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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0700
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Wenn Graf Konrad dann beim Interim dem Kaiser gegenüber Gehorsam versprach5, so heißt das
nicht mehr, als es in der Umgebung - vor allem in Brandenburg-Ansbach - besagte.
Evangelisch wurden durch die Castell außer den bereits genannten Pfarreien noch Burghaslach
(mit Kirchrimbach und Füttersee), Castell, Eichfeld, Gerbrunn, Kleinweisach, Obereisenheim, Wiesent-
heid und - als Patronatspfarrei in einem anderen Territorium - Oberlaimbach. Andere Patronatspfar-
reien-Marktsteft, Mörlbach, Habelsee, Gleißenberg und Wiesenbronn -waren schon durch Hilfe ihrer
Landesherrn evangelisch geworden. Ebenso waren die 1559 ererbten bis dahin, wertheimischen Pfar-
reien Billingshausen, Ober- und Unteraltertheim bereits evangelisch. Davon verfielen der Gegenrefor-
mation Gerbrunn und Wiesentheid, während später noch Krautheim, Rehweiler und Ziegenbach dazu-
kamen.
Benützt wurde zunächst die brandenburgische Kirchenordnung. Dann aber, schreiben die Grafen,
,,hat ein jeder unserer Kirchendiener eine Ordnung für sich genommen, nachdem er aus einer Lands-
art zu uns kommen..., also daß einer die pfalzgräfische6, der andere die sächsische7, der dritt die branden-
burgische8, der vierte die nürnbergische9, der fünfte aber aus diesen allen, was ihn gut bedünkt, ge-
braucht, und deren doch keine durchaus vollkommenlich noch einer wie der ander gleichförmig gehal-
ten. Darob sich anfänglichs nit allein der gemeine Mann, sondern rechtgläubige, verständige Christen
höchlich geärgert und die Papisten zu viel böser Nachred geursachet, daß nemlich in einer solchen ge-
ringen Grafschaft so wenig Pfaffen nit so einig seien, die sich in den äußerlichen ceremoniis vergleichen
könnten, was dann von ihrer Lehre zu halten etc. Dem aber das Beschwerliche nachgefolget, daß nem-
lich die Kirchendiener unter sich selbst zerfallen, ob diesen Dingen unnötige und ärgerliche disputa-
tiones, Streit und Gezänke erregt, jedem Narren (wiemanpfiegtzusagen) seinKolbenwohlgefallen...“10.
Diesen Mißständen suchte Graf Heinrich11 abzuhelfen. Er war zuerst Domherr (in Würzburg und
Bamberg) gewesen, aber schon früh evangelisch,nur nicht wieder an der Herrschaft beteiligt, sondern
mit Geld abgefunden. Als seine Brüder ohne Nachkommen blieben, heiratete er 1555. Dann aber wurde
er an der wertheimischen Erbschaft beteiligt, stand aber weiterhin noch in württembergischem Dienst.
Er schlug nun die Einführung einer einheitlichen Ordnung vor. Gleichzeitig aber riet er um der Ein-
heitlichkeit des deutschen Protestantismus willen von der Schaffung einer eigenen Ordnung ab. Er empfahl
vielmehr die württembergische Kirchenordnung von 1553, die eben 1559 als Bestandteil der sogenannten
Großen Kirchenordnung in neuer Ausgabe erschienen war12. Er drang aber zunächst bei seinen Ver-
wandten nicht durch, zumal die Geistlichen, die für das reine Luthertum fürchteten, mancherlei Ein-
wände erhoben. Nachdem aber 1577 Graf Konrad in Castell-Castell verstorben war, führte Graf Hein-
rich sie aber doch in seiner Sonderherrschaft Remlingen mit den 1559 aus der wertheimischen Erbschaft
erhaltenen Pfarreien Billingshausen und Ober- und Unteraltertheim13, den ihm nach Konrads Tod zu-
gefallenen Pfarreien Gerbrunn und Obereisenheim und in der Kondominatspfarrei Wiesenbronn ein14.

5 Sperl 157f.
6 Welche gemeint ist, läßt sich schwer entscheiden: Pfalz-Neuburg 1543 bzw. in ihrem Neudruck von1547 (Rich-
ter 2, 26-30) dürfte schon nicht mehr in Betracht kommen, dagegen die mit der württembergischen Kirchen-
ordnung von 1553 übereinstimmende Kirchenordnung von Pfalz-Neuburg 1554 (Richter 2, 146f.), ferner die
diese wörtlich wiederholende Kurpfalz 1556 (Richter 2, 177f. — Fr. Hauß und H. G. Zier, Die Kirchen-
ordnungen von 1556 in der Kurpfalz und in der Markgrafschaft Baden-Durlach [ = Veröffentlichungen des Ver-
eins für Kirchengeschichte in der evang. Landeskirche Badens 16] [Karlsruhe 1956]) oder Pfalz-Zweibrücken
1557 (Richter 2, 194ff.). 7 Die Herzog Heinrichsagende von 1539 bzw. 1540 und 1555 (Sehling 1, 264-284).
8 von 1533 (vgl. unsere Nr. III 4).9 Das Agendbüchlein Veit Dietrichs (vgl. unsere Nr.V 1).10 Sperl 159.
11 † 1595. — Sperl 178—202. 207f. - J. Kist, Matrikel der Geistlichkeit des Bistums Bamberg. Würzburg 1960.
Nr. 3161. — NDB 3,171. — Bild: Castell-Castell Prosper Graf zu,Katalog der Portraits im Besitze des fürst-
lichen Hauses zu Castell-Castell, Schloß Castell ( = Mainfränkische Hefte 29) Würzburg 1957. Nr. 1. Tafel III 1.
12 Summarischer... Begriff... (Richter 2, 198-224). 13 Die Pfarrei Remlingen war wertheimisch geblieben.
14 Sperl 178. 198.

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