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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0751
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XIII 1 Kirchenordnung 1564

lichen gehorsam bei verlust ewiger seligkeit zu lei-
sten schuldig sind,
so achten und halten wir billig ermelte göttliche
schrift für die einige, gewisse regel und unbetrieg-
liche richtschnur, darnach wir uns richten und dar-
auf wir uns gründen, und referiren - beides: in un-
serm glauben und desselbigen erkenntnus und zu-
gleich in unsern predigten - die hauptstück unsers
christlichen glaubens und der leut seligkeit be-
treffend, nachdem diesselbigen im einhelligen ver-
stand der propheten, Christi und apostel in den
fürnehmsten dreien symbolis - apostolico6, Ni-
ceno7 und Athanasii8 - ausdrücklich begriffen und
gelehret worden, mit welchen zugleich stimmen
des heiligen und in Gott seligen mannes d[octoris]
Martini Lutheri catechismus9 und confession10
und die confession oder bekentnus, so durch die
christlichen chur- und fürsten beneben etlicher
reichsstedte anno 1530 zu Augspurg der romischen
kaiserlichen majestet Carolo V. hochlöblicher ge-
dächtnus ist uberantwortet worden11, mit welchen

6 Bekenntnisschriften 21.
7 Bekenntnisschriften 26f.
8 Bekenntnisschriften 28f.
9 Bekenntnisschriften 501-733.
10 Da die Confession durch ,,und“ angereiht wird, ist
nicht an einen anderen Titel für den Katechismus
zu denken. Eine besondere Confessio Luthers gibt
es aber nicht. Auch ist schwerlich an sein Bekennt-
nis vom Abendmahl Christi (WA 26, 261-509) oder
an seine Schwabacher Artikel (WA 30 III 178-182)
oder sein Kurzes Bekenntnis vom heiligen Sakra-
ment (WA 54, 141-167) zu denken. So bleibt die
Wahl, im Catechismus nur den großen Katechismus
und dann in der Confessio den Kleinen Katechismus
gemeint zu sehen oder aber die Schmalkaldischen
Artikel (Bekenntnisschriften 405-468) in ihrer
Ausgabe als die Heuptartikel des christlichen glau-
bens (WA 50, 183 ff.) für diese Confessio anzusehen.
11 Bekenntnisschriften 35—135.
12 Man wird hier nicht an den Streit um Invariata und
Variata denken dürfen, sondern lediglich an die zeit-
liche Reihenfolge von Bekenntnis und Apologie.
13 = Philipp Melanchthon.
14 Bekenntnisschriften 137-404.
15 Von ihnen setzte sich die Konkordienformel bes. in
Art. 12 scharf ab (Bekenntnisschriften 1093 bis
1096).
16 Anhänger des 1553 in Genf als Bekämpfer der christ-
lichen Lehre von der Dreieinigkeit verbrannten
spanischen Arztes Michael Servet (RE 18, 228-236.
- Schottenloher 19 893-19 970).

wir semptlich Gott zu ehren und zu e[uer] e[rnvest]
und derselben armen untertanen und unser aller
seligkeit begeren und wollen mit göttlicher hulf bis
an unser ende eintrechtiglich und gleich lehren.
Bekennen uns demnach wir mit namen unter-
schriebene e[uer] e[rnvest] pfarherren hiemit in diser
offenen schrift und sonst mit mund und herzen ohn
allen betrug zu itzt erwenter Augspurgischen confes-
sion. Wir behalten auch dieselbige in ihrem rechten
verstand, in dem sie anfenglich12 durch die gottfurch-
tigen hocherlauchte person13 (ohn zweifel durch den
Heiligen Geist darzu gelehret und getrieben) schrift-
lich gestellet und hernachmals weitleufig in der apo-
logia14 und andern unverfelschten büchern ist er-
kläret worden. Wir verdamen dagegen, strafen ver-
bieten und tun ab alle heidnische und bepstische
lehre, abgottigkeit und mißbreuch und sonst alle alte
und neue eingeschlichene rotten und secten, als
do sind bei unsern zeiten die wiederteufer15, Serve-
sten16, Stankaristen17, antinomer18, jesuiter19,
Schwenckfeltisten20, sacramentirer21, Osiandris-
17 Anhänger des Italieners Franziskus Stancarus
(† 1574) (RE 18, 752. - Schottenloher 20479 bis
20484a. -Frank 2, 111. — Bekenntnisschriften
933) der vorwiegend in Ostdeutschland und -europa
die Lehre vertrat, daß Christus nur seiner mensch-
lichen Natur nach Mittler zwischen Gott und den
Menschen sei, was die Konkordienformel in Art. 3
verwarf.
17 Aus den verschiedenen antinomistischen Streitigkei-
ten wird hier nur an den Kampf von Andr. Poach
in Erfurt, Anton Otho in Nordhausen und Andr. Mus-
culus in Frankfurt a. d. Oder, gedacht sein. Diese
bekämpften seit 1556 jede Geltung eines Gesetzes
für die Gläubigen (RE 1, 585-592. - RGG l3 452).
Die Konkordienformel lehnte ihre Lehre in Artikel 5
und 6 ab (Frank 2, 273-278.- Bekenntnisschrif-
ten 951-961. 965-969).
19 Daß die Anhänger des Ignatius von Loyola, des Be-
gründers des Jesuitenordens, als neue Sekte zu be-
trachten seien, war damals auch im deutschen Ka-
tholizismus nicht selten die Meinung. Nicht wenige
Domkapitel wehrten sich daher energisch gegen ihre
Bevorzugung.
20 Anhänger des schlesischen Spiritualisten Kaspar
Schwenckfeld († 1561) (RE 18,72-81. - Schot-
tenloher 19575—19720. - Frank 2, 87; 4, 353 bis
380. — Bekenntnisschriften 962. 1096f.).
21 Anhänger der Abendmahlslehre Ulrich Zwinglis und
Johann Calvins, von denen sich dann die Konkor-
dienformel in Art. 7 scharf absetzte (Bekenntnis-
schriften 970-1016).

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