Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0703
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
X Dorfordnung für Obereisenheim 1579

glauben bezeugen und andern ein guet exempel für-
tragen, und, nachdem wir euch sonderlich etwas weit
entsessen5, daß uns alle und jede mißhandlungen nit
jederzeit der notdurft und gebühr nach fürgetragen
werden mögen, ihr auch in erkantnus der strafen ein
gewissere richtschnur haben und aller parteilichkeit
unverdacht bleiben,
so haben wir nicht umbgehen wöllen, euch nach-
folgende gemerte und verbesserte ordnung hiemit zu
übergeben und zuezustellen, und wöllen, daß ihr die-
selbige ordnung in allen und jeden punkten und arti-
culn (bis auf unser ferner guet ansehen und ende-
rung, minderung oder meherung, welches zu tun wir
uns jederzeit und nach gestalt der sachen, auch unser
ober- und gerechtigkeit vorbehalten haben wöllen)
gehorsamblich halten und daran mit allen vleiß nach-
setzen und insonderheit due, schultheiß, auch ihr,
die bürgermeister und gericht, daran mit vleiß wahr-
nehmen, darob halten und euch darnach richten,
auch solche jerlich, wie im beschluß folgen wird, mit
gutem vleiß und verstand den untertanen vorlesen
und verkunden lassen, die ubertreter unnachlessig
und mit ernst strafen, auch wie billich und recht in
solchem niemands verschonen, die verfallenen frevel
und bußen von den ubertretern rechtlich erkant un-
nachlessig nehmet und euer jeder mit dem allen uns
schuldigen gehorsam leistet, bei denen pflichten und
eiden, damit ihr uns verwandt seid.
Darnach wisse sich ein jeder zu richten und vor
schaden zu hüten.
fGeben den 9. Julii a[nn]o. 1579f.

f-f1569: Remlingen, 10. Febr. 1569
g-g Damit dann in unserer kirchen nicht ein jeder
pfarrherr ein sonders mache, dadurch der einfäl-
tige mann und die schwachgläubige geärgert, wir
aber nicht bedacht, ein sonder kirchenordnung
nach derselbigen zuvor viel anzurichten, so wol-
len wir, daß sich unsere pfarrherrn nach der würt-
5 Billingshausen liegt von Castell 48, Obereisenheim
21 Luftkilometer entfernt.

Von Gottes wort und predigten
zu hören.
Nachdem uns Christus unser Heiland treulich ver-
manet, das wir erstlich das reich Gottes suchen sol-
len [Matth. 6, 33], so werden uns alle andern ding
hernach zuefallen, so wollen wir anfenglichs, was
Gottes ehr belangt und unserer seelen heil zue gue-
tem kommt, zueforderst für die hand nehmen und
ordnen,
daß der pfarrer (wie verhoffentlich bishero be-
schehen) die reine lehre Gots worts und des heiligen
evangelii nach dem einfältigen verstand und klaren
buchstaben der heiligen geschrift ohne menschen-
zuesatz, aigene opinion und guetbedunken, sondern
nach erklärung der Augspurgischen confession6 und
derselbigen apologiae7, deren wir uns underschrie-
ben8 und dazu bekannt, predigen, lehren und dem
volk fürhalten solle und, sofern er oder ein anderer
nach ihm kommender pfarrer etwas anders ein-
muschen, in der geschrift gruebeln, seine aigene ver-
nunft brauchen und sich also sektischer irrtum und
opinion anhengig machen, dasselbig einfüren oder
etwas in das volk stecken wolte, zu zuvorderst dem
wort Gottes und dem heiligen evangelio und dann
der Augspurgischen confession als einer warhaftigen,
kurzen und einfältigen erklärung desselbigen zue-
wider und entgegen were, so gedenken wir ine nit
zue gedulden, sonder nach gelegenheit und verwur-
kung gegen demselben gebüerends einsehen und straf
furzuenehmen; dann es stehet geschrieben [Gal.1, 8]:
Wan ein engel vom himel herabkeme und ein anders
evangelium predigen wurde, der soll verflucht sein.
Zum andern: so vermanet uns Paulus [1. Kor.
14, 40], daß wir alle dinge in der kirchen ordentlich
furnehmen und tun sollen. gDemnach sol er, pfarrer,
hbei dieser nun etliche jar her gebrauchten kirchen-
ordnung9 bleiben und sich darnach regulirn, bis wir
6 Bekenntnisschriften 30-137.
7 Bekenntnisschriften 139-404.
8 Auf dem Naumburger Fürstentag (Kawerau in
RE 13, 661-669), an dem Heinrich von Castell als Be-
gleiter des Herzogs Christoph von Württemberg teil-
genommen hatte (Sperl 161. 182).
9 Es fällt auf, daß Obereisenheim nicht schon gleich
1579 - wie seinerzeit Billingshausen und Oberaltert-
heim - die württembergische Ordnung zugewiesen
bekam.

685
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften