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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0648
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Schweinfurt

wenn die christliche prediger fein gemach das ein-
feltige volk davon weisen und die abgötterei und
falsche zuversicht aus dem herzen reißen und nur
zu Christo füren, sind die bilder sehon gestürmet und
abgetan, das sie niemand groß achtet. Drumb wöl-
len wir in diesem fall, was die bilder belanget, gerne
bleiben wie auch sonst in allen andern christlichen
artikeln bei dem ehrwirdigen hochgelerten Doctori
Martino Luthero, welcher seine meinung genugsam
von den bildern angezeigt im Deuteronomium29,
uber Micham den propheten30 und wider die him-
lische propheten31. Wern aber je abgöttische bilder
fürhanden und, deren historien ungewiß und erlogen
ist, die sollen durch eine ordenliche obrigkeit ab-
getan werden.
Uber den hechtern und kerzen32 zanken sich auch
vil prediger. Es bedarf aber warlich der unruhe gar
nicht, nur das das liebe wort gewaltig werde gepre-
diget utrd der mißprauch mit liechter weihen ab-
geschafft werde. Als denn sind die nicht zu verdam-
men, so die lichter bleiben lassen, wie wir auch tun.
In orient, wie der heilige Hieronymus33 contra Vigi-
lantium schreibet, hat man lichter angezündet, so
cft man das evangelion gelesen kat34. Doch ists ge-
wis, das rechtschaffen christen solchs gar nicht als
ein nötig werk zur seligkeit getan haben.
Es kompt auch zuweilen, das etliche stette die feir-
t.age haben, welche anderswo nicht also gehalten
werden. Aber darüber sollen wir uns auch nicht zan-
ken noch vil weniger einander trennen und spalten,
wie doch vorzeiten uber dem Osterfeiertage ge-
23 Vorlesung: WA 14, 497. - Predigten: WA 28, 13.
30 Vorlesung 1524 (WA 13, 260-343).
31 Wider die himmlischen Propheten von Bildern und
Sakrament (1525) (WA 18, 02-125).
32 Gemeint sind, wie das Folgende zeigt, nicht die zu
anderen Zwecken verwendeten Lichter (vgl. S. 203
Anm. 8), sondern die Altarleuchter, die z. B. im
Raum der schweizerischen Reformation bis ins Her-
zogtum Württemberg hinein mit samt dem Altar ge-
fallen waren.
33 Der 420 in Bethlehem verstorbene Kirchenvater.
34 Et absque martyrum reliquiis per totas orientis
ecclesias, quando legendum est evangelium, accen-
duntur luminaria iam sole rutilante, non utique ad
fugandas tenebras, sed ad signum laetitae demon-
strandum (MSL 23, Sp. 361, Abschn. 394). —
Deutsch: BKV Hieronymus 1, 312f.
35 V 24, 17: Πασης της εχχλησιας ειρηνην εχοντων χαι
των τηρουντων χαι των ημ τηρουντων. —V 24, 13: Kai

schehen ist, als Eusebius libro 5. eccles[iasticae]
histo[riae] anzeiget, cap. 2435, und schreibt, das Ire-
neus36, der alte lerer, den bischof zu Rom, genant
Victor37, gestraft habe, das er die brüder in Asia in
ban tat, das sie nicht, wie in occident der gebrauch
war, ostern hielten. Wer aber lust hat, der lese, was
Socrates in historia tripartita schreibt, libro 9. cap.
38.38, so wird man wol sehen, das die eltesten chri-
sten mancherlei gebrauch, ordnung und ceremonien
gehalten und drumb nicht einander getrennet noch
vil weniger in ban tan haben. Wir müssen Gott dem
Vater und Christo unserm Herrn von ganzem her-
zen danken, wenn wir nur die heilsame, reine, ge-
sunde lere haben. Darnach wöllen wir es genzlich
halten, wie Gregorius dem bischof Leandro schreibt:
In una fide non officit sanctae ecclesiae consuetudo
diversa39. Man enthalte sich nur schwermerei und fal-
scher leer, so wöllen wir uns, ob Gott will, uber den
ceremonien nicht fast stoßen noch zanken!
Von predigern.
Nichts ist, das eine kirche bas zieret und schmuk-
ket denn ein gottfürchtig fromer prechger, der do
in der lere fast wol geübt, geschickt und erfaren ist,
auch eines aufrichtigen, erbaren, feinen lebens und
wandels. Weil aber chese letzten, sorglichen, fehr-
lichen zeiten vil irriger geister, schwermer, sacramen-
tirer mitbringen und durch dieselbigen nicht allein
die gewissen ubel verwirret, sondern auch etwan die
policeien schaden nemen und drüber zergehen, sol-
ουδεν ελαττιον παντες ουτοι. ειρηνευσαν τε χαι ειρηνευομεν
προς αλληλους, χαι η διαψωια της νησειας την ομδ-
νοιαν της πιστεως συνιστησιν. — 14: Και ουδεν ελαττιον
αυτοι μη τηρουντες ειρηνευον τοις απο των παροιχιων, εν
αις ετηρειτα, ερχομενοις προς αυτους. ( Schwartz aaO.
213. - Deutsch: BKV Eusebius2, 254f.
36 Um 190 n. Chr. Bischof von Lyon.
37 I., Papst 189-198.
38 Vgl. Amn. 6! - In einem Bericht über eben diese
Verschiedenheiten in der Osterfeier, bes. beim Fasten
vor Ostern heißt es hier: Et quamquam hoc face-
rent, non tamen segregabantur ab illis, qui aliter
celebrabant, donec Romanae ecclesiae Victor episco-
pus excommunicationem misisset... (MSL 69,1154).
39 Papst Gregorius der Große, 590-604, an Leander,
den Bischof von Sevilla, gelegentlich der Frage, ob
die Kinder bei der Taufe einmal oder dreimal unter-
getaucht werden sollten (MSL 77 Sp. 497 Abschn.
552).

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