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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0705
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X Dorfordnung für Obereisenheim 1579

besuchen, und insonderheit sollen alle hausväter und
-mütter ire kinder, knecht und mägd sambt andern
hausgenossen an obgemelten tägen die predigt oder
zum wenigsten die kinderlehr zu hören anhalten; dan,
welcher dies orts fürsetzlicherweis für sein aigene
person oder an seinem hausgesind seumich sein und,
Gottes wort zue hören, mutwillig verachten würdet,
der soll jederzeit und, so oft ers tut, ein pfund16 in
das gotshaus zue straf geben.
Desgleichen sol auch ein jeder, so sein ziemblich
alter und verstand erraichet, das heilig nachtmal im
jar nit nur ein-, sonder etlichmal zu einem trost sei-
nes gewissens und sterkung seines glaubens nehmen
und empfahen, solches auch nicht bis in die char-
wochen oder todesnöten sparen.
Wo dann nder pfarrern jemand hierinnen seumich
sein befinden wurdet, sol er odenselbigen erstlich für
sich selbsten vermanen und, da solches nicht erschie-
ßen17 wolte, als dann neben dem schultheißen und
etlichen des gerichts abermalso freundlich und ernst-
lich zue der predigt und heiligem nachtmal erinnern.
Wo es dann abermals fahrlessig oder verechtlich ge-
halten werden wollte, soll uns solches angebracht
werden, mit gebürender straf dargegen haben zu
handeln.
SoUte aber jemand das nachtmal des Herrn emp-
fahen und doch darnach selbigen tags zu offenen
zechen gehen, sich voltrinken, spielen, tanzen oder
sonsten andere leichtfertigkeit uben und treiben, sol
pein solcher spötter und verechter götlicher sacra-
1569: die pfarrherrn
o-o 1569: sie neben dem schultheißen und etlichen
des gerichts
p-p 1569: uns derselbige gleichfalls angezeigt werden,
nach gestalt der verwürkung die ernste straf ge-
gen einen solchen spötter und verächter göttlicher
sacramente vorzunehmen haben.
q-q 1569: vier turnes19
r 1569: + pfarrherr oder
s 1569: + im beisein der pfarrherr oder schulthei-
ßen t 1569: + wohl
u-u 1569: sollen sie uns überschickt werden, sie der
gebühr nach wissen, mit gefängnus zu bestrafen.
Es soll auch der pfarrherr, wenn er den cate-
16 Mit dem Vorbehalt, den eine Übertragung wirtschaft-
licher Verhältnisse des Nürnberger Raums an den
mittleren Main erfordert, kann die Kaufkraft eines
damaligen Pfundes mit der von 13 DM 1959 gleich-
gesetzt werden (vgl. S.31 Anm.20 und S. 334 Anm. 9).
17 = ersprießen, zureichende Wirkungen haben
(Schmeller 2, 477),

ment vom schultheißen in turn gelegt und acht tag
mit wasser und brot darinnen gespeiset werdenp.
Es soll auch der pfarrer eine bequeme und gelegene
stund furnemen, darinnen er den catechismum lere
und predige und die kinder ohne fürwort und aus-
rede dieselbigen besuchen mögen, zue welchen als-
dann alle die kinder, so zue irem zimblichen ver-
stand kommen, in die kirchen geschickt werden sol-
len, damit sie solche lehre als die hauptpuncten ires
christlichen glaubens begreifen und derentwegen
rechenschaft, rede und antwort geben kennen, dar-
zue der schultheiß und gericht etliche personen ord-
nen sollen, die neben dem pfarrer achtung uf die kin-
der haben, ob sie alle beieinander seien.
Wo dann eins ohne erhebliche und gnugsame ur-
sachen nit vorhanden were und die eltern doran
schuldig, sollen sie zue jeder zeit umb solche ver-
saumbnus eines jeden kinds qfunfzehen pfenning18q
straf in das gotshaus geben, welches die gottshaus-
meister empfahen und verrechnen sollen.
Wäre aber der mangel nit an den eltern, sondern
die kinder für sich selbsten buberei nach und hinder
die predigt gingen, solle sier der schulmeister - wenn
sie ohne das in die schul gingen - und - im fall sie
nit in die schule gingen - ihre elterns mit rutent
züchtigen und sie in die kirchen und predigt weisen.
Wären sie aber groß und der ruten entwachsen, usoll
sie der schultheiß einen halben tag in das narren-
haus legenu.
Es sollen auch nit allein die kinder, sondern auch
18 = 1/2 Pfund (vgl. Anm. 16)!
19 = gros tournois, denarius grossus turonensis, „die
dicke Münze von Tours“. Seit 1266 von Ludwig dem
Heiligen in Frankreich als größeres Geldstück neben
den dünnen Pfennigen geprägt und sehr bald in der
verschiedensten Fonn und unter der Bezeichnung
Groschen nachgeahmt. Daneben erhielt sich in vie-
len Gegenden, in Süditalien bis ins 18. Jahrhundert,
auch die Bezeichnung Turnese für Münzen dieser
Größe (F. Friedensburg, Münzkunde und Geld-
geschichte der Einzelstaaten des Mittelalters und.
der Neuzeit. München 1926. 46f., 62f„ 84, 150).
1 Turnes hatte im würzburgischen Raum den Wert
von 2 (kurzen) Schillingen zu 12 Hellern (Weber
346.-Engel Wilh., Urkundenregesten zur Geschich-
te der kirchlichen Verwaltung der Wertheim. Wert-
heim. 1959. XIV), die damals aber wohl schon Pfen-
nige waren. Weiteres kann hier — zurnal angesichts
der Unklarheiten der Kirchenordnung selbst — nicht
gesagt werden.

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