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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0748
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Er mußte auch, wenn Besprechung, Beschlußfassung und Unterschrift des Schreibens an einem Tage
stattfanden, bereits die fertige Kirchenordnung und das reingeschriebene Begleitschreiben schon mit-
gebracht haben, was vorherige Besprechungen nicht ausschließt, sondern voraussetzt. Dieser Mann ist
aber unbekannt geblieben3. Er konnte sich dabei auch nicht auf ein Amt stützen - von einem solchen
ist nichts bekannt, wie die Pfarreien der Herrschaft Thüngen auch später überhaupt nicht unter einem
Dekan oder Superintendenten zusammengefaßt wurden -, sondern war dabei allein auf die Geltung sei-
ner Person und das Gewicht seines Urteils angewiesen. Übrigens sind auch die Teilnehmer an dieser
Synode nur teilweise dem Namen nach bekannt4, da die erhaltene Abschrift die einstmals im Original
gestandenen Unterschriften nicht aufnahm. So entstand also auf der Synode von Gräfendorf am 19. Sep-
ternber 1564 die thüngenische Kirchenordnung, die in Form eines Berichtes der versammelten Geist-
lichen der Gesamtfamilie übermittelt wurde, für ihre Rechtskraft aber keine Bestätigung mehr erwartete.
Zugrunde gelegt wurde das Agendbüchlein Veit Dietrichs5.
Zeichen besonderen liturgischen Interesses, das in der Herrschaft Thüngen lebendig war, ist eine
Zusammenstellung von besonderen Schriftlesungen an den Festtagen und den ihnen vorhergehenden Ves-
pern, wie sie der Pfarrer von Burgsinn im Jahr 1587 zusammenstellte6. Es war der Pfarrer Johann
Chesellius (Kessel), für den die Kirchenordnung abgeschrieben worden war, über den aber weiter nichts
bekannt ist, als daß er 1582 bis 1587 oder 1588 in Burgsinn war, möglicherweise aber auch schon einige
Jahre vorher, wenn er nicht, was wahrscheinlicher erscheint, in dieser Zeit Pfarrer in Thüngen war.
Von den oben genannten Pfarreien Bonnland, Büchold, Burgsinn, Gräfendorf, Hirschfeld, Höll-
rich, Oberleichtersbach, Roßrieth, Thüngen, Windheim, Wolfsmünster und Zeitlofs besaßen die Thüngen
in Oberleichtersbach anscheinend nur das Präsentationsrecht. Schon 1575 besetzte Fulda als Landes-
herr die Pfarrei katholisch. 1588 fiel Roßrieth an Sachsen heim. Büchold wurde 1596 verkauft. Durch
recht verschiedene Verhältnisse verfielen Gräfendorf, Hirschfeld, Windheim und Wolfsmünster der Gegen-
reformation. Dafür entstanden aus dem Raum der anderen Pfarreien die heute außerdem thüngenischen
Patronatspfarreien Detter, Dittlofsroda und Weißenbach. Unter anderem Patronat wurde aus Dittlofs-
roda Waizenbach errichtet.

3 Eine Vermutung in der folgenden Anmerkung.
4 Bekannt ist für Burgsinn Jonas Lichtenfelser, für Oberleichtersbach Nikolaus Schäfer aus Brückenau, der seit
1555 in Zeitlofs, seit 1559 bis zur Gegenreformation 1575 in Oberleichtersbach tätig war, für Wolfsmünster der
frühere Zisterzienser aus Bronnbach Kilian Wurfbein (vor 1553 bis um 1572), für Zeitlofs Petrus Johannes aus
Schweinfurt-Oberndorf (1561 bis spätestens 1577) und für Höllrich Kaspar Schmidt. Von diesem wäre am ersten
anzunehmen, daß er der geistige Führer war. Er stammte aus Mellrichstadt, war am 23. Juli 1540 in Wittenberg
immatrikuliert worden (K. E. Förstemann, Album Academiae Vitebergensis. Leipzig 1841. 182a) und am
18. März 1556 ,,aus dieser Universität“ (an der er sich also damals [noch?] aufgehalten hat) in Wittenberg von
Georg Major zum Pfarramt nach Höllrich ordiniert worden (G. Buchwald, Wittenberger Ordiniertenbuch 1537
bis 1560. Leipzig 1894. Nr. 1707). Er war noch bis nach 1584 Pfarrer in Höllrich. Für ihn spricht wohl auch
die Anwesenheit des in Höllrich sitzenden Otto Wilhelm von Thüngen auf dem Gräf endorfer Tag.
5 Vgl. unsere Nr. V 1, S. 487—553. 6 Vgl. unsere Nr. XIII 2.

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