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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0756
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Herrschaft Thüngen

seines Sones Jesu Christi woltaten extenuiret und
vertunkelt werden, sollen hiemit ganz und gar ab-
getan und aufgehoben werden.
8. Von der wochenpredigt am freitag.
Nachdem etliche under uns bisher winterszeit in
der wochen zu früer tagzeit, ehe das volk an die ge-
wöhnliche arbeit gehet, zu kirchen lassen leuten und
nach dem gesungenen psalm ein capitel aus der bibel
sampt den summariis Viti Dieterichs60 gelesen und
christlich gebet für allerlei anliegende not der kir-
chen getan, sollen dieselbigen solche gewonheit nicht
lassen abgehen, die anderen gleichvalls muglichen
fleis verwenden, das sie in der wochen einmal, am
freitag, solches anfangen und in die ubung möchten
bringen. Darzu denn das volk vermahnet soll wer-
den, das sie solche frühe lection zu besuchen un-
beschweret wollen sein, weil es über eine halbe stunde
nicht wehret. Solches mag gehalten werden von
Michaelis bis auf Ostern; denn sommerszeit das mei-
ste teil an die feltarbeit eilet. In der fasten soll man
an solchem freitag fruh die historien vom leiden
und sterben Christi lesen und davon unterricht tun.
9. Von der beicht und privatabsolution.
Wiewohl die bepstische beicht, dorinnen vollige
erzählung aller und jeder sünd zum verdienst und
genugtuung für die sunde notwendig erfordert wor-
den, billich ist abgeschaffet, doch soll die besondere
verhör, dorinnen auch eins jeden insonderheit die
privatabsolutio zu gewiser apphcation gesprochen
wird, gehalten werden, sonderlich erst darum, auf
daß wir diener aus solcher verhöre und anzeigung
ungefehrlich wissen konnen, wen wir nach dem be-
vehl Christi hierin lösen oder binden, zum abend-
mahl zulassen oder davon abtreiben sollen, damit
zu verhüten, soviel uns menschen nach dem eußer-
lichen anzeigen und fürgeben zu richten muglich, das
die perlen Gottes nicht fur die seu geworfen, die ab-
solutio und abendmal nicht unwirdig von uns ge-
reichet. werden; denn St. Paulus spricht, 1. Corinth.
60 Vgl. S. 336 Amn. 8!
61 Siehe oben S. 505 ff.
62 Zu der in einer Gegend, in der die Kindertaufe in
einem Gottesdienst üblich war, aufgenonnnenen
Sitte vgl. oben S. 714 Anm. 13! - Da die werthei-
mische Pfarrei Laudenbach (am Main) und die thün-

11 cap. [27], daß die schuldig sind am leib und blut
Christi, die es unwirchghch nemen. Nun verunehren
das sacrament nicht allein, die es unwirdig nemen,
sondern auch, die es mit unfleis unwürdigen geben.
So befindet sich auch zum andern, das der gemeine
pöfel vielmals umb gewohnheit willen zum sacra-
ment leuft und weis nicht, warumb man das sacra-
ment brauchen soll. Wer nun solches nicht weis, soll
auch nicht. zum sacrament gelassen werden. Sollen
demnach zu beichten und zu solcher verhör die leut
vermahnet sein.
Zum dritten auch darum, damit man einen jeden,
nachdem man ihn geschickt oder angefochten fin-
det, aldo insonderheit unterweisen, trösten und er-
mahnen konne.
10. Von der taufe.
Die tauf oder aktion und handlung derselben soll
gehalten werden durchaus, wie in mehr gedachtem
brandenburgischen und nurmbergischen agendbüch-
lein verleibet ist61, und, so etliche zuvor andere oder
mehr gebete, auch bepstische ceremonien gebraucht
haben, die sollen solches alles fallen lassen und sich
beruhrter ordnung halten.
Es sollen die weiber ermahnet werden, das sie fein
ehrbar und züchtiglich mit.gehen, so darzu erbeten,
auch des kindleins vater in allewegen zugegenstehen
neben dem gevatter und anderen personen (wie bil-
lig und christlich), sich seines kindleins notdurft an-
nehmen, gegen Gott helfen furbitt tun, damit es zur
gemein Gottes vermittels der taufe werde angenom-
men, der gnaden Gottes und des Heiligen Geistes
moge teilhaftig werden. Es soll auch der custos, wenn
man teufen will, einen puls oder kurzen glocken-
streich tun62, damit auch andere mehr personen
mögen bei der action stehen.
11. Von kranken zu communiciren.
Soll zuvor, ehe man zum kranken kömt, ein kurz
zeichen63 geleutet werden, damit auch andere leut,
genische Pfarrei Thüngen keine 10 km voneinander
entfernt lagen, ist es wahrscheinlich, daß hier die
Übernahme erfolgte.
63 Wie in Brandenburg-Ansbach seit 1556 (siehe oben
S. 336 Anm. 10). - Hier wird der evangelische Grund
für diese dort ohne ihn angeordnete Übung genannt.

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