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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0050
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Priesterhochzeit 1523

bei ainander versamelt und sitzen seid! Es bit euch
herr Jacob der breutigam hie entgegen, daß ir umb
des lob Gottes, beschützung seines hailigen gött-
lichen worts und evangelium und brüderlicher liebe
willen, das ir wölt so guotwillig sein und deren sa-
chen und handlungen, so si5 da zwischen ime und
seiner braut verlaufen, gehandelt, gebraucht und
geeibt6 werden, testimonium und gezeugnus geben,
damit, ob es sich gefügte und zuotrüg, das solichs
für die endchristischen underdrucker des wort Got-
tes kommen wurde, das es kraft und wirkung haben
und nit abgetrieben und zuo nichten gemacht wer-
den möchte.
Da nu soliche red also ungefarlich volend ward,
stuond der brütigam an seinem tisch auf, kam die
braut mit angelegten hochzeitlichen klaidern in die
stuben und stuond für des breutigams tisch. Da
sprach der breutigam mit lauter, verstentlicher,
heller stim zuo der braut:
Liebe Anna! Dir ist guot wissend, das ich dich
vormals vor etlichen erbern leuten, desgleichen du
mich freiwilliglichen zuo der ee genomen haben. Die-
weil wir aber laider zuo dieser zeit, als dir selbs wohl
bewißt ist, kaine tempel, der mit holz und steinen
gemacht und gebauen ist, darin wir zuo ainer ge-
zeugnus und offenbarung aller frummer christen-
menschen gehaben mügen, und damit aber dannocht
unser sach nit gar underdruckt, sonder Got zuo lob
und denen, so das hailig evangelium sich under-
steen zuo verhindern, zuo ainem trutz und andern
frummen christenlichen priestern zuo ainem eerlichen
trostlichen exempel und vorbild geoffenbart und
aim jeden frummen christenmenschen anzuozaigen,
wie das der eußerlich bracht und brauch des kirchen-
gangs oder ceremonischen bepsthcher erdichtung,
das als gelt tregt, nit not ist noch in der geschrift
gegründt, zuo dieser götlichen aufsetzung der hei-
ligen ee. Demnach beger ich allain die gnad Gottes,
dem wir uns ganz befelhen. Darumb das auch nit ge-
sagt müge werden, ob wir in künftig zeit durch ver-
hengnus Gots kinder bei ainander haben und uber-
kommen wurden, si weren uneeliche pfaffenkinder,
so wöllen wir ainander zuo noch merer bekreftigung
und gezeugnus da ainander vor den frummen chri-
5 mundartlich = sich. 6 = - geübt (?).

sten und erbern leuten auf ain neues nemen. Derhal-
ben begerest du mein nochmals also lauter umb
Gottes wilen zuo der heiligen ee, so beut mir dein
hand und sprich ja!
Da bot ime die braut die hand und sprach: Ja,
und sagt si nachmals auch:
Begeren ir aber mein dergleichen auch lauter umb
Gotes willen zuo der hailigen ee ?
Da sagt der breutigam auch: Ja.
Da sagten die requirierten und gebeten gezeugen
all in gemain:
Der frid des Herren sei zuo aller zeit mit euch und
derselb mittail, verleich und geb euch vil glücks!
Nach solichem ging die braut widerumb abweg
und was nit bei dem mal.
Da fing man an zuo essen. Da nun das mal also
vollend und geessen war, stuond der vorgemelt
priester, der die ersten red geton het, widerumb auf
und bat die vorgemelten zwounddreißig personen
und gezeugen wie vor, das si der sachen ingedenk
weren.
Nach solichem sagt inen, den gezeugen, der breuti-
gam für sich selbs irer guotwilligkeit, so sie ime da
erzaigt und bewisen hetten, großen, fleißigen dank,
wöllt solichs gegen Got mit seinem gebet umb si und
alle frummen christenmenschen beschulden7 und
verdienen.
Nach solichem nam jederman von dem breutigam
urlaub und schieden all widerumb in ir heuser.
Des alles hab ich vorgemelter Christof Gerung
selbs gesehen, gehört, auch ainer under den zwuo
und dreißig personen, so das mal eingenommen ha-
ben, gewesen.
Derhalben, auserwölten, frummen, evangelischen
priester, bitt ich euch umb Christus eere willen, wölt
euch soliche acta und geschicht ain ermanung und
exempel sein lassen und auch dapferlich zuo der
hailigen ee (wölcher sich nicht wisse zuo enthalten)
greifen, dardurch dann Gott der Herr, so man ime
seinen hailigen worten vertrauen und glauben gibt,
ist gelobt, und ir von im in ewigkeit belont werden,
zuo wölicher ewigen belonung uns all der himlisch
Vater durch sein göttliche gnad ziehen muoß. Das
helf uns der gnedig Jesus Christus. Amen.
7 = sich dafür erkenntlich zeigen (Schmeller 2,
403. - Grimm 1, 1597).

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