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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0061
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Reformationsmandat vom 29. Juli 1534

sunst verhalten, solicher leer gewaltiglich beraubt
worden und laider ain lange zeit in mangel gestan-
den sein, hat ain erbarer rat mit den prelaten und
obern derselbigen betriebten und gefangenen men-
schen ernstlich handlen lassen, das denen fürohin
der zugang zu der verkündung und auslegung der
leer Christi nit gespert noch si in iren gewissen lenger
beschwert, sonder inen wie andern christen die frei-
hait des gaists und innerlichen menschen bevor-
steen sol,
Wan nun ain rat sölchs je nit anderer mainung
noch gestalt dann allain zuvorderst Got, unserm
Hailand, zu lob und eer, den christenmenschen zu
trost und hail irer seelen, auch allen und jeden
gaistlichen und weltlichen burgern und inwonern
diser stat zu bestendigem frid, merer ru und zu-
nemender ainigkait fürgenomen, beschlossen und
handlen lassen hat und aber etwo vil menschen von
dem hailigen evangelio, leer Christi, handel Gottes
und glaubenssachen (ais zu besorgen) ganz frei, ge-
ring, schimpflich und unbeschaidenlich geredt ha-
ben möchten, das Gott dem almechtigen zu ver-
letzung seiner glori, der oberkait alhie zu verklai-
nung ires gewalts, ir von Gott und kai[serlicher]
m[ajestä]t gegeben, der burgerschaft je lenger je
mer zu heftiger zerrittung irer hergeprachten erbar-
kait und dann zu verderblicher verhinderung ge-
meiner statpolicei endlich raichen, wa solchs nit
underkommen4 wurde,
so befilcht, verschafft und gebeut ain erbarer rat
und des hailigen reichs stattvogt5 aihie allen und
jeden burgern, inwonern, seßhaftigen und iren ver-

4 Sowohl = unterlassen als = abstellen (Schmeller
1, 1248. - Grimm 11 III 1642).
5 Der Inhaber der Hochgerichtsbarkeit, der seit 1426
nur nach Vorschlag der Bürger vom Kaiser eingesetzt
wurde (Zorn 142).

wandten von mans- und frauenpersonen, alten,
jungen, reichen und armen, das sich niemands weder
samptlich noch sunderlich selbs oder durch jemands
andern schriftlich oder mündlich an kainen orten
noch enden wider den obgeschribnen ains erbarn
rats beschluß und handlung weder mit worten
noch werken vernemen laussen oder erzaigen noch
sunst ainicherlei red oder handlung, haimlich oder
offenlich fürnemen, treiben oder geprauchen sol, die
zu abpruch der eer Gottes, verachtung ains erbarn
rats oder sunst zu widerwillen unfrid und ungehor-
same, aufrur oder empörung der undertanen ge-
dienen oder dermaßen verstanden werden möchten,
sonder wil ain rat, so hierin allein die eer Gottes
sucht, meniglich, sich von allen lastern und sünden
zu Gott und seinem wort zu kören und Cristo zu er-
geben, ermant haben.
Wa aber jemands solhs oder dergleichen, wie oben
gemeldt, uberfaren, darwider handlen, tun, ver-
fügen oder verursachen wurde (darauf ain rat gute
kundschaft bestellt hat), so wil und würd ain erba-
rer rat und des hailigen reichs stattvogt alhie ainen
jeden ungehorsamen ubertreter nach gestalt der
sachen der erfaren ungehorsame, übertretung, ver-
handlung6 und verwirkung an gut, eeren, leib oder
leben ernstlich strafen oder strafen lassen, auch in
solchem ganz niemands verschonen,
Darnach sich meniglich wiß zu richten und vor
der straf hab zu verhüten.
Actum auf den 29. tag Julii anno 1534.

6 Verhandeln — verfälschen, unrecht handeln (Schmel-
ler 1, 1126. - Grimm 12 I 520).

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