - MSL 2, 157).
14 Um 360 oder Ende des 4. Jahrhunderts. Can. 59:
"Οτι ον δει ιδιωτιχους ψαλμονς λεγεσυαι εν τη εχχλησια
ονδε αχανονιστα βιβλια, αλλα μονα χανονιχα τηχαινης
χαι παλαιας δαιυηζης; Can. 60: Aufzählung der ka-
nonischen Bücher. (Fr. Lauchert, Die Kanones
der altkirchlichen Concilien [= Sammlung ausge-

cunque primum est, adulterinum vero, quodcunque
posterius. Es ist- auch genugsam zu erweisen, das die
eltesten veter und bischofe gar steif und feste dru-
ber gehalten haben, das man in der kirchen nur das
alte und neu testament lesen solle, wie das canone
59. im concilio, zu Laodicea14 gehalten, verordenet
ist, und werden doselbst fein nacheinander die bü-
cher des alten und neuen testaments genennet. Vide
tomum 1. conciliorum, folio 22715 Und abermals,
canone 47. concihi tertii Carthaginensis16 sind die
veter und bischöfe entschlossen, das man unter dem
namen der heiligen schrift in der kirchen anders nit
solle lesen denn nur die bücher des neuen und alten
testaments, und werden auch an dem ort die bücher
mit namen ausgedruckt.
Das aber zu ende dran gehenget ist, man möge
auch der heiligen passion auf die tage irer gedecht-
nus lesen, sol man von den garstigen, groben, un-
fletigen lügen, so jetzt in der heiligen bücher erfun-
den, gar nicht verstehen; denn wer ist so kindisch,
der solche ertichtete lügen nit füle, sehe, und greife ?
Man hat vor zeiten vil einer ander meinung der mar-
terer gedechtnus zu halten fürgenommen,weder jetzt
ist, wie man wol spüren kan aus dem schreiben
Eusebii, lib. 4. eccles[iasticae] histo[riae ca[p.] 1517,
im leben Polycarpi18. Und wenn noch der eltesten
bücher von der heiligen leiden fürhanden weren, solte
wählter kirchen- und dogmengeschichtlicher
Quellenschriften 12] Freiburg und Leipzig 1896.
XVII f. 78). - Zum Konzil: RE 11, 281. - LThK
6, 386.
15 Gemeint sein dürfte die 1558 in Köln erschiene Kon-
ziliensammlung.
16 Der am 8. Oktober 393 von einer Generalsynode zu
Hippo Regius und am 28. August 397 von einer sol-
chen zu Karthago beschlossene Kanon fügt nach
Aufzählung der biblischen Bücher an: Liceat etiam
legi passiones martyrum, cum anniversarii dies
eorum celebrantur (Lauchert 173). - Zur Ge-
schichte und zum Text: Zahn Theodor, Ge-
schichte des neutestamentlichen Kanons.2 (Erlangen
1890) 252. - Lauchert XXAHII).
17 Eus. IV 15 (42): Τοντον μεν γαρ νιον οντα τον υεου
προσχυνουμεν, τους δε μαρτυρας ως μαυητας χαι μιμητας
τοι χυριου αγαπωμεν αειως ενεχα εςνοιας ανυπερβλμτου
τμς ειςτον ιδιον βασιλεα χαι διδασχαλον ων γενοιτο συγ-
χοινωνονς τε χαι συμμαυηταςγενεσυαι. (Schwartz
aaO. 148). - Deutsch: BK V Eusebius 2, 182.
18 Vgl. Anm. 2!

40'

627
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften