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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0757
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XIII 1 Kirchenordnung 1564

besonderst die nachbarn, sich in des kranken behau-
sung versamlen und bei der handlung seien, die sich
dann vieler notwendiger und christlich gedanken da-
bei zu erinnern haben, darneben sich aus christlicher
lieb des kranken not sollen annemen. Bei solcher
action soll der pfarrherr den chorrock64 anziehen.
12. Von hochzeiten.
An werkentagen, wen hochzeiten sind, soll ein
kurze predigt geschehen vom ehestand, damit das
junge volk gelehret und aus Gottes wort unterwisen
werde, wie der eheliche stand in gottesfurcht mit
christlichem gebet und gutem rat und vorwissen der
eltern anzufahen sei, auch wie man sich darin selig-
lich verhalten soll, damit auch andere, so bereits in
solchem stand sind, sich darinnen zu trösten haben.
13. Von den leichen und begrebnussen.
Wenn jemand aus unsern christlichen gemeinen in
Gott verschieden und gestorben ist, soll solches durch
desselbigen freund einen dem pfarherr angezeiget
werden, der den zu gelegener stunden und zeit mit
dem kirchner und schülern, so man sie haben kann,
die leiche zum grab deduciren und beleiten helfe mit
dem christlichen gesang Mitten wir im leben sind
etc. Bei dem grabe auf dem kirchhofe singe man:
Nu laßt uns den leib begraben etc. Darnach soll das
volk dem pfarherr in die kirchen nachfolgen und mit-
einander singen den glauben65. Darauf tue der pfar-
herr ein kurze sermon endweder vom sterben, wo
der tod anfenglich herkomme, wie mancherlei der
tod, was der christen und unchristen tod, item, wie
man wol und seliglich möge sterben und wie man
sich darzu bereiden soll und was dergleichen lehre
sind. Oder tue eine trostpredigt, wes sich nicht allein
des verstorbenen freunde in gegenwertigem fall, son-
dern insgemein jedermann in sterbensnot zu trosten
habe. Item, was man sonst bei den begrebnissen ins-
gemein und insonderheit zu bedenken und zu lernen
hat. Nach der vermahnung singe man das Mit

64 = das Superpelliceum (S. 44 Anm. 1).
65 Luthers Lied Wir glauben all ...
66 Papst Gregor der Große am 10. Okt. 600 an den
bilderfeindlichen Bischof Serenus von Marseille:

fried und freud etc. oder die letzten zwei gesetz im
gesang: Nu laßt uns den leib begraben, darauf ein
collecten oder den segen.
14. Von bildern und gemälden.
Die abgöttischen bilde, so der heiligen schrift un-
gemeß, soll man, wie rechten christen und Gottes
kinder eignet und gebüret, gar hinwegtun. Die an-
deren, so aus heiliger schrift alten und neuen testa-
ment genommen und den leuten zu erinnerung war-
haftiger historien, zu christlicher lehr und exempel
vieler löblicher und Gott wohlgefälliger tugenden
dinstlich sind, die lassen wir bleiben und nach dem
spruck Gregorii66 der laien bibel und bücher sein.
Jedoch sollen die pfarhern und kirchner gute ach-
tung darauf geben, das nicht jemand (wie leider zu
vil geschieht, insonderheit von den alten weibern)
solcher leidlicher und in Gottes wort gegründeter
bilder entweder zu abgötterei oder zauberei miß-
brauche. So solche abgottische personen vermerket
oder mit grund und warheid hinterkommen werden,
sollen sie anfänglich von dem pfarrherrn darum ge-
strafet und davon abgewiesen werden. Und wenn
sie es ferners nicht underlassen, soll man sie der ober-
keit anzeigen, die denn nach Gottes ernstlichem be-
vehl viel herter und schwerer berurte abgötterei zu
strafen schuldig ist, je ein hohere und großere sund
sie vor Gott ist.
15. Vom einsegnen der kindbetterin67.
Das einsegnen der kindbetterin haben etliche der
unsern (wiewol mit andern gebetlein und ohne bep-
stische ceremonien) noch gehalten. Dieweil aber das
wort einsegnen nach seinem natürlichen verstand ex
natura sui correlativi, aus eigenschaft seines gegen-
worts aussegnen oder vielmehr ausschließen sampt
dem wort selbst dohin gemeinet und verstanden
wird, als ob unsere, der christen, weiber von des kin-
dergeberens wegen an ihnen selbst unrein und der-
halben von der christlichen gemeine und kirchen ge-
Quod legentibus scriptura, hoc idiotibus praestat
pictura (MSL 77 Sp. 1128 Abschn. 1100).
67 Vgl. S. 135 Anm. 3; 177 Anm. 11 und 12!

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